Der Verlag der „Kriegszeit“

Kriegszeit. Künstlerflugblätter. Berlin. Jg. 1, Nr. 18/19, 24. Dezember 1914, S. [76]

Von Paul CassirerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Paul Cassirer und Alfred GoldRSS-Newsfeed neuer Artikel von Alfred Gold

Die „Kriegszeit“ beendet jetzt ihren ersten Jahrgang. In vielen Tausenden von Exemplaren wird sie verlangt und ausgegeben. Unsere guten Absichten sind gleich im Keime verstanden worden. Die Ermunterung, die wir von der Stimmung des Augenblicks erwarteten, ist uns reichlich zuteil geworden. Den Unterstützungskassen zur Linderung der Künstlernot konnten ansehnliche Summen bereitgestellt werden. Nun werden wir ausharren, und wenn der große Krieg nicht von heute auf morgen entschieden und, zum Schaden unserer Feinde mehr als zu dem unsrigen, sich noch über Monate hinziehen sollte, wird auch unsere Zeitschrift als lithographische Flugschrift im ursprünglichsten Sinne dieser Technik die Ereignisse weiter begleiten.

Max Liebermann, August Gaul, Ernst Barlach, Wilhelm und Alice Trübner, Arthur Kampf, Käthe Kollwitz, Otto Hettner, E[rich] Büttner, R[udolf] Großmann werden unsere Zeichner bleiben, dazu werden neue Künstler kommen, die wir gewinnen konnten, und außer Gerhart Hauptmann und Richard Dehmel wird auch Frank Wedekind und manch andere Berufene in den Kreis unserer dichterischen Mitarbeiter eintreten.

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Kommentar von Michel Stark

Paul Cassirer und Alfred Gold sind als Verfasser dieses Artikels im Erstdruck nicht namentlich genannt.

Unter den namentlich genannten Beiträgern fehlt nicht zufällig der österreichische Maler und Zeichner Max Oppenheimer, genannt Mopp (1885 – 1954), obwohl er gleich dem von ihm bewunderten berühmten Maler und Graphiker Max Liebermann (1847 – 1935) mit einer eigenen, Mitte Oktober 1914 veröffentlichten Sondernummer u.d.T. Kriegsbilder: „Viribus unitis“ (S. 1) „Die Schlacht an den Masurischen Seen. Den Anstiftern Grey, Iswolski und Delcasse gewidmet“ (S. 2/3), „Stadt und Festung – Antwerpen“ (S. 4) an der vaterländischen Propaganda der Kriegszeit ausgiebig beteiligt war. Er hatte sein patriotisches Mitwirken nämlich relativ rasch für einen fatalen Fehler gehalten und sich bald wieder den Kriegsgegnern um Franz Pfemfert (1879 – 1954) angeschlossen. Außer dem mit Cassirer lange befreundeten  Liebermann trugen vor allem Max Slevogt (1868 – 1932), August Gaul (1869 – 1921), der auch mit seinen Schriften in Cassirers Verlag vertretene Ernst Barlach (1870 – 1938), Wilhelm Trübner (1851 –1917) und Alice (Sophie Auerbach) Trübner (1875 – 1916), Arthur Kampf (1864 – 1950), Käthe Kollwitz (1867 – 1945), deren Sohn Peter 18jährig am 24.10.1914 in Flandern fiel, Otto Hettner (1875 – 1931), E[rich] Büttner (1889 – 1936) und R[udolf] Großmann (1882 –  1941) mit Graphiken, Zeichnungen und Karikaturen zur bildkünstlerischen Ausstattung bei. Neben zugeordneten historischen Zitaten wurden kriegsaffirmative Verse und Parolen von Otto Michaelis (1875 – 1949), Gerhart Hauptmann (1862 – 1946) und Richard Dehmel (1863 – 1920) abgedruckt. Anders als angekündigt, erschienen in den Folgenummern der Kriegszeit jedoch keine Beiträge von Frank Wedekind (1864 – 1918). Die redaktionelle Nachbemerkung endet mit editorischen und drucktechnischen Angaben für Abonnenten und kunstinteressierte Sammler.