Leserbriefe zur Rezension

Nichts als Gerede

David Graeber und Tomáš Sedláček verkennen das Wesen des herrschenden Systems – folglich gehen ihre Analyse und ihre Lösungsvorschläge fehl

Von Gunnar Kaiser


aldo haesler schrieb uns am 22.06.2015
Thema: Gunnar Kaiser: Nichts als Gerede

Dass das rezensierte "Buch" ein typisch editorisches Machwerk ist, gedruckt, um fette Zahlen zu produzieren und einmal mehr jeden Zahnarzt über das voranschreitende Chaos zu erbauen, scheint ausser Zweifel zu sein. Es ist Gerede, wie Kaiser zu Recht sagt. Doch seine Kritik greift genauso kurz, wie das kritisierte Machwerk und vieleicht noch kürzer. Er assimiliert kurzerhand Kapitalismus mit freiem Markt, hält also den Grossdenkern des Chaos' vor, eine solche Freiheit kritiklos vorauszusetzen und damit gegen den Kapitalismus zu wettern. Doch, so frei sei der Markt gar nicht, sagt uns Kaiser. Er legt Zahlen vor, welche attestieren sollten, dass es vielmehr der Staat sei, der den ganzen Unfug anrichte und benützt dazu einen willkommenen Begriff: Korporatismus. Der Eindruck entsteht, hier ereifere sich ein zu kurz Gekommener, der auch gerne sein Sandkorn in die Krisendebatte geworfen hätte, nur sei da kein Hanser-Verlag gewesen, der ihm seine Ideen abgenommen hätte. Dem könnte man ohne weiteres mit anderen Zahlen erwidern, und mit Fakten, die heute, Montag, 22. Juni, wo es einmal mehr Griechenland an den Kragen geht, mit gleichem Recht gezückt werden können wie die seinen. Dass womöglich doch die Finanzwelt bestimmend sein könnte, und nicht der Staat, darauf kommt der Autor mit keiner Silbe zu sprechen. Schlägt er den Machern Graeber & Sedlacek, ihr Gerede marktkonform zu verschachern, so ist sein eigenes Gerede nicht einmal der Rede wert.