Die böse Zunge

Stefan Preck präsentiert schonungslose Satiren

Von Erhard JöstRSS-Newsfeed neuer Artikel von Erhard Jöst

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dem Buch "Kernspaltungen" ist das Bekenntnis vorangestellt: "Die Fähigkeit, andere zum Schmunzeln oder Lachen zu bringen, halte ich für eine der erstrebenswertesten Eigenschaften des Menschen." Man kann dem Autor Stefan Preck bescheinigen, dass er über diese Fähigkeit verfügt: Er bringt seine Leser mit seinen stets mit Spott und Ironie gewürzten Geschichten öfters zum Lachen; wer diese goutieren möchte, darf allerdings nicht zart besaitet sein! Denn der Autor kennt keine Tabus, weshalb er auch vor der Darstellung ekelhafter Vorgänge und makabrer Vorfälle nicht zurückschreckt.

Laut Cover gibt das Buch "längst ersehnte Antworten, zu denen es bisher nicht einmal die Fragen gab. Schonungslos und heilsam." In der Tat schildert Preck aus der Ich-Perspektive schonungslos harmlose, aber auch desavouierende Erlebnisse von (un)freiwilliger Komik. Er nutzt die Möglichkeiten des satirischen Erzählens von der humoristischen bis zur zynischen Akzentuierung. Ob diese Vorgehensweise heilsam ist, mag der Leser selbst entscheiden. Derjenige, der auch Derbheiten vertragen kann, wird jedenfalls seinen Spaß haben an den Widrigkeiten, die Stefan Preck satirisch aufspießt.

"Kann und darf man satirische Abhandlungen über den Krieg verfassen?", fragt der Autor sich und seine Leser. Es ist eine rhetorische Frage, denn er stellt sie erst zu Beginn des letzten Kapitels seines Buchs. In diesem Zusammenhang verrät er auch, dass der dritte Golfkrieg der Anlass zu seiner "Schreiberei" war: "Insofern verdanke ich den Amerikanern wirklich viel, und daher soll das Engagement des US-Präsidenten in diesem Buch entsprechende Würdigung erfahren." Es klingt fast wie eine Entschuldigung, wenn er hinzufügt: "Nicht alle Satiren dienen der Erheiterung. Manchmal sind leider zu viele bittere Wahrheiten enthalten."

Die 36 Geschichten hat Preck vier Kapiteln zugeordnet. Zuerst geht es um den "täglichen Schrei(b)krampf". Die Einsätze des ehrenamtlichen DRK-Mitarbeiters wurden im Kapitel "Mein Rotes Kreuz" satirisch verarbeitet. Der Wohnort des Autors, Moorrege bei Uetersen, liefert Stoff für skurrile Schildbürgergeschichten. Da muss er im dritten Kapitel "Zwischen Hamburg und Haiti" auch mal in die große Welt blicken, um zu beweisen, dass sich nicht nur auf dem flachen Land Grotesken ereignen. Im letzten Kapitel sind Geschichten zur aktuellen Wertegemeinschaft zusammengestellt, die von den USA mit dem dritten Golfkrieg beschworen wurde.

Der Autor gewinnt jeder alltäglichen Begebenheit ihr Witzpotential ab und beeindruckt mit seinem Ideenreichtum. Ereignisse aus dem Dorfleben und der großen Politik werden miteinander verquickt, weil er nach eigenem Bekenntnis "mit wachen Augen" beobachtet: "Beobachte einfach, schmücke etwas aus und schreibe es auf." Augenzwinkernd fügt er hinzu: "Es gibt Leute, die behaupten, ich hätte eine krankhafte Fantasie." Ohne Fantasie wären jedenfalls die vortrefflichen Geschichten vom "Pferd im Garten" und vom "Leben im Teich" nicht zustande gekommen, die zu den besten gehören. Bei Ausbesserungsarbeiten entdeckt der Hausbesitzer einen "Mann mit ungepflegtem Bart und Haaren in alten Klamotten", der in einem abgedichteten Erdloch unter seinem Gartenteich haust: "Die ganze Situation kommt ein bisschen überraschend für mich. Du rechnest ja nicht damit, dass du Saddam Hussein findest, wenn du deine Teichfolie hochnimmst. Dass da Gewürm und Asseln drunter sind, aber ein ausgewachsener Diktator? Ihm da unten ist das Ganze offensichtlich auch peinlich, zumal er doch unangenehm riecht. Ich steh etwas ratlos da in meinen Gummistiefeln mit der Schaufel in der Hand." Weitere groteske Situationen werden dem Leser wie Slapstick-Abläufe in einem Film witzig vor Augen geführt: Es geht von Szenen aus dem Familienleben über die Altkleidersammlung bis zur ärztlichen Behandlung.

Fazit: Precks Buch, flott und frech, manchmal aber auch nachlässig geschrieben, bietet eine vergnügliche Lektüre. Der Autor karikiert lustig Personen und Vorgänge. Die komödiantischen Erlebnisse, mal heiter, mal bissig präsentiert, bieten Lachanreize durch leichte Unterhaltung ohne Tiefgang.


Titelbild

Stefan Preck: Kernspaltungen. Satiren, Grotesken und bitterböse Wahrheiten.
Books on Demand, Norderstedt 2005.
100 Seiten, 10,00 EUR.
ISBN-10: 3833425733

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