Der Sounderfinder

Zu Gerd Naumanns Monografie über Peter Thomas, den Großmeister der deutschen Filmmusik

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der 1925 in Breslau geborene und in Berlin aufgewachsene Peter Thomas steht im Zentrum der Monografie des Kulturwissenschaftlers Gerd Naumann. Bekannt ist Peter Thomas durch seine Film- und Fernsehmusik. Zu den berühmtesten Kompositionen zählen die Soundtracks zu Edgar Wallace Filmen wie „Der Zinker“ und „Der Hexer“, zu Kinoerfolgen wie „Winnetou und sein Freund Old Firehand“, „Bruce Lee – Die Todesfaust des Cheng Li“ und „Unser Willi ist der Beste“.

Im Fernsehen konnte man seine Musik in zahlreichen Folgen von „Derrick“ und „Der Kommissar“ hören. International bekannt geworden ist er mit den Spacesounds zu der Fernsehserie „Raumpatrouille Orion“. Grundlage für eine Karriere im Schatten der Filmindustrie war eine solide Ausbildung und ein Abschluss in den Fächern Dirigieren, Tonsatz, Kontrapunkt und Blasmusik. Die Kombination von professionellem musikalischem Hintergrund mit den aktuellen amerikanischen Hits der 1950er- und 1960er-Jahre bilden den Hintergrund vor dem Peter Thomas bis in die Gegenwart hinein seine Musik schreibt und seine Sounds erfindet. Naumann versucht in der Monografie parallel zu den biografischen Stationen des Protagonisten eine kleine Kulturgeschichte der Bundesrepublik zu schreiben, die die Entwicklungen der Unterhaltungs- und Medienindustrie nach 1945 in der aufstrebenden Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt. Peter Thomas‘ Laufbahn wird sozusagen zu einem Paradigma des Erfolges.

Naumann macht aus der Monografie erfreulicherweise keinen langweiligen chronologischen Abriss, sondern versucht die Wechselwirkung zwischen Filmbranche, Peter Thomas, Entwicklung der Bundesrepublik und musikalischen „Visionen“ einzufangen. Dies gelingt vorzüglich und man kann darüber hinaus noch unzählige Entdeckungen in dem beigegebenen Literaturverzeichnis und der detaillierten Filmografie machen. Naumanns Ausführungen zu Peter Thomas kann man auch in den Linernotes zweier gerade erschienener CDs nachlesen, dem Soundtrack zu den beiden Aufklärungsfilmen „Die vollkommene Ehe“ und „Das Leben zu zweit“ (2009) und einer Kompilation von Filmmusik aus den Jerry-Cotton-Filmen der 1960er-Jahre (2010). In der Monografie hat Naumann auf zahlreiche Interviews zurückgreifen können, die er mit Freunden und Kollegen von Peter Thomas geführt hat, darunter unter anderem Gunter Sachs, Martin Böttcher und Olaf Kübler. Den Höhepunkt des Buches bildet aber ohne Zweifel eine beigegebene CD, auf der Peter Thomas selbst zu Wort kommt und die einen Querschnitt durch die Soundgalaxie des Meisters enthält. Als besondere Zugabe wird der Hörer von Peter Thomas durch die Zusammenstellung begleitet. Er kommentiert und erklärt Musik und Entstehungsumstände unterhaltsam und humorig. Eine bessere Einführung kann man sich kaum vorstellen.

Monografie und beigelegter Tonträger ergeben zusammen einen hervorragenden Eindruck in eine mittlerweile fünfzigjährige Schaffenszeit, die an Kreativität und Innovation so einiges zu bieten hat. Diese Monografie wird berechtigterweise für lange Zeit das Standardwerk zu „Peter Thomas“ und seinem „Soundorchester“ bleiben.

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Gerd Naumann (Hg.): Der Filmkomponist Peter Thomas. Von Edgar Wallace und Jerry Cotton zur Raumpatrouille Orion.
ibidem-Verlag, Stuttgart 2009.
253 Seiten, 29,90 EUR.
ISBN-13: 9783838200033

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