Pfade durch das digitale Labyrinth

Dieter E. Zimmers neuestes Buch über unser Computerzeitalter

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gegenwärtig vollzieht sich in der Schrift der vielleicht tiefste Umbruch seit der Erfindung des Buchdrucks: Der Wechsel vom Papier in das Netz der Netze, ins Internet. Welche Gefahren, vor allem aber auch welche Möglichkeiten sich damit auftun, untersucht Dieter E. Zimmer in seinem Buch "Die Bibliothek der Zukunft". Der 66-jährige Journalist, der auf eine langjährige Berufserfahrung als Redakteur der Wochenzeitung "Die Zeit" zurückblicken kann und sich seit den achtziger Jahren mit Computern und ihren Tücken beschäftigt, beschreibt präzise die Stärken und Schwächen dieser Lese- und Schreibwerkzeuge.

Dabei geht Zimmer davon aus, dass sich die Medien ergänzen werden, dass Buch und digitaler Text parallel nebeneinander existieren werden. Er begründet dies damit, dass es viel zuviel Zeit und Aufwand erfordere, alle Bücher, die bis heute gedruckt wurden, zu digitalisieren. Wichtiger ist ihm der vernünftige Umgang mit Computern: Als Suchmaschinen, die weltweit Bücher finden, als Hilfswerkzeuge in den publizierten Textfluten.

Ziemlich genau die erste Hälfte des Buches ist allgemeinen Fragestellungen gewidmet und verschafft einen Überblick über größere Zusammenhänge. Der zweite Teil beschäftigt sich in kurzen Artikeln mit ausgewählten Einzelfragen, etwa mit Schriften und Fonts oder dem Gebrauch des OPAC. Dabei geht er vom Allgemeinen ins Besondere und macht es den weniger erfahrenen Lesern leicht, den Überblick zu bewahren. Eine Literatur- und eine Linkliste ergänzen das Buch.

Wiederholt zeigt Zimmer die Versuche des Menschen auf, Bücher immer und überall verfügbar zu halten. Daraus erklären sich auch die Vorteile der digitalen Bibliothek, also einer Bibliothek, in der Bücher textuell erfasst und zu jeder Zeit abrufbar sind: sie ist leicht verfügbar, von jedem Ort der Welt abrufbar, spart Platz und ist leicht aufzufinden. Dass die westlichen Länder freilich noch nicht so weit sind und hier noch Nachholbedarf besteht, stellt Zimmer im gleichen Atemzug klar.

Ohne jede Hauruck-Euphorie gibt das Buch viele konkrete Antworten und Fallbeispiele; präzise und kenntnisreich werden Wissen und komplexe Sachverhalte allgemeinverständlich vermittelt. Geschichtliche Fakten fließen dabei nebenher ein. Beruhigend unaufgeregt bezieht das Buch seinen Humor aus dem tagtäglichen Umgang mit dem Computer, beispielsweise wenn statt "Grüße" am anderen Ende der Welt "GRüße" ankommen, "reines ASCII", die Sprache des Computers. Trotz der heiklen Zukunftsthematik bleibt das Buch immer undogmatisch.

Probleme und ungelöste Fragen zeigt Dieter E. Zimmer auf, Patentlösungen kann und will er nicht geben. Bleibt nur noch eine Frage: Wann stellt der Journalist sein Buch ins Netz?

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Dieter E. Zimmer: Die Bibliothek der Zukunft. 300 Seiten Klappenbroschüre.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2000.
330 Seiten,

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