Leserbriefe zur Rezension

In drei Schritten zur Philosophie

Daniel-Pascal Zorn versucht sich mit seiner ,,Einführung in die Philosophie“ an einer Befähigung zum Philosophieren

Von Jan Niklas Jokisch


Dr. Daniel-Pascal Zorn schrieb uns am 05.04.2018
Thema: Jan Niklas Jokisch: In drei Schritten zur Philosophie

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, dass mein Buch bei Ihrem Rezensenten überwiegend positiven Anklang gefunden hat. Allerdings befremdet mich seine Darstellung des zweiten Kapitels meines Buches doch etwas. Genauer geht es um folgende Passage:

"... Kapitel, die zwanghaft versuchen, in einer längst überholten Klassifikation die wissenschaftlichen Disziplinen voneinander abzugrenzen, um der Philosophie darin einen herausragenden Platz einzurichten – es ginge ihr im Gegensatz zu den anderen Wissenschaften nicht nur um empirisches Wissen, sondern um absolute Wahrheit. Zu absoluter Wahrheit gelange die Philosophie dadurch, dass sie ihre Voraussetzungen radikal hinterfrage und nicht einfach unreflektiert annehme, wie dies die Wissenschaften täten."

Über rhetorische Unfreundlichkeiten wie das "zwanghaft" sehe ich hinweg - jedoch werden an keiner einzigen Stelle des Buches Thesen aufgestellt Oder auch nur Aussagen getroffen, wie sie der Rezensent mit "es gebe" wiederzugeben beansprucht. Von "absoluter Wahrheit" als etwas, worum es Philosophie gehe, ist im Text nirgends die Rede. Entsprechend gibt es auch nicht, wie der Rezensent darauf aufbauend suggeriert, eine polemische Abgrenzung der Philosophie von Wissenschaft als "einzig kritischer Wissenschaft", sondern eine kriteriale, die explizit für jeweils eigene Bereiche und gerade gegen eine Hierarchisierung eintritt.

Faktische Textfälschungen und -erfindungen dieser Art - von der man noch einige andere, weniger gravierende Fälle für das gleiche Kapitel nennen könnte - haben nach meinem Verständnis von (wissenschaftlicher) Buchrezension in einer solchen nichts zu suchen, auch und gerade dann nicht, wenn sie die Aussagen, die dort mehrfach explizit gegen dogmatische und absolute Geltungsansprüche formuliert werden, in ihr genaues Gegenteil verkehrt.

Ich bitte Sie daher, die Rezension entweder sachlich richtig zu stellen oder die fragliche Passage zumindest nicht als Paraphrasierung meines Textes darzustellen, sondern als Auslegung des Rezensenten.

Mit besten Grüßen,
Ihr
Daniel-Pascal Zorn


Thomas Anz schrieb uns am 20.04.2018 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Jan Niklas Jokisch: In drei Schritten zur Philosophie

Sehr geehrter Herr Zorn,
wir haben Ihren Leserbrief zunächst nicht veröffentlicht, sondern dem Rezensenten Ihres Buches weitergeleitet und ihn gefragt, ob er Ihre Änderungswünsche berücksichtigen möchte. Da dies nicht geschehen ist und Ihr Leserbrief offensichtlich auch oder sogar primär an die Redaktion adressiert ist, veröffentlichen wir ihn nun und antworten auch darauf: Wir freuen uns über Stellungnahmen von Autoren zu unseren Rezensionen, folgen aber grundsätzlich nicht Bitten um Richtigstellung von Einschätzungen, die in einer Rezension vertreten werden. Da alles, was in Rezensionen über inhaltliche Aussagen in Büchern behauptet oder paraphrasiert wird, eine "Auslegung des Rezensenten" ist, muss dies nicht ausdrücklich gesagt werden. Wenn ein Autor sich da missverstanden sieht und wie Sie darauf aufmerksam macht, begrüßen wir das als Anregung für unsere Leser, dies selbst zu überprüfen und vielleicht auf Ihren Leserbrief ebenfalls zu antworten.
Mit besten Grüßen
Thomas Anz


Dr. Daniel-Pascal Zorn schrieb uns am 20.04.2018 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Jan Niklas Jokisch: In drei Schritten zur Philosophie

Sehr geehrter Herr Anz,

Sie schreiben:

"... wir haben Ihren Leserbrief zunächst nicht veröffentlicht, sondern dem Rezensenten Ihres Buches weitergeleitet und ihn gefragt, ob er Ihre Änderungswünsche berücksichtigen möchte. Da dies nicht geschehen ist ..."

Das ist falsch. Der Rezensent hat mir in einer Mail vom 06. April 2018 folgendes mitgeteilt:

"Nach mehrfacher Lektüre meiner Rezension und des Kapitels 'Die Familie der Diskurskulturen' Ihres Buchs, auf das sich die Stelle meines Textes bezieht, an der Sie Anstoß genommen haben, bin ich, in längeren Gesprächen und Diskussionen mit der Redaktion, zu dem Ergebnis gekommen, dass meine Verwendung des Konjunktivs als Indikator für indirekte Rede tatsächlich missverständlich ist. Ich erwecke damit den Anschein der Paraphrase einer expliziten Stelle Ihres Buchs, während ich eigentlich diverse Ihrer Aussagen analysiere und ihre Implikationen wiedergebe. Aus diesem Grund entschuldige ich mich vielmals dafür, dass ich Ihnen Aussagen zugeschrieben habe, die Sie so explizit nicht getätigt habe. [...] Ich werde also so verfahren, dass ich, entsprechend Ihrer Aufforderung, die indirekte Rede entfernen werde und sie durch einen Abschnitt ersetzen werde, der klar anzeigt, dass es sich hier um meine Auslegung Ihres Textes handelt und keinesfalls um eine explizit von Ihnen in Ihrem Buch geäußerte Meinung."

Der Rezensent teilt hier also nicht nur mit, dass er Änderungswünsche berücksichtigen möchte, er gibt auch an, diese Änderungswünsche mit der Redaktion zusammen besprochen zu haben und mit ihr zusammen zu diesem Ergebnis gekommen zu sein. Insofern steht Ihr Leserbrief, offenbar in Unkenntnis der Sachlage abgefasst, in direktem Widerspruch zur Aussage des Rezensenten und zu der der Redaktion.

Sie schreiben außerdem:

"Da alles, was in Rezensionen über inhaltliche Aussagen in Büchern behauptet oder paraphrasiert wird, eine 'Auslegung des Rezensenten' ist, muss dies nicht ausdrücklich gesagt werden."

Ich bin überrascht, dass der Sprecher der Redaktion eines Rezensionsforums den Unterschied zwischen einer Textauslegung und einer Textfälschung nicht kennt. Eine Textauslegung wäre es, wenn ich schreibe, dass ich Ihre Antwort hier so verstehe, dass Sie meine Änderungswünsche berücksichtigen werden. Eine Textfälschung allerdings besteht, wenn ich schreibe, Sie hätten das auch so hingeschrieben. Würde dieser Unterschied nicht bestehen, dann wäre jede Hinzuerfindung zu einem Text beliebig mit der Auslegung des Hinzuerfindenden rechtfertigbar - und welchen Sinn machten dann Rezensionen? Sie verwechseln hier also Bedingung und Bedingtes: Wenn ich eine Auslegung problematisieren will, braucht es ein Ausgelegtes, einen Text, auf den sich die Auslegung bezieht. Diesen Text gibt es aber hier nicht - der Rezensent hat einfach Aussagen erfunden und diese dann ausgelegt.

Sie schreiben:

"Wenn ein Autor sich da missverstanden sieht..."

Ich sehe mich nicht "missverstanden", weil es kein Problem des Verstehens ist, sondern ich habe die Sätze, die der Rezensent mir zuschreibt, schlicht nicht geschrieben. Und nicht nur das: In meinem Buch vertrete ich das genaue Gegenteil von dem, was der Rezensent mir per indirekter Rede als Aussage zuschreibt. Nur was im Text steht, kann auch ausgelegt werden. Steht es nicht im Text, wird es also vom Rezensenten erfunden, dann handelt es sich nicht um ein Verstehensproblem, sondern um einen nicht bestehenden Sachverhalt.

"... begrüßen wir das als Anregung für unsere Leser, dies selbst zu überprüfen ..."

Nun, wenn Sie die Qualitätskontrollen Ihrer Rezensionen so niedrig halten, dass Sie Ihren Rezensenten erlauben, zunächst Aussagen zu erfinden und die dann zu rezensieren, dann dem Autor eine Änderung zuzusichern, in Rücksprache mit der Redaktion, um dann in einer Antwort mitzuteilen, es hätte diese Zusicherung nicht gegeben und die Redaktion würde grundsätzlich solche Dinge nicht diskutieren, dann kann sich der Leser, denke ich, ein recht lebendiges Bild davon machen, mit welchem Grad von Professionalität er bei Ihnen zu rechnen hat.

Die Mail des Rezensenten geht Ihnen zur Ansicht zu.


Thomas Anz schrieb uns am 20.04.2018 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Jan Niklas Jokisch: In drei Schritten zur Philosophie

Sehr geehrter Herr Zorn,
vielen Dank für Ihre erneute Stellungnahme dazu. Dass unser Rezensent Jan Niklas Jokisch keine Änderungen an seiner Rezension wünscht und vorgenommen hat, ist nicht falsch. Er hat Ihnen gegenüber zwar zunächst Änderungen angekündigt, nach dem Mail-Wechsel mit Ihnen und erneuten Überlegungen dazu aber von seinen Änderungswünschen Abstand genommen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Anz


Dr. Daniel-Pascal Zorn schrieb uns am 21.04.2018 als Antwort auf einen Leserbrief
Thema: Re: Jan Niklas Jokisch: In drei Schritten zur Philosophie

Sehr geehrter Herr Anz,

"Dass unser Rezensent [...] keine Änderungen an seiner Rezension wünscht und vorgenommen hat, ist nicht falsch. Er hat Ihnen gegenüber zwar zunächst Änderungen angekündigt, nach dem Mail-Wechsel mit Ihnen und erneuten Überlegungen dazu aber von seinen Änderungswünschen Abstand genommen."

Da Herr Jokisch in seiner Mail an mich, wie oben einsehbar, eine falsche Zuschreibung eingesteht, teilen Sie mir in Ihrer neuerlichen Antwort also mit, dass der Rezensent sich nun absichtlich dafür entscheidet, diese von ihm bereit eingestandene falsche Zuschreibung in der Rezension zu belassen. Zusammen mit der Tatsache, dass der Rezensent mir das weder mitgeteilt hat und dem Umstand, dass Sie in Ihrer Antwort verschleiern, dass Ihre Redaktion Sie noch einmal um Rücksprache gebeten hat - indem Sie so tun, als beträfe die falsche Darstellung des Sachverhalts in Ihrer ersten Antwort die Änderung der Absicht des Rezensenten, wie sie sich nur nach der neuerlichen Rücksprache vor Ihrer zweiten Antwort ergeben haben kann -, wirft das, denke ich, ein ausreichend helles Licht auf die Praxis Ihrer Rezensionsseite.

Mir bleibt dann nur noch, festzustellen, dass die vom Rezensenten mir zugeschriebenen Aussagen nicht nur falsch, sondern sinnentstellend sind, sofern sie mir Behauptungen zuschreiben, die in meinem Buch gerade problematisiert werden. Und dass Sie und Ihre Redaktion, darauf aufmerksam gemacht, offenbar vollkommen willkürlich mit solchen Hinweisen umgehen.

Sie wollten die Leser darüber entscheiden lassen, wie treffend die Rezension in der Wiedergabe des Textes ist. Nun können dieselben Leser, dank Ihnen, ebenfalls darüber entscheiden, wie professionell Ihr Umgang mit Textfälschungen in einer Rezension ist. Danke dafür.