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Drehbuchmanuale aus dem Autorenhausverlag versprechen Erfolgsmethoden für Film und Fernsehen

Von Florian FuchsRSS-Newsfeed neuer Artikel von Florian Fuchs

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Endlose Publikationen und Zeitschriften machen es zunehmend schwerer, sich auf dem so genannten "Script-Markt" zu orientieren oder zu behaupten. Dementsprechend haben sich die Erfolgsbedingungen im redundanten Genre der Drehbuchmanuale geändert. Die ehrgeizigen Aspiranten erwarten etwas für ihr Geld: Nicht nur zu erfahren, wie man schreibt, sondern auch wie man ein Buch verkauft. Darüber hinaus einen professionellen Habitus mit Hang zur lässigen Anekdote und ein schnell konsumierbares Konzept für den kürzesten Weg zum Erfolg. Das überzeugende Beispiel; sowie eine möglichst große Nähe zum Business. Vorbei die Zeiten des Obergurus Syd Field, der seine Adepten mit überflüssigen Theorien quälte und selbst kein einziges seiner Drehbücher verfilmt bekommen hatte.

Tom Lazarus gehört zur neueren Generation von "Script-Gurus" aus Hollywood. Seit über 10 Jahren lehrt er Drehbuchschreiben für Fortgeschrittene unter anderem am University College of Los Angeles (UCLA) und an der University of California in Santa Barbara. Obwohl sich schon Vater und Großvater Lazarus in der Filmindustrie abrackerten, musste Tom sich regelrecht hochdienen - vielleicht erinnert man sich noch an die Serie "Knight-Rider" über ein sprechendes Auto mit David Hasselhoff oder den albernen Thriller "Stigmata" mit Patricia Arquette aus seiner Feder.

Gerade eine von magischen Formeln verstörte oder schlicht genervte Klientel erlebt Lazarus Buch möglicherweise sogar als eine Art Befreiung. Im Vergleich mit der Pedanterie eines Syd Field oder der von jungschen Kategorien kontaminierten Terminologie eines Michael Hauge wirkt es geradezu entmystifizierend.

In einem etwas gewollt unkonventionellen Duktus klärt Lazarus darüber auf, dass das abgelieferte Drehbuch mit dem, das der Regisseur dann im Stile eines mittelalterlichen Buchmalers umzusetzen hat, nur noch entfernte Ähnlichkeit besitzt. Die Streichungen und Hinzufügungen, die Angleichung an die spezifischen Interesselagen der Produktion überlebt eine künstlerische Idee nur höchst selten. Der Autor, der sich von Anfang an als effizienten Teil der Produktionskette begreifen soll, kann froh sein, wenn er in den Umschreibungsprozess mit einbezogen wird. Daher muss, betont Lazarus, ein Drehbuch (entgegen seiner im Grunde 'unleserlichen' medialen Beschaffenheit) gut geschrieben sein und den Lektor "fesseln"! Lazarus rät, immer das fertige Produkt vor Augen zu haben, die Charaktere bestimmten Stars auf den Leib zu schreiben und die Trailer zu imaginieren.

Ein ähnlicher Wind weht auch in den Beiträgen des von Manfred Plinke herausgegebenen Bandes "Script-Markt". Identifikation mit dem Betrieb ist hier ebenso Voraussetzung wie das Einfühlungsvermögen in die zarte Künstlerseele begrenzt: "Eine gewisse Weltfremdheit mag im günstigsten Falle charmant wirken, wird aber eher als unverständliche, vermeidbare Ignoranz angesehen." Vivienne Bronner, die in "Independence Day" einen Film über "Väter", und in "Pretty Woman" einen Film über den Neoliberalismus sieht, weiß: "Politisch korrekte Themen oder gesellschaftliche Anliegen sind selten gute Filmstoffe." Hollywood sei "einfach" besser. Das internationale Verleihnetz wird wohlweislich nicht erwähnt. Für Brigitta Manthey soll die Story möglichst "universell", "neu" und "unverbraucht" sein. Wichtig sei ein so genannter "Hook" (Aufhänger, der den Zuschauer "angelt"), das heißt die "Möglichkeit für eine überzeugende Marketing-Kampagne".

Schon Raymond Chandler schrieb über die Rolle des Drehbuchautors in Hollywood, dass dieser sich damit abfinden müsse, dass der Produzent der Boss sei: "Das, was in der Einsamkeit und aus dem Herzen geschaffen ist, kann man nicht gegen die Entscheidung eines Ausschusses von Kriechern verteidigen. Das zerbrechliche Wesen, das Literatur ausmacht, kann die Phrasen einer langen Reihe von Konferenzen über die Handlung eines Films nicht überstehen." Dass dennoch einige wenige gelungene Filme entstehen, sei eben "das seltene Wunder, das die Handvoll guter Schriftsteller in Hollywood davon abhält, sich die Kehle durchzuschneiden."


Titelbild

Tom Lazarus: Professionelle Drehbücher schreiben. Erfolgsmethoden für Film und TV.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Kerstin Winter.
Autorenhaus-Verlag Manfred Plinke, Berlin 2003.
209 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3932909550

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch

Titelbild

Manfred Plinke (Hg.): Script-Markt Handbuch Film & TV. Mit allen wichtigen Anschriften von Drehbuchagenturen, Filmproduktionen, Sendern und der Filmförderung.
Autorenhaus-Verlag Manfred Plinke, Berlin 2003.
224 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 3932909593

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