Blick in die Seele des Jounalismus

Siegfried Weischenberg, Maja Malik und Armin Scholl zeichnen in ihrer Studie „Die Souffleure der Mediengesellschaft“ ein präzises Bild deutscher Journalisten

Von Philipp GehringRSS-Newsfeed neuer Artikel von Philipp Gehring

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Spagat zwischen einem wissenschaftlichen und einem journalistischen Ansatz erweist sich mitunter als äußerst schwierig. Siegfried Weischenberg, Maja Malik und Armin Scholl gehen in ihrer Studie „Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten in Deutschland“ sogar noch einen Schritt weiter: Sie berichten aus wissenschaftlicher Perspektive über die Praxis der deutschen Journalisten. Das ist ein kühnes Unterfangen, doch trotz einiger Kritik, auf die die Autoren nicht müde werden hinzuweisen, kann sich das Ergebnis sehen lassen. Dabei merkt man der Studie an, dass die Autoren aus den Schwierigkeiten ihrer Erststudie aus dem Jahr 1993 gelernt haben.

Im Kern haben sich die drei Wissenschaftler eine Bestandsaufnahme derzeitiger journalistischer Strukturen vorgenommen. Als Grundlage der Erhebung dient ein Interview-Fragebogen, der insgesamt 1536 Journalisten aus ganz Deutschland vorgelegt wurde. Die Repräsentanz der Studie kann damit kaum infrage gestellt werden, zumal von klassischen Printmedien über PR- und Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu Neuen Medien ein breites Spektrum abgedeckt wird. Die These der Studie lässt sich folgendermaßen formulieren: In den Kommunikationsverhältnissen innerhalb der Gesellschaft hat eine nachhaltige Veränderung stattgefunden. Anders gesagt: Wir befinden uns am Ende einer Transformation zur Mediengesellschaft (der Neuen Medien) ohne zu wissen, wohin uns der Weg noch führen wird. Dabei helfen können allerdings die Journalisten, deren Funktion hauptsächlich im „Soufflieren“ für die Leser gesehen wird.

In neun umfangreichen Kapiteln versuchen die Autoren diese These mit harten Fakten sowie eigenen wissenschaftlichen Analysen zu begründen. Nach einer etwas unpointierten Zustandsbeschreibung des Journalismus, in der ebenso nach den „Häuptlingen“ und „Indianern“ sowie der Gesellschaftsstruktur des Journalismus, den Medienqualitäten, einer scheinbaren Instrumentalisierung sowie einem möglichen „Kulturkampf“ gefragt wird. Neue Erkenntnisse liefert das aber nicht. Für eine aktuelle Analyse wesentlich relevanter sind da schon die Kapitel über die konkrete Arbeit der Journalisten, die dank der eigenen Studie jederzeit problemlos belegt werden kann. Vor allem die Ergebnisse über die Zufriedenheit, das Rollenbild, die Quellen, die Vorbilder sowie ihre Methoden und ihre Moral dürften bis dato in keiner anderen Studie so dezidiert erfasst worden sein.

Damit empfiehlt sich „Die Souffleure der Mediengesellschaft“ für Redakteure und Medieninteressierte gleichermaßen. Schließlich bekommt man als Leser einen Blick in die „Seele“ des Journalismus geliefert. Das macht das Werk natürlich vor allem für jene interessant, die über eine berufliche Zukunft in den Medien nachdenken. Zumal es auch die problematische Frage nach dem Stellenwert und der Seriosität eines Journalismus aufwirft, der mittlerweile von jedem über das Internet mitgestaltet werden kann. Das Fazit: Wir brauchen auch heute noch Souffleure, die einen professionellen Journalismus betreiben und durch das Dickicht der Medienlandschaft führen.

Titelbild

Siegfried Weischenberg / Armin Scholl / Maja Malik: Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten in Deutschland.
UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2006.
315 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 389669586X
ISBN-13: 9783896695864

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