Betriebsgeheimnisse und eine schöne Verlobte

Bruno Morchio schreibt über den "Kalten Wind in Genua"

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Schluss ist ja ganz schön und überraschend: Genua, Berlusconi ist Ministerpräsident, der linke Privatdetektiv Bacci Pagano versucht, ihn vor einem Attentat zu warnen, die Polizei glaubt ihm nicht und führt ihn stattdessen ab. Der letzte Satz: "Aus der Ferne, hart, trocken - ein Knall zerreißt die Stille."

Leider ist der Rest nicht genauso hart und trocken. Bruno Morchio hat eine Reihe um Bacci Pagano geschrieben, deren erster Teil, "Kalter Wind in Genua", einen komplizierten Fall präsentiert, der mit einem anderen verknüpft ist: Pagano soll Alma Montello - die Verlobte des reichen Erben Gustavo Camillo Pellegrini aus dem Hause Pellegrini & Co. - überwachen. Es stellt sich heraus, dass der Erbe durchaus von der Beziehung seiner Verlobten zu Alberto Losurdo weiß. Er ist sogar mit ihm befreundet, obwohl Losurdo Betriebsgeheimnisse ausspioniert und an eine Konkurrenzfirma verraten hat. Das ist der eine Fall.

Der zweite Fall erzählt von Paganos altem Freund, dem Altlinken und Verleger Samuele Lagrange, der einen linken Radiosender unterstützt und in Genua den Spruch plakatieren lässt: "Fünf Kugeln und Italien ist sauber. Gebt uns fünf Namen für die ersten fünf Kugeln. Den Rest erledigen wir mit unserer Präzisionswaffe." Ein Werbegag. Aber dann wird in sein Haus eingebrochen und die Präzisionswaffe gestohlen, der Ministerpräsident kündigt sich für einen Besuch an und ein Profikiller ist auch noch in der Stadt.

Trotz viel Action, Schlägereien und Kabbeleien mit der Polizei schleppen sich beide Fälle ein wenig dahin, bleiben so unverständlich wie die Wirtschaftsverbindungen der Genueser, die Motive von Gustavo Camillo einerseits, Alma Montello andererseits. Die faschistischen Neigungen der italienischen Geheimpolizei spielen im Buch ebenso eine Rolle wie die Verliebtheit Paganos in gleich mehrere Frauen, unter anderem Alma und eine Prostituierte, die dann später abgeschoben wird. Zwei Mal trifft Pagano den Profikiller, dem er auf die Spur gekommen ist, beide Male wird er von ihm überlistet.

Leider ist der ganze Krimi wenig durchsichtig, der linke Aufklärungsimpetus verpufft durch allzu viele Verwicklungen und allzu viele Erklärungen. Zudem schwankt die Sprache ständig und sehr unentschieden zwischen hart und realistisch, komisch und ironisch, umständlich und kitschig: "Wie eine unsichtbare Mauer des Misstrauens standen die unterschiedlichen Sprachen und Hautfarben zwischen den einzelnen Gruppen" schreibt Morchio etwas gewunden, oder: "Pertusiello nagelte mich mit seinem berühmt-berüchtigten stählernen Blick auf der Türschwelle fest", oder: "Sehnsucht nach Nähe hüllte mich ein." Insgesamt macht das keinen schönen Eindruck und wird auf Dauer ziemlich langweilig.

Das ist schade, denn ansonsten bekommt man einen italienischen Bruder von Philipp Marlowe präsentiert, der sich verliebt, ständig zusammengeschlagen wird, der illusionslos die Gesellschaft durchschaut und trotz allen Abscheus sogar den Ministerpräsidenten retten will. Die Polizei glaubt ihm nicht, die Polizei ist sogar sein größter Feind. Aber da es Morchio nicht gelingt, die Erzählfäden eng zu knüpfen, verwässert sich die schöne Geschichte denn doch ein wenig zu sehr.


Titelbild

Bruno Morchio: Kalter Wind in Genua.
Übersetzt aus dem Italienischen von Ingrid Ickler.
Unionsverlag, Zürich 2007.
315 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783293003743

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