Von sprechenden Tieren und depressiven Mittzwanzigern

Über Tao Lins Roman "Gute Laune", der eigentlich "Eeeee Eee Eeee" heißt

Von Susan MahmodyRSS-Newsfeed neuer Artikel von Susan Mahmody

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gute Laune kann man ab jetzt kaufen. Ob Tao Lins Debüt der richtige Roman dazu ist, darf allerdings bezweifelt werden. Der Protagonist aus Lins "Gute Laune" ist der junge Andrew, ein Mittzwanziger aus Orlando, Florida, und wie geboren zum Antihelden. Andrew hasst die Welt, ist depressiv, lethargisch, gelangweilt, permanent schlecht gelaunt und zynisch. Die Welt wiederum begegnet ihm mit Desinteresse, zeitweilig auch mit Antipathie. Am College hält er es nicht lange aus, weshalb er seinen Lebensmittelpunkt schnell wieder von New York nach Orlando verlegt, wo er sich seinen Lebensunterhalt als Pizzabote für Domino's verdient. Sein Herz hat Andrew jedoch in New York gelassen, bei Sara, einem Mädchen, mit dem er ein einziges Date hatte und das er seitdem nie wieder gesehen hat. Wenn Andrew keine Pizzen ausliefert, trifft er sich mit seinen Freunden Steve, Mark und Michael und sie philosophieren über den Sinn des Lebens. Beliebte Gesprächsthemen sind auch Selbstmord und Amoklauf, die in unterschiedlichen Varianten gedanklich durchgespielt werden.

Lin skizziert in seinem Debütroman die Generation der Mittzwanziger, die der Jugend längst entwachsen, jedoch noch nicht in der Erwachsenenwelt angekommen sind. Eine Generation, die (noch?) nicht weiß, was sie will, wohin sie mit ihrem Leben möchte, die jeden Tag so lebt, wie er kommt. Die Geschichte des Romans lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen, denn inhaltlich passiert eigentlich nichts. Das alles beherrschende Thema scheint "Depression" zu sein: Andrew, sein Freund Steve, dessen Schwester Ellen, die Bedienung im Fast Food-Restaurant, die Kassiererin im Supermarkt - alle sind deprimiert und suchen einen Ausweg aus dem Alltagstrott. Und dann wären da noch ein sprechender Bär, Elch, Delphin und Hamster, die ebenso depressiv sind und vielfach mit Andrew über ihre Vernichtungspläne von Elijah Wood und Sean Penn sinnieren. Einziger Lichtblick in Andrews Leben ist der Gedanke an Sara, die er zu gerne wiedersehen würde.

Genau in dieser scheinbaren Leere des Geschehens liegt aber auch die Stärke des Romans. In Andrews Gesprächen mit den Tieren wird deutlich, welche Auswirkungen Depressionen haben und wie weit sie einen führen können. Die Trostlosigkeit des modernen Lebens im 21. Jahrhundert, geprägt von Konsum, Kapitalismus, Korruption, Dynamik, Hektik und Informationsüberfluss wird schonungslos vor Augen geführt, ohne dass diese direkt für die depressive Stimmung verantwortlich gemacht wird. Die Unfähigkeit, die eigenen Gefühle in Worte zu fassen, wird in der Figur des Protagonisten Andrew abgebildet. Dieser flüchtet sich in Schilderungen über die Vergangenheit, um seinen aktuellen Gefühlszustand überhaupt irgendwie erklären zu können.

Lin präsentiert einen unkomplizierten Roman, der ebenso abrupt endet wie er begonnen hat. Der Autor hält sich nicht lange an einer Stelle auf, sondern springt von Szene zu Szene, ohne auf logisch nachvollziehbare Zusammenhänge zu achten. Der simple, sich an der jugendlichen Umgangssprache orientierende Erzählton mit seinen kurzen, bündigen Sätzen und schnell aufeinanderfolgenden Dialogen macht "Gute Laune" zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Bleibt nur noch die Frage, wieso für die deutsche Übersetzung ein neuer Titel erfunden wurde, anstatt den englischen Originaltitel "Eeeee Eee Eeee" (das Geräusch, das die Delphine machen) zu übernehmen.


Titelbild

Tao Lin: Gute Laune. Roman.
Übersetzt aus dem Englischen von Stephan Kleiner.
DuMont Buchverlag, Köln 2009.
158 Seiten, 14,95 EUR.
ISBN-13: 9783832180997

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