Wer starb wann?

Kürschners verdienstvoller Nekrolog

Von Lutz HagestedtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Lutz Hagestedt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Konzept von Kürschners Nekrologen wurde in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelt: In drei Nekrolog-Bänden sollten die verstorbenen Schriftsteller aufgeführt werden. Der erste Band verzeichnete die von 1901 bis 1935 Verstorbenen und erschien 1936; der zweite Band führte bis ins Jahr 1970 und erschien 1973; mit dem dritten Nekrolog schließlich, der 1999 herausgekommen ist, wurde das Projekt abgeschlossen. Das letzte verzeichnete Todesdatum ist der 27. September 1999 - es starb Josef Carl Grund.

Das pietätvoll gewandete Buch ist nützlich. Der `Grüne Kürschner´ listet nicht nur die Geburts- und Sterbedaten auf, sondern bietet auch eine Übersicht über die Erst- und Werkausgaben, über wichtige Preise und Auszeichnungen und die Sekundärliteratur. Allein unter dem Buchstaben B lassen sich viele illustre Namen finden: Ingeborg Bachmann, Rudolf Bahro, Peter Bamm, Walter Bauer, Jurek Becker, Schalom Ben-Chorin, Max Bense, Thomas Bernhard, Horst Bienek, Gerald Bisinger, Heinrich Böll, Nicolas Born, Margret Boveri, Claus Bremer, Rolf Dieter Brinkmann, Christine Brückner und Hermann Burger. Aber auch weniger bekannte Namen werden hier aufgeführt - insgesamt enthält der Band 4.573 Einträge. Damit kann kein anderes Lexikon mithalten. Da die Redaktion nicht borniert ist, werden "im Interesse der Vollständigkeit" auch solche Autoren und Autorinnen aufgeführt, die vor dem Berichtszeitraum verstarben, deren Daten bislang aber im Kürschner fehlten oder deren Werk erst posthum veröffentlicht worden ist.

Hilfreich sind die Verzeichnisse nach Geburts- bzw. Sterbejahren: Der früheste Eintrag bezieht sich auf das Jahr 1853, damals wurde Karl Lindau geboren. Lindau starb 1934 und veröffentlichte bereits 1895 (im Geburtsjahr Ernst Jüngers) einen Text unter dem Titel "Der Nazi". Das wäre ja direkt mal interessant! Eines der letzten Todesdaten bezieht sich auf Gert Ledig, dessen Luftkriegsroman "Vergeltung" erst im Sterbejahr des Autors wiederentdeckt wurde. Viele Autoren leben in ihrem Werk weiter, andere sind praktisch nur sich selbst erschienen und haben nie ein größeres Publikum gehabt. Kürschners Nekrolog macht hier keinen Unterschied, aber nicht, weil der Tod keinen Unterschied macht, sondern weil es das Konzept des Literatur-Kalenders (des `Roten Kürschners´) ist, schon zu Lebzeiten der Autoren alles aufzunehmen, und zwar ohne Ansehen der Person und der Bedeutung, der literarischen Qualität und der politischen Orientierung. Wertvoll ist weiterhin das Verzeichnis der Nachlässe und ihrer Standorte. Über reiche Bestände verfügen nicht nur das Deutsche Literaturarchiv Marbach und die Berliner Akademie der Künste, sondern auch die Monacensia-Sammlung München und die Österreichische Nationalbibliothek. Die Arno-Schmidt-Stiftung in Bargfeld hat nur Arno Schmidt, wie es scheint. "Das ist aber a net schlecht", täte Hermann Lenz sagen (gestorben am 12.5.1998).

Titelbild

Andreas Klimt: Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. Einundsechzigster Jahrgang.
K. G. Saur Verlag, München/Leipzig 1999.
1.688 Seiten, 99,99 EUR.
ISBN-10: 359823581X

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