Heute war gestern morgen

Mordecai Richlers Kinderbücher berichten von den Abenteuern Jakob Zweizweis

Von Gesa HinrichsenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Gesa Hinrichsen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Kleine Geschwister haben es schwer. Die Großen hören ihnen nicht zu, keiner nimmt sie ernst und für fast alles sind sie einfach noch zu klein. Jakob Zweizwei kennt dieses Los nur zu gut. Er hat zwei große Brüder und zwei große Schwestern, will er etwas sagen, so muss er dies zweimal tun, sonst hört ihm keiner zu. Außerdem hat Jakob Zweizwei noch zwei Arme und zwei Beine und ist zwei und zwei und zwei Jahre alt - Zweizwei eben!

So viele Dinge gibt es auf der Welt für Jakob zu lernen, zum Beispiel "was ein Tag ist, wo gestern geblieben war und wann morgen kommen würde." Er kann keine Scheibe Brot schneiden, die nicht auf der einen Seite zehn und auf der anderen nur einen Zentimeter dick ist. Er darf nicht allein über die Straße gehen, Einkäufe erledigen oder mit seinen Geschwistern spielen - für alles ist Jakob Zweizwei noch zu klein.

Doch endlich darf auch er eines Tages zwei Pfund reife Tomaten kaufen gehen. Damit nimmt ein gefährliches Abenteuer seinen Lauf. Jakob muss sich vor einem Kindergericht verantworten, wird zu zwei Jahren, zwei Monaten, zwei Wochen und zwei Tagen Haft auf der Insel Rotzrum verurteilt, gerät in die Fänge des fiesen Fletchers und muss schließlich sich und viele andere Kinder aus dem grausamen Kindergefängnis befreien.

Richler erzählt dieses Abenteuer zwar anschaulich und bunt, doch entsprechen einige Beschreibungen nicht denen, die man sich von einem schönen Kinderbuch erhofft. Es mag an der Übersetzung liegen, doch Namen wie "die Rotzer von Rotzrum", "Fräulein Faul" oder "Kid´s Power" zeugen nicht gerade von Einfallsreichtum. Die Erzählung bedient das Klischee des kleinen Jungen, der sich mit Liebe im Herzen und viel Witz gegen die böse Welt der Erwachsenen durchsetzt und natürlich siegt. Die liebevolle Detailtreue, mit der die Geschichte begonnen hat, bleibt leider in der zweiten Hälfte des Buches auf der Strecke.

Diese liebevolle Detailtreue behält Richler in seinem zweiten Buch "Ein Geschenk für Jakob Zweizwei" glücklicherweise bei. Hier muss sich der inzwischen zwei Jahre ältere Jakob zwar wieder gegen die Erwachsenenwelt durchsetzen, doch die Entwicklung der Freundschaft zwischen ihm und seinem Geschenk, dem Dinosaurier Dippy, ist auf so niedliche Art und Weise gezeichnet, dass man dem Autor seine Stereotypen verzeiht. Hinzu kommen die comic-ähnlichen Zeichnungen Steffen Bucherts, die dieses Buch lesens- und anschauenswert machen.

Jakob muss Dippy vor Bobby Blender, einem sympathiesüchtigen Premierminister, und seiner rechten Hand Professor Wacko Kilowatt beschützen. Ihrer Meinung nach gleiche der Dinosaurier mit seiner Körperfülle einem monströsen Drachen, vor dem Kanada zu schützen sei. Der Leser weiß es besser. Dippy ist ein liebenswertes, sprechendes Urgestein unserer Evolutionsgeschichte und nicht im entferntesten bösartig. Und spätestens bei der Vorstellung, dass der kleine Junge und der große Dinosaurier irgendwo in Kanada auf der Flucht sind und ihr Lieblingslied "In einer kleinen Konditorei" anstimmen, schließt man die beiden ins Herz.

Titelbild

Mordecai Richler: Jakob Zweizwei in Gefahr. Aus d. Engl. v. Kaiser, Reinhard.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 1998.
128 Seiten, 5,10 EUR.
ISBN-10: 3596801788

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Titelbild

Mordecai Richler: Ein Geschenk für Jakob Zweizwei. Aus d. Engl. v. Kaiser, Reinhard.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 1999.
136 Seiten, 5,10 EUR.
ISBN-10: 3596801796

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