Prächtig und Ausufernd

Über Salman Rushdies Roman "The Enchantress of Florence"

Von Angela KrewaniRSS-Newsfeed neuer Artikel von Angela Krewani

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Klappentext und Titel von Salman Rushdies Roman verweisen auf die "Zauberin von Florenz", anscheinend einer Frauenfigur, die maßgeblich die Handlung des Textes bestimmt. Bevor diese jedoch auftreten kann, verliert sich Rushdie in mäanderenden Erzählsträngen und minutiösen Details. Zu Beginn treffen wir auf einen jungen, blonden Italiener, dem es gegen Ende des 15. Jahrhunderts nach einigen Abenteuern auf See tatsächlich gelang, das sagenhafte Moghul-Königreich des Kaisers Akbar und seine goldene Stadt Fatehpur Sikri zu erreichen. Schnell katapultiert sich der blonde Fremde in die Gunst und den engsten Zirkel um den Kaiser, der sich an den Geschichten aus der sagenhaften Stadt Florenz erfreut. Die kontrastierenden Städte stehen für ein differentes Verhältnis zur Realität. In der orientalischen Stadt des Kaisers sind die Grenzen zwischen Realität und Wunsch fließend, es gibt keine absoluten Garanten von Wirklichkeit. Großartig führt Rushdie das in einer Sequenz vor, in der Akbars Mutter und seine Schwester Akbars imaginäre andere Ehefrau Jodha besuchen und - paradoxerweise - deren Existenz in dem großen, leeren Raum zu spüren beginnen.

Jedoch belässt es Rushdie nicht bei dem Klischee von Rationalität und Mystik in Okzident und Orient. Die Berichte aus dem durch Bürgerkriege gebeutelten Florenz, das sich gerade für eine kurze Zeit aus den Fängen der Kirche und der Medicis befreit hatte und unter Niccolo Machiavelli zur Republik geworden war. Gerade dieses Florenz ist ein Ort des religiösen Fanatismus und kirchengeleiteter Irrationalität, dem steht die Stadt Akbars, des Zweiflers, gegenüber, dem sowohl seine eigene Autorität wie auch die Festigkeit im Glauben zu schwinden scheinen. Fasziniert von der Geschichte einer jungen, legendär schönen Frau und ihrer Gefährtin, die eine abenteuerliche Reise in den Westen unternehmen und schließlich als Attraktionen von Florenz auch hier königliche Gastfreundschaft antreffen, lässt der sagenumwobene Herrscher seinen Imaginationen freien Lauf und fantasiert sich die Zauberin in seinen Palast.

Bleibt zu fragen, was Salman Rushdie erzählt. Sicherlich präsentiert er eine Geschichte der Agnostiker sowohl in Ost in als auch West, er berichtet ebenso von der männlichen Faszination an Weiblichkeit wie auch von weiblicher Stärke, diese zu instrumentalisieren. Am Schluss bleibt etwas Ratlosigkeit ob dieser prächtig und ausufernd erzählten Geschichte zurück, die auf so eigenartige Weise sich selbst verloren zu haben scheint.


Titelbild

Salman Rushdie: The Enchantress of Florence. A Novel.
Random House, New York 2008.
368 Seiten,
ISBN-13: 9780375504334

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