Türkische Soapopera

Elif Shafaks Roman "Der Bonbonpalast" enttäuscht

Von Hans Peter RoentgenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hans Peter Roentgen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Auf einem alten Friedhof baut ein Exilrusse ein großes Haus für seine Frau, den Bonbonpalast. Beide sind jetzt tot. Elif Shafak erzählt uns aus dem Leben der Bewohner des zum Mietshaus umfunktionierten Gebäude: Die beiden Brüder im Erdgeschoss betreiben einen Friseursalon, im Keller wohnt ein verkrachter Student mit Hund und die Stockwerke weiter oben beherbergen ein buntes Panoptikum unterschiedlichster Bewohner, unterschiedlichster Lebensstile und Ansichten. Von Modern bis Traditionell, manchmal in der gleichen Person vereint, und alle haben ihre Sorgen, ihre Geheimnisse und auch ihre Verbindungen untereinander. Auf dem Bürgersteig vor dem Haus türmt sich der Müll, den die Nachbarn hier abladen, auch wenn die Bewohner das immer wieder zu verhindern versuchen.

Shafak hat ein Buch über das Istanbuler Leben geschrieben, ein Panoptikum aus der pulsierenden Megapolis am goldenen Horn, aber es ist der Autorin nicht recht gelungen. Sie kann schreiben, kein Zweifel, vieles ist interessant, oft witzig, gut formuliert, aber der Funke springt nicht über und ab der Hälfte des Buches erlahmt das Interesse, so dass man sich zwingen muss, weiter zu lesen. Es hat sich nicht gelohnt.

Schon der Müll vor dem Haus ist weit hergeholt, die Schilderungen der einzelnen Personen ufern ebenfalls immer weiter aus und so bleibt leider nur zu sagen: Ein blasses Buch, geschrieben von einer Autorin, die ganz zweifelsohne zu den besten türkischen Autoren gehört, hier aber keinen roten Faden gefunden hat. Die Qualität ihres Buches "Der Bastard von Istanbul" erreicht dieser Roman bei Weitem nicht.


Titelbild

Elif Shafak: Der Bonbonpalast. Roman.
Übersetzt aus dem Türkischen von Eric Czotscher.
Eichborn Verlag, Frankfurt a. M. 2008.
470 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783821858067

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch