Bücher, Bytes und Blogs

Stärker als je zuvor wird der Kampf um Marktanteile und Meinungsführerschaft im Literaturbetrieb im Internet ausgetragen

Von Fridtjof KüchemannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Fridtjof Küchemann

Die Zeichen stehen auf Sturm: Großkonzerne wie Holtzbrinck und Bertelsmann machen Millionen locker, damit es ihre Internet-Seiten sind, auf denen künftig über Literatur geschrieben und gestritten wird - während manch kleine Redaktion, manch Pionier der Literaturvermittlung im Internet das Handtuch wirft. Nicht nur Kleinstverlage fühlen sich von missbilligenden Kundenrezensionen auf "Amazon.de" geschäftlich gefährdet und klagen gegen den weltgrößten Internet-Buchhändler. Die beiden wichtigsten Feuilletons Deutschlands ziehen gegen die Exzerptoren von "Perlentaucher.de" vor Gericht, weil sie deren Rezensionszusammenfassungen im Internet in unstatthafter Konkurrenz zu ihren eigenen Angeboten sehen.

Große Institutionen wie das Goethe-Institut und das Deutsche Literaturarchiv Marbach positionieren hoch subventionierte literaturbezogene Websites. Verlage übernehmen die Marketingmethoden der Film- und Musikindustrie und beginnen, einzelnen Titeln eigene Seiten mit einigem multimedialem Aufwand zu widmen. Erste Bücher, die thematisch aus Weblogs entstanden sind und PR-strategisch vor allem in der Blogosphäre beworben wurden, haben es an die Spitze von Bestsellerlisten geschafft.

Neue Nachbarschaft, ungekannte Konkurrenz

Der Kampf um Aufmerksamkeit, Marktanteile und Meinungsführerschaft in der Buchbranche und der literarischen Welt wird im Internet ausgetragen, stärker als je zuvor. Schließlich verzeichnet das junge Medium als Verkaufs- wie auch als Informationskanal das größte Wachstum und das größte Potenzial. So dass sich nicht nur die Produzenten und Händler von Büchern, sondern auch jene Gedanken über ihre Internet-Präsenz machen müssen, deren Geschäft die Literaturkritik, der Literaturjournalismus ist. Sie konkurrieren online mit einer Vielzahl anderer im weitesten Sinne Literatur vermittelnder Angebote, die in ihren unterschiedlichen Herangehensweisen, Geschäftsmodellen und Qualitätsniveaus doch eines eint: Sie alle sind auch nur den berühmten einen Mausklick weit entfernt.

Wie funktionieren solche Websites? Wer betreibt und bestückt sie, mit welchem Ziel und welchen Mitteln? Und worin liegt der Unterschied zum klassischen Literaturjournalismus im Internet? Im Wintersemester 2006/07 hat eine Übungsgruppe an der Philipps-Universität Marburg zu diesen Fragen recherchiert, diskutiert und geschrieben. Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind in den folgenden sechs Texten nachzulesen.

Anmerkung der Redaktion: Der Verfasser ist Literaturjournalist und Feuilletonredakteur bei FAZ.NET. Die Übung "Instanzen der Literaturvermittlung im Internet" war sein fünfter Lehrauftrag an der Philipps-Universität Marburg.