Krieg mit Ammon. Dawids Ehebruch mit Batseba. Urias Ermordung. Natans Fabel

Krieg mit Ammon. Dawids Ehebruch mit Batseba. Urias Ermordung. Natans Fabel

(2. Samuel X 1) Als Nahas, der König von Ammon[1], gestorben war, folgte ihm sein Sohn Hanun auf dem Thron. (2) Da dachte Dawid: „Ich will mich freundlich zeigen gegen Hanun, so wie sein Vater sich gegen mich freundlich gezeigt hat.“ Deshalb ließ er ihm sein Beileid aussprechen zum Tode seines Vaters. (3) Aber die Fürsten der Ammoniten sagten zu ihrem Herrn: „Meinst du, Dawid wolle durch sein Beileid dein Volk ehren? Er schickt seine Boten nur darum zu dir, um deine Hauptstadt auszukundschaften und sie dann zu zerstören.“ (4) Da ließ Hanun die Boten Dawids festnehmen, ihnen den Bart halb scheren,[2] ihre Kleider in halber Höhe, am Gesäß, abschneiden und sie dann heimschicken. (5) Als man dies Dawid meldete, sandte er ihnen Boten entgegen mit dem Befehl: „Bleibt in Jericho und kommt erst heim, wenn euch der Bart wieder gewachsen ist!“

(6-14) Da die Ammoniten die Rache Dawids fürchteten, warben sie ein Heer aramäischer Söldner an. Dawid schickte Joab mit dem ganzen Heere gegen sie. Es kam zur Schlacht vor Rabbat-Ammon[3]. Anfangs wurden die Israeliten von den Aramäern und Ammoniten in die Zange genommen; dann aber gelang es Joab mit auserlesener Mannschaft die Aramäer zu schlagen, worauf sich die Ammoniten in ihre Stadt zurückzogen. Joab sah von einer Belagerung ab und kehrte nach Jerusalem zurück. (19) Die Aramäer aber hüteten sich fortan, den Ammoniten zu helfen.

(XI 1) Im folgenden Jahre, um die Zeit wo die Könige ins Feld ziehen, sandte Dawid Joab mit seinen Männern und dem ganzen Heerbann aus. Sie verheerten das Land der Ammoniten und belagerten ihre Hauptstadt Rabba[4], während Dawid in Jerusalem blieb.

(2) Da begab es sich eines Abends, als Dawid von seinem Lager aufstand und auf dem Dache des königlichen Palastes sich erging, daß er von dort aus eine Frau baden sah; die Frau aber war sehr schön. (3) Dawid erkundigte sich nach ihr und erfuhr daß es Batseba sei, die Frau des Hetiten Uria. (4) Da ließ Dawid sie zu sich holen und schlief bei ihr; sie hatte sich gerade von ihrer Unreinheit gereinigt[5]. Dann kehrte sie wieder in ihr Haus zurück. (5) Nach einiger Zeit ließ sie Dawid sagen: „Ich bin schwanger.“

(6) Nun sandte Dawid an Joab den Befehl: „Schick mir den Hetiten Uria!“ (7) Als Uria kam, fragte Dawid wie es Joab und dem Heere ginge und wie es mit dem Kriege stände. (8) Dann sagte er zu ihm: „Geh hinab in dein Haus und mach dirs bequem[6]!“ Als nun Uria den Palast verließ, trug man ihm ein Geschenk des Königs nach. (9) Er ging aber nicht nach Hause, sondern legte sich am Eingang des Palastes bei den Männern seines Herrn nieder. (10) Als Dawid dies erfuhr, sagte er zu ihm: „Du kommst doch von der Reise! warum gehst du nicht in dein Haus?“ (11) Uria erwiderte: „Die Lade und das Heer sind in Laubhütten untergebracht und mein Herr Joab und die Männer meines Herrn Königs lagern auf freiem Felde; da sollte ich in mein Haus gehen, um zu essen und zu trinken und bei meiner Frau zu schlafen? So wahr Jahwe lebt und so wahr du lebst, das kann ich nicht!“[7] (12) Da befahl Dawid: „Bleib heute hier! morgen will ich dich entlassen.“ Am nächsten Tage (13) lud Dawid ihn ein, bei ihm zu essen und zu trinken, und machte ihn trunken. Doch am Abend ging Uria zu den Männern seines Herrn, um dort zu schlafen; in sein Haus ging er nicht hinab.[8]

(14) Am andern Morgen schrieb Dawid einen Brief an Joab und schickte ihn durch Uria. (15) In den Briefe stand: „Stell Uria vornan ins heftigste Getümmel; dann laßt ihn im Stich, damit er erschlagen wird!“ (16) so stellte ihn denn Joab an eine Stelle, von der er wußte daß dort die tapfersten Gegner standen. (17) Als nun die Männer der Stadt einen Ausfall machten, fielen einige von den Männern Dawids, darunter auch Uria.

(18) Sofort ließ Joab Dawid den ganzen Verlauf des Kampfes melden; (19) und er befahl dem Boten: „Wenn du dem Könige alles berichtet hast, (21) dann sag noch: „Auch dein Knecht Uria der Hetit ist gefallen.“ (22) Der Bote meldete Dawid was Joab ihm aufgetragen hatte. Da wurde Dawid zornig und schalt: „Warum seid ihr auch so nah an die Stadt herangegangen? Wußtet ihr nicht daß sie von der Mauer herab schießen?“ (23) Als aber der Bote fortfuhr: (24) „Auch dein Knecht Uria der Hetit ist gefallen“, (25) sagte Dawid: „So sollst du Joab bestellen: Laß dich das nicht anfechten! das Schwert frißt bald diesen bald jenen.“

(26) Als die Frau Urias hörte daß ihr Mann tot sei, hielt sie um ihn die Totenklage. (27) Sobald aber die Trauerzeit um war, ließ Dawid sie in sein Haus holen, sie wurde seine Frau und gebar ihm einen Sohn.

Aber Jahwe mißfiel was Dawid getan hatte, (XII 1) und er sandte den Profeten Natan zu ihm, der sprach zu ihm: „Es lebten zwei Männer in einer Stadt, der eine reich der andre arm. (2) Der Reiche hatte viele Schafe und Rinder; (3) aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er sich gekauft und mit seinen Kindern großgezogen hatte. Von seinem Bissen aß es, aus seinem Becher trank es, an seinem Busen schlief es, und er hielt es wie eine Tochter. (4) Da kam eines Tages zu dem Reichen ein Gast; und weil er sich nicht entschließen konnte, von seinen eigenen Schafen und Rindern zu nehmen, um es dem Fremden herzurichten, so nahm er das Schaf des armen Mannes und richtete es für seinen Gast zu.“ (5) Da wurde Dawid sehr zornig über den Mann der das getan, und er rief: „So wahr Jahwe lebt, der Mann ist ein Kind des Todes!“ (7) Natan erwiderte: „Du bist der Mann! Und so spricht Jahwe: Ich habe dich zum König über Israel gesalbt und aus der Hand Sauls errettet. (9) Warum hast du mich verachtet und getan was mir mißfällt? Du hast den Hetiten Uria mit dem Schwert erschlagen und seine Frau zu deiner Frau gemacht! ((Darum mußt du sterben.))“ (13) Dawid sagte: „Ich habe gegen Jahwe gesündigt.“ Da sprach Natan: „Jahwe hat deine Sünde vergeben; du wirst nicht sterben; (14) doch muß der Sohn, der dir geboren ist, sterben.“ (15) Damit ging Natan nach Hause.

Jahwe aber schlug das Kind, das Urias Frau Dawid geboren hatte, mit Krankheit. (16) Dawid suchte Jahwe auf um des Kindes willen und fastete und schlief die Nacht im Trauergewand auf der bloßen Erde. (17) Vergeblich baten ihn seine obersten Diener, aufzustehn und mit ihnen zu essen. (18) Am siebten Tage starb das Kind. Die Diener fürchteten sich es ihm zu sagen, denn sie dachten: „Als das Kind noch am Leben war, redeten wir ihm vergeblich zu; wie können wir ihm da sagen: „Das Kind ist tot? Er könnte sich ein Leid antun!“ (19) Als Dawid sah daß seine Diener mit einander flüsterten, merkte er daß das Kind tot war. (20) Da erhob er sich von der Erde, wusch und salbte sich, zog andre Kleider an und ging in das Haus Jahwes, um zu beten. Und als er wieder heimkam, ließ er Speise auftragen und aß. (21) Seine Diener fragten ihn: „Was hat das zu bedeuten? Als das Kind noch lebte, hast du gefastet und geweint; jetzt aber wo es gestorben ist stehst du auf und ißt?“ (22) Er antwortete: „Als das Kind noch lebte, da hab ich gefastet und geweint, weil ich dachte: Wer weiß, vielleicht ist Jahwe mir gnädig und läßt das Kind am Leben. (23) Nun es aber tot ist, was soll ich da fasten? Kann ich es etwa zurückholen? Ich werde wohl zu ihm gehen, aber es kommt nie wieder zu mir.“

(24) Dawid tröstete seine Frau Batseba, und sie gebar ihm einen zweiten Sohn, den nannte er Salomo. (25) Er gab ihn dem Profeten Natan zur Erziehung.

(26) Joab nahm die Wasserstadt von Rabba im Sturm (27) und ließ Dawid melden: „Ich habe die Wasserstadt genommen. (28) Biete du jetzt den Rest des Heerbanns auf und belagere die Oberstadt, bis sie sich ergibt, damit nicht ich sie einnehme und mein Name über ihr ausgerufen wird!“[9] (29) Da bot Dawid den ganzen Heerbann auf, zog gegen Rabba und nahm es im Sturm. (30) Dem Milkom[10] nahm er die Krone vom Haupt, die wog einen Zentner Goldes; ihr Edelstein kam auf sein eigenes Haupt. Auch schleppte er reiche Beute aus der Stadt weg. (31) Die Bewohner führte er fort und ließ sie mit Sägen Pickeln und Äxten Frondienst tun. So verfuhr er mit allen Städten der Ammoniten. Dann kehrte er mit dem ganzen Heere nach Jerusalem zurück.

Erklärungen

[1] Vgl. 1. Samuel XI!

[2] Schon das bloße Berühren des Bartes galt als schwere Beschimpfung.

[3] Heute Amman, die Hauptstadt von Transjordanien.

[4] Heute Amman, die Hauptstadt von Transjordanien.

[5] Vgl. 3. Mose XV 19: „Wenn eine Frau den Monatsfluß hat, so bleibt sie sieben Tage lang in ihrer Unreinheit.“

[6] Wörtlich: „Wasch deine Füße!“

[7] Vgl. 1. Samuel XXI 5!

[8] Damit ist Dawids Versuch, den Ehebruch zu vertuschen, gescheitert. Jetzt gilt es, Batseba und das Kind zu retten. Nach 1. Mose XXXVIII 24 drohte ihr und dem noch Ungebornen die sofortige Verbrennung. Aber nur, wenn ein Kläger auftrat! Der muß jetzt beseitigt werden. Wieder zeigt sich Dawid auf diesem Gebiet als Meister. Doch das verletzte Rechtsempfinden des Volkes findet einen furchtlosen und klugen Sprecher in dem Profeten Natan. Die Reue des Königs und sein tiefer Schmerz um das sterbende Kind wirken trotz allem versöhnend.

[9] = mir der Ruhm der Eroberung zuteil werde.

[10] (so die Septuaginta) der Gott Ammons; der hebräische Text (mit andrer Vokalisierung): „Ihrem Könige“.

Israel und Juda. Sage und Geschichte, Weisheit und Hoffnung eines Volkes in Selbstzeugnissen. Hg. u. kommentiert von August Möhle (seit 2017 auch als E-Book)