Kulturjournal

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Betreff Re: Re: Re: Playgiarism - Hegemann und die textfixierte Literaturwisenschaft
Autor Eckart Löhr
Datum 21.02.2010 18:58
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Auch wenn die letzten beiden Sätze von Herrn Anz andeuten, dass die Diskussion hier zu einem Ende kommen soll, muss zu einem Punkt doch noch etwas gesagt werden - auch auf die Gefahr hin, dass uns das von der eigentlichen Diskussion entfernt.

Das Beispiel des Politikers der über Frieden und Freiheit spricht und in Wahrheit eine „massenmörderische Politik betreibt“, ist insofern nicht überzeugend, da sich diese Rede im realpolitischen Raum ereignet, während sich Literatur gerade im fiktionalen Raum abspielt.

Natürlich kann man wie Rousseau ein großartiges Buch über Pädagogik schreiben und seine Kinder – aus welchen Gründen auch immer – ins Waisenhaus stecken. Natürlich kann man, wie Gottfried Benn,  mit dem Nationalsozialismus sympathisieren und großartige Gedichte schreiben und selbstverständlich könnte man sich ohne weiteres einen Kriegstreiber vorstellen, der einen Roman über den Frieden schreibt. Wie sympathisch man das findet und was das über die charakterlichen Eigenschaften des Autors aussagt, steht auf einem anderen Blatt; aber, um es noch einmal zu sagen: Das Werk steht in der Regel höher als sein Verfasser oder seine Verfasserin.

Weiter fragt Herr Anz, ob es „Literaturkritikern, Literaturwissenschaftlern oder anderen Lesern bei der Lektüre von "Axolotl Roadkill" wirklich egal sein [kann], ob Helene Hegemann 17 oder 70 Jahre alt ist“? Als Hermann Hesse 1927 seinen Roman „Der Steppenwolf“ veröffentlichte, der das Kultbuch einer ganzen - jungen- Generation werden sollte, war er selbst bereits Fünfzig. Er hätte auch Siebzig sein können. So what? Wen kümmert´s, wer spricht?

Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Literaturwissenschaft steht es natürlich frei, sich mit dem Autor zu beschäftigen - was eine sehr interessante Beschäftigung sein kann -  nur, um es noch einmal zu sagen, die Beurteilung eines Werkes (Foucault hat bereits auf die Schwierigkeit dieses Begriffes hingewiesen) darf nicht von der Biographie des Autors, in diesem Fall der Autorin, abhängen.

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