Auf der Suche nach Paula, Nadja und "den Anderen"

Texte über das Bild der Frauen in den Medien

Von Ulrike KaiserRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ulrike Kaiser

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine bunte Mischung verschiedener Texte findet sich in dem Buch "Frauen-Bilder in den Medien". Sie handeln von Schriftstellerinnen, Filmemacherinnen und Künstlerinnen der Vergangenheit und Gegenwart. Meist fanden sie weder in der Wissenschaft noch in den Medien Beachtung, und zwar "infolge mehr oder weniger subtiler Benachteiligung von Frauen auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit". Diese Künstlerinnen galten immer als Einzelgängerinnen und Störenfriedinnen der etablierten Ordnung, eben als "die Anderen".

Außerdem beschäftigen sich die Texte mit den Frauen-Bildern, die in Literatur, Film und Fernsehen vermittelt werden und die aus einem männlichen Blickwinkel heraus entstanden sind. Dabei kommen die Texte aus den verschiedensten Bereichen der Medienpraxis und der Wissenschaft.

Was will dieses Buch? Sollen gängige Frauenbilder aufgedeckt und hinterfragt werden? Will man die Werke nicht beachteter und längst vergessener Künstlerinnen abstauben, um ihnen doch noch die gebührende Anerkennung zukommen zu lassen? Oder sollen diese Künstlerinnen selbst zum Gegenstand der Betrachtung werden? Eben weil die Texte aus so unterschiedlichen Bereichen stammen, kann man all diese Ansätze finden.

Im ersten Beitrag "Virtuelle Triebe - der Einfluss der neuen Medien auf die natürliche Ordnung der Geschlechter" werden Frauenbilder, die durch Fotografie und Film vermittelt werden, unter die Lupe genommen. Am Beispiel von Bretons "Nadja" als Figur der Heiligen und Hure und des DEFA-Kultfilms "Die Legende von Paul und Paula" werden Aspekte der feministischen Kritik an gängigen Frauenbildern aufgegriffen. Die kindliche Figur der Paula mit ihrer kompromisslosen Lebensenergie wird hinterfragt und erscheint als Fazit der Betrachtung, entgegen der meisten bisherigen Interpretationen, als patriarchales Bild, in dem die Protagonistin Natur, Emotionalität und Irrationalität verkörpert.

Im Großteil der anderen Texte begeben sich die Autorinnen auf die Suche nach Künstlerinnen, die sich eben nicht in das Bilderbuch "Frau" hineinpressen ließen, die jenseits der vorgegebenen Rollen als "Hausfrau und Mutter" oder "femme fatale" nach Ausdrucksformen suchten, um die Welt so zu zeigen, wie sie sie sahen. Dabei kommen Autorinnen wie Friederike von Winterlitz-Zweig oder Angela Carter, Filmemacherinnen wie Alice Guy oder Helke Sander und Künstlerinnen wie Sofonisba Anguisola oder Rebecca Horn zur Sprache. Namen die sie noch nie gehört haben? Eben.

Doch zwischen diesen spannenden und sehr lesenswerten Texten finden sich immer wieder Beiträge, die verwirren. Wer hätte gedacht, dass sich die Frage nach der "Inszenierung der Geschlechter in der Fernsehfiktion" auf ganzen zwei Seiten abhandeln lässt? Wer kann ahnen, dass sich hinter dem vielsagenden Titel "Das Frauenbild in den Medien" Werbung für das Magazin "Frauensache" des Bayerischen Rundfunks verbirgt? Und warum wird in dem Beitrag "Frauen-Arbeit in vernetzten multi-medialen Räumen" am Beispiel der Pflegearbeit im Krankenhaus die althergebrachte Ansicht, Pflegeberuf sei gleich Frauenberuf, eher bestätigt als hinterfragt? Ohnehin schwirren neudeutsche Zauberwörter wie "virtuell", "multi-medial" oder "vernetzt" und natürlich unausweichlich "Medien" durch dieses Buch ohne rechten Halt zu finden. Kann man denn "die" Medien auf 210 Seiten ausführlich abhandeln? Sollte man diesen Bereich nicht von vornherein einschränken, um sich nicht darin zu verlieren? Ich jedenfalls habe bei dem Titel "Frauen-Bilder in den Medien" vergeblich auf Gedanken zu Internet, Privatfernsehen oder Werbung gewartet. Nicht die Auswahl der besprochenen Medienbereiche ist mir dabei aufgestoßen, sondern der Titel für diese Auswahl.

Titelbild

Heidrun Baumann: Frauen-Bilder in den Medien. Zur Rezeption von Geschlechterdifferenzen.
Daedalus Verlag, Münster 2000.
211 Seiten, 19,40 EUR.
ISBN-10: 3891260733

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