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Nick Brownlees Kenia-Krimi „Mord in Mombasa“ zeigt, wie man sich aus der Korruptionsfalle befreit

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dass der afrikanische Kontinent nicht nur eines der Sorgenkinder der internationalen Politik und Wirtschaft ist, steht dem nicht entgegen, dass Afrika zugleich auch als Hinterhof der Industriestaaten angesehen wird, den man ohne Zögern und Rücksicht ausbeuten und in dem man eben auch seine gar nicht mehr so guten Seiten zeigen darf. Die Konsequenzen sind Armut, Korruption, Gewalt und eine Abwärtsspirale, die durch nichts aufgehalten werden kann. So scheint es wenigstens.

Die Selbstheilungskräfte des Kontinents, aber auch die Schuld, die eben nicht zuletzt die Industriestaaten an dem Desaster Afrika tragen, werden immer wieder beschworen. Und Nick Brownlee hat daraus ein sogar einigermaßen spannend zu lesendes Kriminallehrstück gebastelt. Korruption bekämpft man, indem man nicht korrupt ist. Gewalt, indem man die Korruption bekämpft. Rechtsverhältnisse führt man ein, indem man dem Recht Geltung verschafft, was sowieso ein hohes Gut ist, spätestens seitdem in den Medienerzählungen der Industriegesellschaften das Rechtssystem abgeschafft werden soll, indem sie es in Namen der Gerechtigkeit außer Kraft gesetzt wird.

Aber soweit sind wir im fiktionalen Afrika Brownlees noch nicht. Hier herrschen noch Gewalt und Korruption in einem Maße, dass es keinen Unterschied macht, ob jemand einen Fisch oder einen Menschen ausnimmt, solange dafür hinreichend viel bezahlt wird.

Und damit beginnt Brownlees „Mord in Mombasa“: Auf einem Boot, das für Angelausflüge benutzt wird, wird ein Weißer von einem Afrikaner umgebracht, im Auftrag eines anderen Weißen, der offensichtlich eine Rechnung mit dem Opfer offen hat. Aber auch der junge Schwarze überlebt sein Opfer nicht lange, wird er doch von seinem Auftraggeber samt Opfer in die Luft gesprengt.

Die Geschichte könnte damit schon aufhören, denn die Behörden erklären die Bootsexplosion nach kurzen, eher oberflächlichen Ermittlungen zum Unfall. Die Akte soll geschlossen werden, und würde es, wenn es nicht einen Polizisten gäbe, der seine Arbeit ernst nimmt. Daniel Jouma schöpft Verdacht und nimmt seine Suche auf. Dabei wird er von dem aus England zugewanderten ehemaligen Polizisten Jake Moore unterstützt, der sich mittlerweile – eher schlecht als recht – sein Geld als Bootsverleiher und Ausflugskipper verdient. Die Tochter des geschlachteten Opfers schließt sich den beiden an, und das so gebildete Ermittlungsteam kommt einem groß angelegten Handel mit jungen Mädchen auf die Spur, dessen Betreiber eben nicht nur in Afrika zu suchen sind, sondern auch in den USA und Europa. Afrika liefert die „Rohstoffe“, die Industrieländer nehmen sie ab und verbrauchen sie.

Das kriminelle Netzwerk hat die gesamte Küste Kenias am Indischen Ozean im Griff. Bestechungsgelder und die notwendigen Drohungen lassen die Geschäfte ungestört verlaufen – solange bis Jouma und Moore als entscheidende Störfaktoren dazu kommen. Sobald sie die Ermittlungen aufnehmen, zerreißt das Netzwerk und liefert die darin Verwickelten nach und nach der gerechten Strafe aus.

Dass sich auch die Vorgesetzten Joumas unter den korrupten Polizisten befinden, macht dabei dessen Arbeit nicht ungefährlicher. Das Ganze eskaliert schließlich, als der amerikanische Hintermann des internationalen Mädchenhandels nach Kenia kommt, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen – was, wie man sich denken kann, am Ende vor allem zu seinem eigenen Tod führen wird. Das Recht und in diesem Fall auch die Gerechtigkeit siegen.

Das aber ist vielleicht der einzige Vorwurf, den man Bronwlee machen kann, denn Recht und Gerechtigkeit siegen vielleicht etwas zu schnell und reibungslos. Denn es braucht nur einen renitenten schwarzen Polizisten und einen weißen Ex-Bullen, um das anscheinend schon Jahre funktionierende System zu zerstören. Ganoven bringen Ganoven um, um dann von ihren ehemaligen Kumpanen umgebracht zu werden. Beweise finden sich ohne weiteres und werden keineswegs schnell zur Seite gebracht. Ersatzleute für die Verluste auf der Ganovenseite werden angeheuert, ohne dass sie groß ausprobiert werden – und dabei hätte man sich denken können, dass es nicht genügt, jemanden finanziell unter Druck zu setzen, damit er dann alles, eben alles tut. Schwache Genossen nennt man solche Leute.

Und so geht dann am Ende alles seinen guten Gang, sogar das finanziell angeschlagene Unternehmen Jakes erhält eine neue Investorin – wer das wohl sein soll? Und die Bösen bekommen ihre gerechte Strafe. So soll es sein.

Titelbild

Nick Brownlee: Mord in Mombasa. Thriller.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Wibke Kuhn.
Droemersche Verlagsanstalt, München 2009.
395 Seiten, 8,95 EUR.
ISBN-13: 9783426503263

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