Sterben vorprogrammiert

Glyn Maxwells Roman „Das Mädchen, das sterben sollte“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Seht ihr die blöde Kuh da Drinnen im Bett? Sie hat gerade auf Elvis geschissen.“ Das wäre ein guter erster Satz, ist es aber in diesem Fall nicht. Eine junge Frau geht zu einer Wahrsagerin. Ohne Grund. Vielleicht. Die Wahrsagerin sagt ihr: Du wirst berühmt, Du wirst reich, Du wirst eine Reise über Wasser und Land machen, Du wirst einen dunklen Fremden treffen und „Nein“ zu ihm sagen und dann wirst du „Ja“ zu ihm sagen. Am folgenden Tag wirst Du sterben. Die Frau scheint anfangs die Vorhersagen zu ignorieren, aber die Ereignisse treten – wenn auch manchmal etwas an den Haaren herbeigezogen – scheinbar ein. Dabei ist nicht ganz klar, ob die wahr werdenden Prophezeiungen der Wirklichkeit entsprechen oder von der Protagonistin nur imaginiert werden. Hierbei sind die Übergänge fließend, was sich letztendlich als geschickter Kunstgriff des Autors erweist.

Anfangs ist es für den Leser eine abstruse Geschichte. Aber der Roman entwickelt mit fortschreitendem Lesevergnügen einen eigenen Rhythmus, der vor allem durch die durchgehende Dialogform erzeugt wird. Schließlich ist es ein intelligenter Text über Orientierungslosigkeit, Sinnsuche, über die Schwierigkeit sich allein zurechtzufinden und eine eigene Wertematrix zu entwickeln. Das dabei auch manchmal ein wenig Humor und Ironie durchscheint, ist für die Geschichte nur von Vorteil. Ein guter Satz schließt den Roman: „Ich stehe im Telefonbuch, falls du je, also falls du je wen brauchst, der dir sagt, wo’s langgeht.“

Titelbild

Glyn Maxwell: Das Mädchen, das sterben sollte. Roman.
Übersetzt aus dem Englischen von Martina Tichy.
Verlag Antje Kunstmann, München 2009.
456 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783888975516

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