Der Tod ist elektrisch

Ein Thriller über den Strom von Jeffery Deaver: „Opferlämmer“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Jeffery Deaver wählt eine ungewöhnliche Hauptfigur in seinem neuen Kriminalroman: Elektrizität. Die anderen Protagonisten kennt man schon: Lincoln Rhyme, der Kriminalist im Rollstuhl, seine Freundin und Kollegin Amelie Sachs und die kleine Riege der Assistenten. Außerdem tritt am Rande des Geschehens noch die aus „Die Menschenleserin“ (2008) und „Allwissend“ bekannte Kathryn Dance auf. Sie ist die Stimme, die von einem Handlungsstrang berichtet, der mit dem Roman „Der Uhrmacher“ aufgenommen wurde und in dem der Serienmörder mit dem Spitznamen „Uhrmacher“ weder von Lincoln Rhyme überführt noch von der Polizei gefasst werden konnte. Anfangs sieht sich der Leser mit der merkwürdigen und unbekannten Welt der Elektrizität konfrontiert – ebenso wie das Ermittlerteam, nachdem man bei einem Anschlag auf einen Bus, einen terroristischen Hintergrund vermutet. Rhyme und sein Team koordinieren die Polizeiarbeit behördenübergreifend.

Die Verbrechen hören nicht auf, es gibt Forderungen eines Erpressers, die erfüllt werden sollen, aber nicht erfüllt werden können. Weitere Menschen müssen durch Strom sterben. Die Ermittler arbeiten auf Hochtouren. Humor ist bei Deaver immer mit dabei, allerdings meist hintergründig und subtil: „Rhyme trennte die Verbindung, sah Sachs an und zog eine Augenbraue hoch. ‚Du fängst mit Kochen an?‘‚Pammy will es mir beibringen.‘ Sie zuckt die Achseln. ‚Wie schwierig kann das schon sein? Ich schätze, es ist so ähnlich, als würde man einen Vergaser nachbauen, nur eben aus verderblichen Einzelteilen.‘“

Dabei wird der Handlungsverlauf auffällig oft mit Exkursen von der mexikanischen Grenze durchbrochen. Trotzdem ist Deaver immer bei „seinem“ Team, schickt es in schwierige, emotionale Situationen. An einer Stelle lässt Deaver seine Protagonistin Sachs sich in die Rolle des Täters hineinversetzen und schafft damit ein Beispiel für den Idealfall des Profilers: „Dann kam sie zur Ruhe, und die Antwort ergab sich von selbst: Das Motiv ist egal. Ich kümmere mich nicht darum, wieso ich das hier tue. Es spielt keine Rolle. Ich muss mich nur auf die Technik konzentrieren; ich will die bestmögliche Kopplung, Schaltung, Verbindung herstellen, um den angerichteten Schaden zu maximieren. / Das ist das Zentrum meines Universums.“

Letztendlich findet man in dem soliden Kriminalthriller einige unterhaltsame Stunden Lektüre, erhält interessante und unverzichtbare Informationen aus dem Deaver-Kosmos und der Welt der Elektrizität und wird von dem gut übersetzten Roman in keiner Hinsicht enttäuscht. Eine von Lincoln Rhyme selbst initiierte Operation, die seine Bewegungsfähigkeit verbessern soll und ein damit einhergehender, wirklich überraschender Plot bilden einen Abschluss, auf den man auf keinen Fall verzichten sollte.

Titelbild

Jeffery Deaver: Opferlämmer. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Thomas Haufschild.
Blanvalet Verlag, München 2011.
573 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783764503352

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