Ein weiblicher gelehrter Kopf

Die Hamburgerin Eva König, verheiratete Lessing

Von Mechthilde VahsenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Mechthilde Vahsen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

In der Reihe 'Hamburger Köpfe', herausgegeben von der "ZEIT"-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, sind bereits mehr als zwölf Bände erschienen, nun steht eine Frau im Mittelpunkt: die Hamburgerin Eva König. In die Kultur- und Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts ist sie eingegangen als Ehefrau des Aufklärers Gotthold Ephraim Lessing, als diese wird sie tradiert und beachtet. Dabei waren die beiden nur ein Jahr verheiratet, vom 8. Oktober 1776 bis zum Tod von Eva Lessing am 10. Januar 1778. Sie starb am Kindbettfieber, 41-jährig.

Die Biografie von Paul Raabe widmet sich dem gesamten Leben der Hamburgerin, auch wenn die Quellenlage ungenügend ist und sich über Kindheit und Jugend von Eva Catharina Hahn, die 1736 in Heidelberg geboren wird, keine Informationen mehr finden.

Mit 20 Jahren heiratet die gebildete und kluge Frau den Hamburger Kaufmann Engelbert König und wohnt mit ihm in der vom Handel geprägten Stadt. Sie bekommt sieben Kinder, von denen vier überleben. Engelbert König ist beruflich viel unterwegs, seine Familie bleibt zurück. Eva König interessiert sich sehr für das Theater, sie liest leidenschaftlich gern und pflegt die hanseatische Geselligkeit. 1767 lernt das Ehepaar den neu angekommenen Lessing kennen, der als Theaterkritiker arbeitet. Ein Jahr später wird Lessing, der mittlerweile als guter Freund der Familie gilt, Pate beim jüngsten Sohn Friedrich Wilhelm, genannt Fritz. Doch bereits ein weiteres Jahr später stirbt Engelbert König auf einer Geschäftsreise in Venedig, seine Witwe übernimmt die Verwaltung der Fabriken in Wien, um die Gläubiger auszahlen zu können und für das Einkommen der großen Familie zu sorgen. In dieser Zeit findet zwischen ihr und Lessing, der mittlerweile Bibliothekar der Herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel ist, eine Annäherung statt, die schließlich in eine heimliche Verlobung mündet. Doch Eva König muss erneut nach Wien, ihr Aufenthalt dauert mehrere Jahre, in denen das verliebte Paar Briefe wechselt und sich kaum persönlich sehen kann, die Umstände stehen dem entgegen. Auch die Kinder von Eva König sehen ihre Mutter in dieser Zeit nicht, sondern sind in Pensionen und bei Verwandten untergebracht. Der Verkauf der Fabriken verzögert sich, erst 1775 kehrt die erfolgreiche Unternehmerin nach Hamburg zurück, Lessing hält sich in dieser Zeit als Reisebegleiter des Prinzen Maximilian Leopold von Braunschweig-Lüneburg in Italien auf. Doch 1776 ist es endlich so weit: Die Hochzeit wird vorbereitet, das Ehepaar zieht nach Wolfenbüttel. Eine glückliche Zeit für beide und für die vier Kinder beginnt, die jäh mit dem Tod von Eva Lessing endet.

Die vorliegende Biografie gibt einen guten Einblick in das Leben der Kaufmannsfrau, Literaturliebhaberin, humorvollen Briefschreiberin, Mutter und Ehefrau am Ende des 18. Jahrhunderts. Auch wenn sie aufgrund der Quellenlage der Persönlichkeit Eva Lessings, verwitwete König, geborene Hahn nicht wirklich gerecht werden kann, geben die herangezogenen Quellen, vor allem der Briefwechsel mit Lessing, "Aufschluß über ihren Alltag, ihren Umgang, ihren Lebenskreis".

Der Briefwechsel des Paares wurde übrigens bereits 1795 zum ersten Mal herausgegeben und im Jahr 2000 mit den Reisenotizen Eva Königs (die beiden Reisen nach Wien) neu publiziert.

Titelbild

Paul Raabe: Eva König. Hamburger Köpfe.
Herausgegeben von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Mit einem Geleitwort von Helmut Schmidt.
Verlag Ellert & Richter, Hamburg 2005.
144 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3831901910

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