Nur ein Scherz

In Gabriel Josipovicis neuem Roman lauschen wir den Unterhaltungen seiner Figuren - ganz schlichte Dialoge, die den Leser dennoch in ihren Bann ziehen

Von Sarah WeissRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sarah Weiss

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Baron traut seiner sehr viel jüngeren Frau nicht über den Weg - seine Vermutung: sie betrügt ihn mit einem anderen Mann. Also lässt er sie unter Beobachtung stellen und engagiert dazu einen Detektiv.

Elsbeth - seine Frau - hegt unterdessen ihre eigenen Pläne und holt sich dazu Unterstützung. Was beide nicht ahnen - sie haben den gleichen Mann engagiert: Alphonse, der Ex-Clown, der allen Dingen ihren Lauf lässt und sich erst mal in Ruhe anschaut, was die beiden eigentlich planen und verbergen. Er erledigt die Dinge eben auf seine Weise.

Richtig verzwickt wird die Situation erst, als Natascha unter dem Namen Isabelle bei Alphonse einzieht, da sie und Charlie den Clown-Detektiv um sein "hart verdientes" Geld bringen wollen. Außerdem wollen Kunsträuber Gemälde aus dem Haus des Sohnes des Barons stehlen.

Intrigen über Intrigen und jeder gegen jeden. Und eigentlich weiß keine der Personen mehr, wer es gerade auf wen abgesehen hat. Es liegt in der Hand des Lesers, das Intrigengewirr zu durchschauen und sich sein eigenes Bild der Verhältnisse zu machen.

Während die Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, noch relativ konventionell klingen mag, ist es die Form, in der Gabriel Josipovici sie uns präsentiert, mit Sicherheit nicht. Der ganze Roman besteht lediglich aus Dialogen - und so ungewöhnlich es klingt, so spannend ist es auch! Der Leser hört den Protagonisten zu, wie sie sich um Kopf und Kragen reden: vom einfachen Alltagsgespräch zum komplexen Pläne-Schmieden. Hier ist alles dabei. Der Autor zeigt uns auf überzeugende Weise, wie man mit dem einfachen Mittel des Dialogs eine unglaublich faszinierende Welt schaffen kann. Allein aus den Unterhaltungen müssen wir schließen, wo sich ein Dialog abspielt, wer mit wem über was redet und ob die Personen sich gegenüber stehen oder ein Telefonat führen:

"Kann ich bitte Alphonse sprechen?"
"Tut mir leid, er ist nicht zu Hause."
"Wer spricht da, bitte?"
"Eine Freundin."
"Ach so..."
"Kann ich ihm etwas ausrichten?"

Selbstverständlich bleiben da auch Missverständnisse nicht aus:

"Und Madam? fragt der Kellner."
"Nur einen Kaffee, Victor, sagt Elsbeth. Und einen Brandy."
"Für mich auch, bitte, sagt Alphonse."
"Kaffee oder Brandy, Sir?"
"Beides bitte, sagt Alphonse. Beides."

Und gerade das macht den Witz des Romans aus. Virtuos sind die Motive der Figuren zu einer großartigen Komposition angeordnet. Jeder "Spieler" hat sein wiederkehrendes Motiv. Alphonse zum Beispiel, der Beobachter, winkt alle Bedenken mit den Worten "Echt wahr" oder "kein Scherz" ab. Gerade diese Virtuosität und die Tatsache, dass wir unsere eigenen Gespräche wieder erkennen, machen die Faszination dieses Romans aus. Der Dialog zieht uns in seinen Bann. Das Puzzle, das wir zu lösen haben, lässt uns nicht mehr los - bis wir die letzten Teile zusammengesetzt haben und die Romanfiguren schweigen - im wahrsten Sinne des Wortes.

Am Ende lösen sich scheinbar alle Probleme in Wohlgefallen auf und die Intrigen enden im Nichts - alles nur ein Scherz? Oder aber: so ist das Leben einfach! Echt wahr!


Titelbild

Gabriel Josipovici: Nur ein Scherz.
Übersetzt aus dem Englischen von Gerd Haffmanns.
Zweitausendeins, Frankfurt a. M. 2006.
208 Seiten, 12,90 EUR.
ISBN-10: 3861505630

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