Badischer Erfolgsautor

Zu den „Erzählungen und Erinnerungen“ von Heinrich Hansjakob

Von Anton Philipp KnittelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anton Philipp Knittel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Seine Originale sind zu Hause, wo die Ortsnamen enden auf -berg, -bach, -ach oder -au“, bemerkte Martin Walser unlängst in „Der Lebensroman des Andreas Beck – seinen Büchern nacherzählt“. Ein Satz, der gewiss auch auf Becks Schwarzwälder Landsmann, den katholischen Pfarrer, badischen Erfolgsschriftsteller und Politiker Heinrich Hansjakob (1837-1916) zutrifft. Schließlich ist es der Konstanzer Radiologe, Schriftsteller und Maler Andreas Beck, der in seinen zahlreichen Texten wiederholt an den „beliebten Pfarrer, Großbürger und politischen Querkopf“ erinnert. In der „Kleinen Landesbibliothek“ des Tübinger Klöpfer & Meyer Verlags hat der „assimilierte Badener“ Werner Witt, Leiter der SWR 2 Redaktion „Aktuelle Kultur“ nun eine kleine, lesenswerte Auswahl aus dem Werk des „Rebellen im Priesterrock“ vorgelegt. Sie ist bestens dazu angetan, den „Erfolgsautor mit Millionenauflage“, den facettenreichen „Chronisten des Schwarzwalds“ näher kennen zu lernen. Witts luzide und sich auf das Wesentliche konzentrierende Einleitung tut dazu ein übriges.

Hansjakob, „Demokrat, Pazifist und Sozialreformer“, der zehn Jahre für die Katholische Volkspartei dem badischen Landtag angehörte, der Gründer der ersten Winzergenossenschaft in Baden, der „Kulturpessimist“, von dem aber auch deutliche antisemitische und frauenfeindliche Töne zu vernehmen waren, wie Witt keineswegs verschweigt, der ehemalige Pfarrer von Hagnau und Pfarrer der Freiburger Martinskirche veröffentlichte mehr als 70 Werke, „darunter Erzählungen, historische Abhandlungen, Reiseberichte und Tagebücher“. In der vorliegenden und, wie für die Kleine Landesbibliothek charakteristisch, ansprechenden Leseausgabe sind unter anderem Auszüge aus Hansjakobs „Aus meiner Jugendzeit“, aus Erzählungen, aus den Tagebüchern „Aus kranken Tagen“ und „Im Paradies“ sowie aus seinen bekannten „Nachtgesprächen“ versammelt.

Bei allen skurrilen Originalen, die Hansjakob porträtiert, die in der Tat, wie Witt einleitend schreibt, zum einen den „Vorkämpfer für Demokratie und soziale Gerechtigkeit“, zum anderen den „kulturkonservativen, ja sogar kulturpessimistischen Hüter von Trachten“, einen Verklärer des Landlebens zeigen, tritt auch ein Theologe zutage, der die Auseinandersetzung mit der Obrigkeit nicht scheut. So räsoniert er im „Nachtgespräch“: „Es ist heutzutag schwer, katholischer Erzähler und Schilderer von Land und Leuten zu sein, und noch schwerer, dabei Pfarrer zu sein. Bringt man ein freies Wort über kirchliche Zustände, so gilt man als kirchenfeindlich und unkirchlich. […] Aber traurig ist es, dass es unter den Katholiken in unseren Tagen, wo der Zug nach Freiheit durch alle Stände geht und wo die Zeiten vorbei sind, in welchen die Autorität alles war, – dass es so viele Leute gibt, die das Wort des Apostels: ‚Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit‘ – in keiner Weise kennen und die Zeter und Mordio und gleich nach dem Ketzerrichter schreien, wenn einmal ein freies Wort fällt im eigenen Lager und über eigene Fehler und Schwächen.“

Titelbild

Heinrich Hansjakob: Erzählungen, Erinnerungen.
Herausgegeben von Werner Witt.
Klöpfer, Narr Verlag, Tübingen 2009.
211 Seiten, 14,00 EUR.
ISBN-13: 9783940086563

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