Einer der wichtigsten Literaturkritiker Deutschlands

Zum Tod von Jörg Drews

Von Jan SüselbeckRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jan Süselbeck

Jörg Drews starb diese Woche im Alter von 70 Jahren an Herzversagen. In einer Festschrift, die Sabine Kyora, Axel Dunker und Dirk Sangmeister 2004 zu Ehren des damals an der Universität Bielefeld gerade emeritierten und bisher in Deutschland immer noch einzigen Professors für "Literaturkritik und Literatur des 20. Jahrhunderts" herausgaben, wird er als ein "in Berlin geborener, in München sich heimisch fühlender, dabei in Bielefeld lebender, aber immer in Bewegung befindlicher und dadurch allgegenwärtiger Literaturwissenschaftler und Kritiker" vorgestellt.

In der Tat war Drews nicht nur einer der wichtigsten Literaturkritiker Deutschlands, sondern zugleich auch ein Wissenschaftler, der immer wieder über die Bedingungen und Hintergründe des eigenen Tuns geforscht und öffentlich nachgedacht hat. Er verfasste und publizierte Hunderte von Kritiken, Essays, Aufsätzen und Artikeln vor allem zur Literatur des 18. und 20. Jahrhunderts, und er war ein umtriebiger Herausgeber.

Als langjähriger Redakteur der "Süddeutschen Zeitung" war Drews, der auch seit seiner Berufung auf die Bielefelder Professur im Jahr 1973 regelmäßig weiter als Journalist in Erscheinung trat, nicht zuletzt ein profilierter Kenner der Gegenwartsliteratur. In der Münchner Redaktion soll er, so kolportiert es zumindest Herbert Achternbusch in seinem Drews gewidmeten Text "Wenn einer Professor wird", dadurch aufgefallen sein, dass er gerne "Rotebeeteheringssalat" aß, während er seine Füße auf dem Schreibtisch hochlegte: "Ein störrischer Esel wird man nur, wenn man zu viel leisten muß, ein fauler ist locker." (Achternbusch)

Unter den Schriftstellern, die Drews zeitlebens am meisten beschäftigten, sind vor allem Johann Gottfried Seume, Johann Wolfgang Goethe, James Joyce, Ernst Jandl, Werner Kraft, Walter Kempowski, Paul Wühr und - last but not least - Arno Schmidt zu nennen. Um die literaturwissenschaftliche Rezeption Schmidts machte sich sein langjähriger enger Freund Drews besonders durch ihre eher untypische Inaugurierung bei einem Besäufnis im abgelegenen Bargfelder Gasthof Bangemann verdient, aus der schließlich die bis heute wichtige und bis zu seinem Tod von ihm herausgegebene Zeitschrift "Bargfelder Bote" hervorging.

Anstatt eines Nachrufs versammelt literaturkritik.de einige Stimmen ehemaliger KollegInnen, MitarbeiterInnen und Studierender von Drews, der nicht zuletzt auch Autor unserer Zeitschrift war.