Besser gut als gar nicht

Don Winslow hat sich als Krimi-Autor einen guten Namen gemacht, den er mit „Bobby Z“ ein weiteres Mal bestätigt

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die wahren Meister zeigen sich in den Nebenwerken, und „Bobby Z“ ist sicherlich nur ein Nebenwerk des großen Krimischreibers Don Winslow. Das gilt zwar auch für die meisten seiner anderen Surfer-Krimis – aber eine Macke hat eben jeder gut. Und wenn dem Herrn Winslow die Idee eben gut gefällt, dass irgendwelche Leute auf Brettern das Schwimmen lernen müssen, dann sei es ihm gegönnt. Easy living hat damit aber nichts zu tun, und wenn doch, hat das was mit einem guten Krimi gemein?

Was Winslow kann, hat er mit „Frankie Machine“ und „Tage der Toten“ demonstriert. „Frankie Machine“ war eine gelungene Fingerübung in Sachen Abgesang eines Killers, und „Tage der Toten“ gehört zum Besten, was der an herausragenden Krimis nicht arme US-amerikanische Krimimarkt in den letzten Jahren geboten hat.

Und jetzt „Bobby Z“. Der junge Tim Kearney hat keine Zukunft mehr, seitdem er einen der älteren Knastfürsten mit einem geschärften Nummernschild niedergemacht hat. Das senkt seine Überlebenschance auf Null. Zu viele Biker verleben ein paar Monate oder Jahre hinter Gittern, als dass Kearney das wohl überleben wird.

Auch die Strafverfolger finden das nicht witzig; das Argument mit der putativen Notwehr lassen sie nicht gelten. Was Kearney die Naivität des Rechtssystem beklagen lässt. Aber seis drum, eigentlich ist er ja an sowas gewöhnt, verfolgt ihn doch das Pech schon seine gesamte kriminelle Laufbahn. Er ist eine Niete und dabei wird es dann wohl auch die wenigen Restmonate bleiben.

Bis ihm seine Ähnlichkeit mit einem Drogenboss namens Bobby Z eine neue Chance gibt. Bobby Z versorgt die gesamte Westküste mit Dope, ein Strippenzieher, der sogar seine eigenen Erzähler hat, die an seinem Mythos stricken. Dieser Bobby Z ist nun angeblich den amerikanischen Behörden irgendwo in Südostasien in die Fänge gegangen. Bevor sie ihn aber gegen einen der Ihren austauschen können, der von einem mexikanischen Drogenboss gefangen gehalten wird, stirbt er.

Nun soll Tim an seine Stelle treten, was aber kaum mehr als eine Art Selbstmord sein kann, denn der Mexikaner wird schon seine Gründe haben, Bobby Z in die Hände bekommen zu wollen. Tim machts trotzdem und bereitet sich auf seinen Untergang vor, der denn auch sofort beginnt. Der Austausch geht schief, Tims amerikanischer Gewährsmann wird erschossen, die Übergabe findet nicht statt, Tim alias Bobby wechselt dennoch die Seiten.

Das hat also schon mal schlecht begonnen. Und auch wenn die nächste Zeit wieder ganz hübsch ist – Tim lernt die Frau seines Lebens kennen und seinen (angeblichen) Sohn – bleibt es nicht dabei, denn er erfährt zugleich, dass der Mexikaner plant, ihn möglichst grausam umzubringen.

Also beginnt die Flucht, die Tim/Bobby allerdings nicht alleine beginnt, sondern mit dem Jungen, der sein Sohn sein soll. Womit dann das Thema Winslows klar ist: Denn es geht hier nicht mehr darum, wann Tim auffliegt. Stattdessen besteht das Problem darin, wie Tim es schlichtweg überlebt, dass der Mexikaner, die amerikanische Drogenpolizei, Bobbys alter Bankier, einige amerikanische Bikerclubs und dergleichen mehr ihn umlegen wollen.

Das geht, und es geht sogar sehr gut. Denn die angebliche Niete Tim hat durchaus ihre Qualitäten, nämlich eine Ausbildung bei den Marines (hilft immer), ein gutes Herz (schafft Söhne) und schnelle Beine. Letztere braucht er, um so schnell wie möglich wegzulaufen. Die Marines-Ausbildung, um eine große Menge Leute um die Ecke zu bringen.

Natürlich muss Winslow am Ende aus der ganzen Geschichte ein Märchen machen (gutes Herz muss leben). Dass aus der Niete ein Prinz wird, macht das sowieso von Anfang an klar, und weil er gut zu dem Sohn seines Alias ist, hat er auch jedes Überleben verdient.

Aber ganz zum Schluss merkt man eben auch, dass die Geschichte ohne heftige Eingriffe, über deren Plausibilität man nicht reden muss, nicht zu ihrem glücklichen Ende geführt werden kann. Eine Planke hier, die den Nichtschwimmer Tim übers Wasser führt, ein Alias dort, der statt seiner den Sündenbock für alle seine Untaten mimt. Das ist dabei nicht einmal übers Knie gebrochen, dafür ist Winslow als Schreiber einfach zu gut, sondern nur mit großer Souveränität und viel Spaß an der Freude inszeniert.

Am Ende sind dann alle zufrieden. Die Biker, von denen es zu viele gibt, als dass man sie umbringen kann, haben ihr Tagwerk getan, die Mexikaner gehen wieder außer Landes und so weiter, und so fort. Die Bösen bekommen das, was sie verdienen, die Guten segeln im trauten Glück zu viert von dannen: Mit allem Geld, das sie brauchen, und einem verrückten Sänger, der den Mythos Bobby Z weiterstricken wird. Vom Kampf der Wagen und Gesänge. Naja, ein bisschen wenigstens in dieser Art.

Titelbild

Don Winslow: Bobby Z. Kriminalroman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Judith Schwaab.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2011.
281 Seiten, 8,95 EUR.
ISBN-13: 9783518462454

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