Vom Krieg zum Frieden durch die Kunst

Ein Ausstellungskatalog stellt acht Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Nie wieder Krieg!“ schrieb Käthe Kollwitz 1924 auf ein Plakat, das mit kräftigen Kohlestrichen das Leid der Menschen, ihre Not und die bitteren Erlebnisse in Kriegszeiten symbolisierte. Es ist eine Anklage, die die Sinnlosigkeit und Unmenschlichkeit des Krieges deutlich machte.

Käthe Kollwitz (1867-1945) war jedoch nicht die einzige pazifistische Künstlerin in den 1920er-Jahren. Otto Dix, Max Beckmann oder Georg Grosz haben sich damals ebenfalls mit diesem Thema künstlerisch auseinandergesetzt. Sie alle einte der schonungslos ehrliche Blick auf die Schrecken und Grausamkeiten des Krieges, wobei sie gleichzeitig an Mitgefühl und Menschlichkeit appellierten. Ihre Werke waren sehr persönliche Auseinandersetzungen mit dem Krieg, sei es durch ihre Teilnahme selbst oder durch den Verlust von Familienangehörigen oder Freunden.

Vom 30. April bis zum 7. August 2011 präsentiert die Staatsgalerie Stuttgart die repräsentative Ausstellung „Kriegszeit“, die Zeichnungen und Druckgrafiken dieser Künstler zeigt. Im Verlag Ernst Wasmuth ist dazu der umfangreiche und äußerst informative Katalog erschienen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Schaffen von Käthe Kollwitz. Die Stuttgarter Sammlung verfügt mit rund 100 Blättern dieser außergewöhnlichen Künstlerin über eine der international wichtigsten Kollwitz-Sammlungen, die nun nach über 40 Jahren erstmals wieder vollständig präsentiert wird. Die ausgestellten Arbeiten, darunter die Grafik-Zyklen „Der Weberaufstand“ und „Bauernkrieg“ zeigen nicht nur sämtliche Facetten ihres künstlerischen Schaffens, sondern auch ihre Auseinandersetzung mit den existenziellen Fragen der Menschen, mit Tod, Schmerz und seelischer Not, aber auch mit Glück, Liebe und Gemeinsamkeit.

Ergänzt wird die Ausstellung mit Werken von Max Beckmann, Ludwig Meidner, Otto Dix, Georg Grosz und Ernst Barlach. Sie waren Zeitgenossen von Kollwitz aus den Jahren 1914 bis 1945. So werden das Mappenwerk „Die Räuber“ von Georg Grosz oder einige Radierungen aus dem bekannten Zyklus „Der Krieg“ von Otto Dix gezeigt. Knapp zwei Jahre verbrachte Dix beim Grabenkrieg an der Westfront und so sind seine Radierungen eine wahrhaftige Reportage des Krieges.

Neben diesen bekannten grafischen Werken, die zwischen den beiden Weltkriegen entstanden, sind auch die selten gezeigte Lithografienserie „Die Verdammten“ (1945) von Otto Hermann und die Holzschnitte des zerstörten Dresden von Wilhelm Rudolph (1945/1972) in der Ausstellung vertreten. Sie alle machen das Elend an der Front und die Leiden der Zivilbevölkerung sichtbar; künstlerisch haben sie das Grauen und das Elend, ja auch den menschlichen Wahnsinn festgehalten.

Der Katalog besticht neben den zahlreichen Grafikabbildungen (in ausgezeichneter Druckqualität) auch durch seine informativen und lesenswerten Essays, die eine Einführung in die Werke der insgesamt acht vorgestellten Künstler geben. „Kriegszeit“ ist ein Kunstkatalog, der auch nach Ablauf der Ausstellung seine Aktualität behält, denn Angst- und Schreckensszenarien gehören auch zur Gegenwart des 21. Jahrhunderts.

Titelbild

Kollwitz - Beckmann - Dix - Grosz. Kriegszeit. Ausstellungskatalog.
Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen 2011.
212 Seiten, 39,80 EUR.
ISBN-13: 9783803033536

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