Salomo sichert seine Herrschaft durch Beseitigung seiner Gegner

Salomo sichert seine Herrschaft durch Beseitigung seiner Gegner

(1. Könige II 13) Eines Tages ging Adonia zu Batseba (15) und sagte: „Du weißt daß mir das Königtum zukam und daß ganz Israel erwartete, ich würde König werden. Doch es ist anders gekommen: das Königtum ist meinem Bruder zugefallen, denn Jahwe hatte es für ihn bestimmt. (16) Nun habe ich eine einzige Bitte an dich: (17) Sprich mit Salomo – dich wird er ja nicht abweisen –, daß er mir Abisag von Sunem zur Frau gebe!“ (18) Batseba erwiderte: „Gut, ich will deinetwegen mit dem König sprechen.“ (19) Als Batseba bei Salomo eintrat, erhob er sich, ging ihr entgegen und verneigte sich. Dann setzte er sich auf seinen Thron; und man stellte auch für seine Mutter einen Sessel hin, und sie setzte sich zu seiner Rechten.[1] (20) Dann sagte sie: „Ich hab eine einzige kleine Bitte an dich, weis mich nicht ab!“ Salomo antwortete: „Bitte nur, Mutter! Ich werde dich nicht abweisen.“ (21) Sie sagte: „Man gebe Abisag von Sunem deinem Bruder Adonia zur Frau!“ (22) Da antwortete Salomo: „Ei, warum bittest du für Adonia nur um Abisag? Bitte für ihn doch gleich um das Königtum![2] Er ist ja der Ältere und hat Abjatar und Joab auf seiner Seite.“ (23) Und er schwur bei Jahwe: „Gott strafe mich, wenn dies Wort nicht Adonia das Leben kostet! (24) So wahr Jahwe lebt, der mich auf den Thron meines Vaters gesetzt hat: heute noch soll er sterben!“ (25) Und er sandte Benaja hin; der stieß ihn nieder.

(26) Dem Abjatar aber befahl Salomo: „Geh nach Anatot auf dein Landgut! Du hast zwar den Tod verdient, aber ich will dich heute nicht töten, weil du die Lade Jahwes meinem Vater vorangetragen und alle Demütigungen meines Vaters geteilt hast.“[3] (27) So verstieß ihn Salomo, daß er nicht mehr Priester Jahwes sein durfte.

(28) Als die Kunde hiervon zu Joab drang, floh er zum Zelte Jahwes und faßte die Hörner des Altars. (29) Salomo sandte Benaja hin, ihn niederzustoßen. (30) Als Benaja zum Zelte Jahwes kam, befahl er Joab: „Im Namen des Königs, komm heraus!“ Joab erwiderte: „Nein, hier will ich sterben!“ Benaja meldete dies, (31) und Salomo befahl: „Tu wie er gesagt hat! Stoß ihn nieder und nimm so das Blut, das er unschuldig vergossen hat, von mir und meines Vaters Geschlecht!“ (34) Da ging Benaja hinauf und stieß ihn nieder. (35) Nun ernannte Salomo an Joabs Stelle Benaja zum Oberbefehlshaber des Heeres; dem Priester Zadok[4] aber übertrug er die Stelle Abjatars.

(36) Darauf ließ Salomo Simei rufen und befahl ihm: „Bau dir ein Haus in Jerusalem und wohne dort! Du darfst die Stadt nicht verlassen; (37) denn wisse: an dem Tage, wo du auch nur den Kidron überschreitest, bist du des Todes!“ (38) Simei antwortete: „Gut! was mein Herr König befiehlt wird dein Knecht tun.“ So wohnte Simei lange Zeit in Jerusalem. (39) Nach drei Jahren aber entliefen ihm zwei Sklaven zu Achis, dem König von Gat. (40) Da ritt er hin und holte sie zurück. (41) Als Salomo dies erfuhr, (42) ließ er ihn rufen und sprach: „Hab ich dich nicht gewarnt und dir gesagt daß an dem Tage, wo du Jerusalem verläßt, du des Todes bist? (44) Jetzt bringt Jahwe all das Böse, das du meinem Vater getan hast, über dein Haupt.“ (46) Und er gab Benaja Befehl; der ging mit ihm hinaus und stieß ihn nieder.[5]

Erklärungen

[1] Der Königinmutter gebührte weit höhere Ehre als der Königin. Vgl. den Empfang derselben Batseba durch Dawid I 16.28!

[2] Durch die Heirat mit einer Frau, die dem verstorbenen Herrscher angehört hatte, konnte ein Anspruch auf Nachfolge in der Herrschaft begründet werden; vgl. 2. Samuel III 7! Doch ist es sehr zweifelhaft, ob Adonia diesen Hintergedanken hegte; denn Dawid hatte nach I 4 keinerlei geschlechtlichen Verkehr mit Abisag gehabt. So wird anzunehmen sein, daß Salomo Adonias Werbung nur als willkommenen Vorwand aufgriff zum vernichtenden Schlage gegen Adonia und dessen gefährlichsten Anhänger Joab.

[3] 1. Samuel XXII 20-23 XXX 7 2. Samuel VIII XV 23-29 XVII 15-21 XIX 12.13.

[4] Auf ihn führte später der jüdische Priesteradel (z.B. Esra) seinen Stammbaum zurück und hieß deshalb griechisch Saddukaioi (Sadduzäer).

[5] Mit Simei wurde der Führer der benjaminischen Opposition beseitigt.

Die in 2. Samuel IX – XXI und 1. Könige I.II erzählte Geschichte Dawids und seiner Söhne ist das Bedeutendste was die israelische  Geschichtschreibung hervorgebracht hat. Der Verfasser dieser Kapitel muß ein Zeitgenosse aus Dawids Umgebung gewesen sein, der die handelnden Personen genau kannte und die Ereignisse teils als Augenzeuge mit erlebte teils von Augenzeugen erfuhr. Mit warmer Anteilnahme für Dawid, doch ohne höfische Schminke stellt er die ganze Fülle der Geschehnisse schlicht anschaulich überzeugend und von hoher menschlicher Warte aus dar. Die Vermutung, daß Abjatar (26) der Verfasser gewesen sei, hat viel Ansprechendes, lässt sich aber nicht beweisen.