Hoher Gebrauchswert

Volker Frederkings, Axel Krommers und Klaus Maiwalds Einführung in die Mediendidaktik als „dritter Säule“ der Deutschdidaktik

Von Torsten MergenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Torsten Mergen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Befund wirkt alarmierend: Bei der Nutzung des Computers durch 15-Jährige im Unterricht liegt Deutschland hinter Russland und (knapp) vor Mexiko und Brasilien auf dem drittletzten Platz – so die Auswertung von OECD-Zahlen, die von Volker Frederking, Axel Krommer und Klaus Maiwald ausführlich in ihrem neuen Einführungswerk zitiert werden. Dem gegenüber stellen sie die private Verfügbarkeit und tägliche Nutzung von Computern durch 15-Jährige heraus, worin Deutschland jeweils in der Spitzengruppe rangiere. Die Wertung der Autoren ist eindeutig, denn die sich darin manifestierende Technik- bzw. PC-Skepsis der Deutschlehrer/Innen stehe in diametralem Widerspruch zu den Mediennutzungsgewohnheiten der Schüler/Innen.

Diese gesellschaftliche Erscheinung aufgreifen und didaktisch reflektieren will der vorliegende Einführungsband, welcher in der Reihe „Grundlagen der Germanistik“ des Berliner Erich Schmidt Verlages, herausgegeben von Detlef Kremer, Ulrich Schmitz, Martina Wagner-Egelhaaf und Klaus-Peter Wegera, als Band 44 erschienen ist und vom Layout und Stil den Vorläuferbänden in nichts nachsteht.

Die in neun Kapitel gegliederte und um ein Sachregister sowie ein obligatorisches Literaturverzeichnis ergänzte Darstellung benennt einführend, wen sie als Leser anvisiert: Studierende, Referendare und Lehrer sowie all jene, „die sich in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern aus deutschdidaktischer Perspektive mit Medien auseinandersetzen“.

Dieser Zielgruppe offeriert sie, angereichert durch fast siebzig Abbildungen und Tabellen, zunächst diverse theoretische Überlegungen zur terminologischen Basis des Begriffs „Medium“. In Abgrenzung und Negierung der medienwissenschaftlichen Definition, die darunter ein „institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal von spezifischem Leistungsvermögen mit gesellschaftlicher Dominanz“ verstehe, betrachten die Verfasser den Terminus primär funktional. Bei ihrer Präzisierung rekurrieren sie auf die Funktionen des „Mediums“: Nach Musterung gängiger Modelle von Claude E. Shannon, Herbert Marshall McLuhan, Harry Pross, Mike Sandbothe und Siegfried Schmidt gelangen sie zu einem integrativen Medienbegriff. Dieser basiert auf kommunikationsorientierten, technikgeschichtlichen sowie kulturgeschichtlichen Elementen. Anhand von mediengeschichtlichen Paradigmenwechseln zeigen die Autoren die Abfolge einer oralen, einer literalen sowie akustisch-visuellen Mediendominanz, welche nun in die multimediale Phase eingetreten sei.

Diese Wandlungsprozesse stellen immer wieder neu die Frage nach dem Verhältnis der Menschen zu den Medien. Dies führt die Autoren in das Terrain der Medienpädagogik, das exemplarisch an drei medienerzieherischen Positionen rekapituliert wird: medienkritische Äußerungen Neil Postmans, medienaffine Statements Dieter Baackes und vermittelnde Äußerungen Dieter Spanhels.

Mediendidaktik als neue Disziplin der Deutschdidaktik hingegen behandle „nicht nur Fragen der fachspezifischen Mediennutzung, sondern auch der fachspezifischen Medienerziehung.“ Dies lasse sich sowohl durch Verweis auf die Medialität von Sprache und Literatur begründen als auch durch einen Blick auf die fachspezifischen Auswirkungen der Mediensozialisation, vor allem mit gravierenden Folgen für Motivation, Identitätsbildung sowie Sprachkompetenzen.

Der Schwerpunkt der Arbeit von Frederking, Krommer und Maiwald – immerhin 170 Seiten in vier Kapiteln – liegt auf einer präzisen Definition, der sachanalytischen Klärung und didaktisch-methodischen Auseinandersetzung mit akustisch-auditiven, visuellen, audiovisuellen Medien und den neuen Symmedien Computer und Internet. Diese mediendidaktischen Handlungsfelder bestimmen jeweils die gegenwärtigen Potenziale der entsprechenden Medien im Deutschunterricht. Exemplarisch seien einige Themenfelder vorgestellt, zu denen die Autoren Unterrichtsanregungen und sogar vollständige Unterrichtsentwürfe vorlegen: Radio und Hörbücher, Lyrik auditiv, Fotografie, Comics und Bildgeschichten, Filme, Werbespots, Fernsehserien sowie Hypertexte werden spezifisch analysiert und mit diversen Anregungen für Lehrkräfte präsentiert.

In diesem Kontext plädieren die drei Verfasser für den stärkeren Einsatz der neuen Symmedien Computer und Internet als Integration aller medialen Optionen in digitaler Form. Folglich seien sie „aus deutschdidaktischer Sicht besonders wertvoll, weil sie durch ihre interaktiven und synästhetischen Qualitäten Lese- und Schreib- und Kommunikationsprozesse signifikant verändern.“

Zusammenfassend handelt es sich bei der Darstellung der drei süddeutschen Didaktiker um eine souveräne und sachlich überzeugende Einführung in die Mediendidaktik. Es gelingt auf 319 Seiten in konziser Darstellung, einen Eindruck von einer didaktisch versierten Methodik im Umgang mit dem Komplex „Medien“ zu vermitteln. Daher kommt dem Einführungswerk für den angegebenen Adressatenkreis ein hoher Gebrauchswert zu, welcher sich bei Vorbereitungen auf Studienprüfungen, der Entwicklung von Unterrichtsentwürfen und generell für den Deutschunterricht erweisen wird.

Titelbild

Volker Frederking / Axel Krommer / Klaus Maiwald: Mediendidaktik Deutsch. Eine Einführung.
Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008.
320 Seiten, 17,80 EUR.
ISBN-13: 9783503098224

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