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Ethik im Kommunikationsdesign

Verständigung, Verantwortung und Orientierung als Kriterien visueller Gestaltung

Von Gerhard Schweppenhäuser / Christian Bauer


Martin A. Hainz schrieb uns am 16.12.2017
Thema: Gerhard Schweppenhäuser / Christian Bauer: Ethik im Kommunikationsdesign

Gerhard Schweppenhäuser, einer der anregendsten Denker aus dem Kontext der Frankfurter Schuler, der sein Vater noch zuzurechnen war, muß man kaum vorstellen, er legte als Herausgeber etwa den exzellenten Band Impuls und Negativität. Ethik und Ästhetik bei Adorno (Hamburg, Berlin 1995) vor und ist Verfasser u.a. einer klugen Untersuchung von Adornos Ethik nach Auschwitz (Hamburg 1993) und einer souveränen Adorno-Einführung für Junius (Hamburg 1996), denkt ferner immer wieder das Verhältnis von Kommunikationsbedingungen, Inhalten und möglichen Ethiken neu, bis hin zu adornianischen Reflexionen zu „Naddel" (Biefeld 2004).

Mit Christian Bauer, einem jungen Medienwissenschafter der FH Würzburg, hat er nun einen umfang- wie facettenreichen Band zu Ethik im Kommunikationsdesign vorgelegt, Untertitel: Verständigung, Verantwortung und Orientierung als Kriterien visueller Gestaltung.

Der Band beschreibt einerseits in Grundsatzüberlegungen und andererseits anhand von Fallstudien, was heute kommunikatives Handeln sei: sein könne und sein müsse. Dabei wird durchaus mit Ironie operiert, etwa im Wissen, daß die Welt betrogen sein wolle, wobei Walter Serners Letzte Lockerung das Motto liefert.

Ironie brauche es wegen der „soziale(n) Bühne der Öffentlichkeit", die kein zufälliges Bild sei – bis hin ins Technische:

„Just jene Weise des Dialogs, die am ehesten demokratischen Maßstäben gerecht wird, ist nicht ohne einen gewissen Elitarismus […] zu realisieren. Der Traum egalitärer Kommunikation scheitert […] an den wesenseigentümlichsten Beschränkungen"…

So gehe es also um Handlungsmodelle, die beides verbänden, „exemplarisch handeln" müsse man, so die Autoren mit Arendts Denktagebuch, ohne es sich zu billig zu machen, die Schwarmintelligenz der netizens wird jedenfalls gründlich nicht dekonstruiert, sondern schon auseinandergenommen.

Vor diesem Hintergrund wird dann in Detailstudien diskutiert, worauf zu Pauschales keine Antwort fände. „Geht es um Gebrauchsanleitungen für eine Herz-Lungen-Maschine oder für Landminen?" – Das müßte man wissen, ehe man ein Design als hilfreich bewertet. Sind Darstellungen der FGM („Female Genital Mutilation") dokumentierende Anklagen oder Anleitungen – bzw.: Wozu können sie werden? Wie ist mit Organspenden umzugehen, ab welcher Sicherstellung wären sie bewerbbar?

Dabei zeigt sich vor allem, wie Detailwissen, Grundlagenfragen und Designkenntnis ineinander verschränkt sind, daß also Kommunikationsdesign nicht einfach etwas optimiert, das, wofern da kommuniziert werde, schon einmal gut sei. Und auch die Zwiespältigkeit etablierter Designs – Travestierbarkeit und Optionen der Kritik – werden durchgespielt.

Das Ergebnis ist ein höchst anregender Band, der manchmal kein Ganzes ergeben will (das ja adornianisch auch „das Unwahre" wäre), aber viele Impulse liefert und einen produktiv irritiert und belehrt.

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