Leserbriefe zur Rezension

Antisemitismus und Literatur

Ein Interview mit Marcel Reich-Ranicki

Von Bettina Röhl


Bettina Röhl schrieb uns am 26.04.2004
Thema: Bettina Röhl: Antisemitismus und Literatur

Kleine Anmerkung zu dem Artikel von Thomas Anz am 24.4.04 in der Frankfurter Rundschau „Warum weinte Ulrike Meinhof?“, hier bei literaturkritik in der längeren Fassung
http://www.literaturkritik.de/public/Meinhof_Reich-Ranicki_Anz.php
und der Ankündigung im "Perlentaucher" "Heute in den Feuilletons" vom 24.4.04 in Spiegel online
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,296893,00.html
und auch zu dem Artikel in der „Welt“ vom 26.4.04 „Meinhofs Tränen“
http://www.welt.de/data/2004/04/26/269831.html

Bei den westdeutschen Kommunisten ( Meinhof ) galt  Reich - Ranicki, so die Kommunisten selber,  als "reaktionär" und das zitiere ich. Ich habe nicht gesagt, dass Reich - Ranicki in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit oder auch nur bei den Linken als reaktionär galt, sondern in KP – Kreisen. Insofern wurde ich am Wochenende zum Beispiel im Perlentaucher unzutreffend zitiert.

Im Übrigen freue ich mich, wenn Reich - Ranicki meine Mutter positiv sieht und habe auch im Interview zum Ausdruck gebracht, dass ich mich eigentlich freue, dass sie die erste war, die ihn nach dem Getto gefragt hat.

Ulrike Meinhof "eiskalt" machen zu wollen, wie Thomas Anz über meine Person spekuliert, war und ist nicht mein Thema. Sie war, wie sie war. Meinhof ist Teil der Geschichte, mit dem ich mich, wenn ich mich mit ihm beschäftigte wissenschaftlich distanziert und ohne affektive Verfälschungen beschäftige. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Interview, das ich mit Reich - Ranicki geführt habe.

In diesem Interview spielt das Thema Ulrike Meinhof im Übrigen eine sehr untergeordnete Rolle und nimmt nicht einmal 10 % des Raumes ein. Ich persönlich halte zum Beispiel die in dem Interview thematisierte Begegnung Reich - Ranickis mit Hitlers Intimus und Rüstungsminister Albert Speer für das historisch bedeutenderer Faktum, mit dem sich auch jetzt wieder offenbar niemand auseinandersetzt.

Im Übrigen habe ich nichts "behauptet", wie der Perlentaucher am 24.4.04 schrieb und auch ein Autor der Welt vom 26.4. 04 nun – wider besseren Wissens - behauptet, sondern ich referiere, dass Klaus Röhl mir vor fünf Jahren etwas schrieb, was sich dann mit meinen späteren umfangreichen Recherchen deckte. Hier wird auch deutlich, dass ich mich auf eine zweite Quelle beziehe und nicht einfach blind und ungeprüft das weitergebe, was ich mal eben so gehört habe, so wie es in dem Artikel in der „Welt“ vom 26.4.04 den Anschein hat.  

Im veröffentlichten Interview sage ich wörtlich zu MRR:

“Kurz nach der Veröffentlichung Ihres Buches im September 1999 schrieb mir Klaus Röhl, und dies deckt sich auch mit meinen nachfolgenden Recherchen, dass dieses Interview mit Ihnen von Ulrike Meinhof aufgrund fremden Auftrages zustande kam….“

Dass es so unwahrscheinlich sei, dass Meinhof MRR noch aushorchen wollte, nachdem der Bruch mit der Partei schon vollzogen war, ist reine Spekulation.


http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=7025

Bitte lesen Sie den Sachverhalt in dem von Reich – Ranicki autorisierten Interview selber nach.  

MRR fand es nicht so unwahrscheinlich, dass die polnische KP ihm, nachdem er in den Westen gegangen war schaden wollte. Er sagt in dem Interview:

„Sie können es mir gerne erzählen. Sie wissen ja, als ich in den Westen gekommen bin, hat das polnische Innenministerium dem Amt von Markus Wolf den Auftrag gegeben, mich in der Bundesrepublik zu suchen. Das war 1958 und sie haben ihren Agenten in Köln beauftragt, mich zu suchen und der hat geantwortet, ich sei unauffindbar. Verstehen Sie, das war in einer Zeit, wo ich in der "Zeit", in der "Welt" veröffentlicht habe, und es wäre nichts einfacher gewesen, als mich zu finden. Sie sehen, so haben die Leute von Markus Wolf damals gearbeitet.“

Insofern ist der Gedanke in der „Welt“ vom 26.4.04 Unsinn, dass es nach 51 unwahrscheinlich gewesen wäre, dass die polnische KP MRR etwas anhängen wollte. MRR sagte nachlesbar, dass die Praxis anders aussah, als die „Welt“ hier sinnlos und gegen die Fakten spekuliert. 1964 hatte Reich – Ranicki sich in Westdeutschland soweit etabliert, als Kritiker bei der „Zeit“ in Hamburg, dass die Kommunisten wieder besondere Begehrlichkeiten entfaltet haben könnten. Insofern stimme ich mit MRR selber überein, der im Interview sagt:

Röhl: Welchen Grund könnte die polnische KP gehabt haben, so etwas anzuzetteln?

MRR: Das ist doch ganz normal. Wenn so einer wie ich weggeht in den Westen aus einem kommunistischen Staat, dann versucht man allerlei gegen ihn in die Wege zu setzen und bekannt zu machen.


Für alle Literaturinteressierten und Wissenschaftler macht auch hier das Original selber zu lesen am meisten Sinn. Journalisten bitte ich sich in Zukunft, bevor Mutmaßung Oberhand gewinnen sich mit mir in Verbindung zu setzen. www.bettinaroehl.de  dort unter Kontakt.

Das Original lesen !!!

Viele Grüße

Bettina Röhl