Leserbriefe zur Rezension

Deutscher Fleiß am Waterberg

Kolonialisten und Hereros in "Deutsch-Südwest" aus der Perspektive Else Sonnenbergs

Von Ute Eisinger


Marta schrieb uns am 17.08.2016
Thema: Ute Eisinger: Deutscher Fleiß am Waterberg

Ich muss mich schon fragen, ob Frau Eisinger das Buch überhaupt gelesen hat. Es gibt weder ein deutsches Altenheim in Windhoek, noch gab es einen General Lüderitz, der irgendeine Bucht erobert haben soll. Auch ein Satz wie "Else Sonnenberg, die 1905, während die Hereros von General Trotha auf den Todesmarsch in die Omaheke-Wüste getrieben wurden, schon wieder daheim in ihrem Dorf bei Braunschweig saß, wo sie ihr Jahr in Afrika niederschrieb" ist mehr als unangemessen. Bekanntlich hat Frau Sonnenberg, deren Mann auch keine Farm besaß, sondern einen Kaufladen am Waterberg, am 14. Januar 1904 als Augenzeugin beobachten müssen, wie ihr frisch angetrauter Ehemann von einem ihrer Angestellten mit einem schweren Hammer im Bett schlafend brutal erschlagen wurde. Nur die Flucht ins Missionshaus hat ihrem Säugling Werner und ihr selbst das Leben gerettet. Anschließend wurde sie unter Erduldung von Misshandlungen wochenlang in Gefangenschaft der Herero deren Kriegszüge mitverfolgen. Es ist daher nur verständlich, dass Frau Sonnenberg traumatisiert war. Auch die Aussage, die Sonnenbergs als Händler "nutzten die Unbekümmertheit aus, mit der die Eingeborenen, deren Kultur Vertragsabschlüsse, preußischen Pflichtgehorsam und Schuldscheine nicht beinhaltete" ihre Geschäfte tätigen, ist absurd und stellt die Herero in übler Weise als Dummchen hin, die nicht wüßten, mit Geld umzugehen. Tatsächlich war den Herero das Prinzip von Kauf und Bezahlen sehr wohl bekannt. Auch die Aussage, General Trotha hätte den Genozid an den Herero befohlen, ist historisch grob falsch, völlig egal ob es nun ein Genozid war oder nicht. Ebenso falsch ist die Behauptung, "auf Grund anderer nachweislicher Fälle von Sadismus gegen Gefangene wurde Trotha später aus dem Dienst gezogen" - davon ist nichts bekannt. Es ist unklar, von welchen Fällen von Sadismus die Autorin hier spricht. Trotha wurde mit dem Orden Pour-le-Merite ausgezeichnet und ist in allen Ehren aus Altersgründen in den Ruhestand verabschiedet und nicht "aus dem Dienst gezogen" worden. Auch wenn es einem nicht gefällt, sollte man doch irgendwie noch an den Fakten bleiben. Der Irrwitz gipfelt dann noch in dem Satz "1915 musste Deutsch-Südwestafrika offiziell zurückgegeben werden". An wen wurde Südwestafrika angeblich "zurückgegeben"? Fakt ist, dass Südwestafrika 1915 von Unionstruppen aus Südafrika besetzt und später quasi annektiert wurde, was zur Einführung der Apartheid dortselbst geführt hat. Rezensionen lese ich gerne, aber irgendetwas muss daran wenigstens stimmen. Hier ist dies nicht der Fall.