Vom Sterben erzählen

Realismus und Fantastik in der fiktionalen Sterbegeschichte

Von Dieter LampingRSS-Newsfeed neuer Artikel von Dieter Lamping

1.

Leo Tolstois buchlange Erzählung „Der Tod des Ivan Iljitsch“ ist eine dramatische Geschichte. Dramatisch ist allerdings nicht ihre Handlung; was in ihr geschieht, verdient kaum diese Bezeichnung. Dramatisch ist sie vielmehr als eine Leidensgeschichte, die von den ständig zunehmenden physischen und psychischen Qualen des sterbenden Beamten Ivan Iljitsch erzählt. Sie gipfeln in einem drei Tage währenden Schmerzensschrei und in einer panisch-verzweifelten Suche nach dem Sinn des Lebens und Sterbens, die buchstäblich erst im letzten Augenblick zum Abschluss kommt. Der Leser wird in diese Leidensgeschichte tiefer und tiefer hineingezogen; zunächst bloß ein distanzierter Beobachter, wird er immer mehr ein Mitleidender.

„Der Tod des Ivan Iljitsch“ ist eine Sterbegeschichte, genauer: eine fiktionale Sterbegeschichte. Dieser Begriff ist in der Literaturwissenschaft zwar nicht gebräuchlich; er empfiehlt sich jedoch zur Bezeichnung eines erzählenden Textes, der wie dieser von einem Sterbefall erzählt. Wie etwa die Liebesgeschichte oder die Kriminalgeschichte ist auch die Sterbegeschichte zunächst thematisch zu definieren, wobei es für den Moment dahingestellt bleiben kann, ob sie als Gattung ausschließlich thematisch zu beschreiben ist. Die Sterbegeschichte ist in der neueren Literatur nicht selten. Es gibt sie als Kurzgeschichte wie Heinrich Bölls „Wiedersehen mit Drüng“, als längere Erzählung wie Ernest Hemingways „The Snows of Kilimanjaro“ oder als Roman wie Samuel Becketts „Malone meurt“. Es kann in ihr um das Sterben nur einer Figur wie in diesen Beispielen gehen, es kann aber auch das Sterben mehrerer Figuren wie in Émile Zolas „Comme on meurt“ dargestellt werden. Die Geschichte kann dem Sterbemoment, dem Augenblick des Übergangs vom Leben zum Tod, gelten wie auch dem Sterbeprozess[1], also dem Vorgang des Ablebens oder, in der Sprache der Thanato-Psychologie ausgedrückt, dem „Vorgang der Desintegration und des Abbaus, der mit dem Tod endet“[2]. Als Sterbegeschichte ist daher nicht nur eine short story wie Ambrose Bierces „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ zu bezeichnen, in der die Hinrichtung eines Farmers im amerikanischen Bürgerkrieg erzählt wird, sondern auch eine Novelle wie Juan Carlos Onettis „Tan triste como ella“, in der der Selbstmord einer jungen Frau samt seiner Jahre umfassenden Vorgeschichte geschildert wird. Fiktional sind diese Sterbegeschichten insofern, als zumindest entweder das Dargestellte oder die Darstellungsweise den Charakter einer poetischen Fiktion haben. In diesem weiten Sinn kann man von der fiktionalen Sterbegeschichte als einer literarischen Gattung sprechen und in Tolstois „Der Tod des Ivan Iljitsch“ eine ihrer frühen und komplexen Realisierungen sehen.

2.

Das Sterben ist eines der großen Themen der Weltliteratur; es ist allerdings nicht unbedingt auch ein Thema der Literaturwissenschaft. Die ältere Literaturwissenschaft hat sich, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen[3], meist mit dem Tod als Gegenstand der Dichtung beschäftigt. Dabei sind, unter ganz verschiedenen Gesichtspunkten, ganz verschiedene Seiten dieser Literatur des Todes untersucht worden – wie etwa die „idea of death“[4]‚ der „Todesgedanke“[5] oder das „Todesproblem“[6]‚ der (mittelalterliche) Totentanz[7], Todessehnsucht und Todeserotik[8] oder die „dichterische Gestaltung“ des mythischen „Todesgenius“[9]. Inzwischen ist der „Tod im Text“ auch zum Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Emotionsforschung geworden[10]. Schließlich haben unterschiedliche Todes-Darstellungen auch medienwissenschaftliches Interesse gefunden[11]. Die Literatur des Sterbens ist demgegenüber noch immer wenig erforscht[12] – ebenso wie die vielleicht etwas besser überschaubare fiktionale Sterbegeschichte.

Allerdings stellt sie sich im Ganzen als eine höchst vielgestaltige, geradezu widersprüchliche Gattung dar. Von verwirrender Unterschiedlichkeit sind schon, auf der Ebene des Dargestellten, die diversen Todes- oder Sterbensarten, die beschrieben werden: Hinrichtungen (wie in „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ von Bierce)‚ Selbstmorde (wie in Schnitzlers „Fräulein Else“), Soldatentode (wie in Bölls „Wiedersehen mit Drüng“)‚ natürliche Tode (wie in Italo Svevos „La Morte“) oder Krebs- und Tuberkulosetode (wie in „Der Tod des Ivan Iljitsch“ und in „Drei Tode“ von Tolstoi) – all das und noch mehr findet sich hier. Nicht einmal die gleiche Todesart garantiert weiterreichende Gemeinsamkeiten: Der Selbstmord in Schnitzlers „Fräulein Else“ zum Beispiel ist mit dem in Onettis „Tan triste como ella“ kaum zu vergleichen – und schon gar nicht mit dem in Jukio Mishimas „Patriotismus“.

Zu diesen Unterschieden auf der Ebene des Dargestellten kommen ungleich gewichtigere auf der Ebene der Darstellung hinzu. Auffällig ist hier vor allem das durchaus spannungsreiche Nebeneinander realistischer und nicht-realistischer, insbesondere fantastischer Momente, das die fiktionale Sterbegeschichte nicht nur insgesamt, sondern auch zahlreiche einzelne Sterbegeschichten charakterisiert. Im Folgenden soll dieses Nebeneinander von realistischen und nicht-realistischen Momenten zunächst an ausgewählten Beispielen kurz beschrieben, dann in einem zweiten Schritt funktional erklärt und schließlich seine – hypostasierte – Wirkung auf den Leser eingeschätzt werden. Die Beispiele sind nicht zufällig der Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts entnommen, denn offensichtlich etabliert sich erst in dieser Zeit die fiktionale Sterbegeschichte als Gattung – also bezeichnenderweise während in unserer Kultur, wie Philippe Ariès nachgewiesen hat, die Einstellung zu Tod und Sterben eine grundlegende Umwälzung erfährt[13].

3.

Dem ersten Anschein nach ist die fiktionale Sterbegeschichte eine durchaus realistische Erzählgattung, die grundsätzlich durch einen Realismus sowohl des Dargestellten wie auch der Darstellung gekennzeichnet ist. Realistisch ist sie oft schon als biografische Erzählung, die in Orientierung an der Chronologie des Geschehens vom Ende eines Lebens berichtet. Realistisch ist sie aber auch durch ihren eigentümlichen Detailrealismus, der sich vor allem an der Aufmerksamkeit des Erzählers für die jeweiligen äußeren Umstände und alle, also noch die zunächst unscheinbarsten physischen und psychischen Symptome des Sterbens zeigt. Typisch ist etwa, am Anfang von Tolstois früher Erzählung „Drei Tode“, die einlässliche Beschreibung der todgeweihten Gutsbesitzersfrau, die sorgfältig alle Spuren der Tuberkulose auf dem Gesicht der Kranken registriert: „Die Hände auf den Knien gefaltet, die Augen geschlossen, schaukelte die Herrin leicht in den Kissen, die man ihr unter den Rücken gestopft hatte, und hustete, ohne den Mund zu öffnen, wobei sie das Gesicht verzog. Auf dem Kopf trug sie ein weißes Nachthäubchen und ein blaues Tüchlein, das um den zarten, bleichen Hals gewickelt war. Der gerade Scheitel, der unter dem Häubchen verschwand, teilte das blonde, überaus dichte und pomadisierte Haar, aber es lag etwas Trockenes, Tödliches in der weißen Haut dieses breiten Scheitels. Eine welke, schon etwas gelbliche Haut bedeckte schlaff die feinen, schönen Gesichtszüge und hatte sich an den Wangen und Backenknochen gerötet. Die Lippen waren trocken und zitterten, die spärlichen Brauen kräuselten sich nicht, und das Reisekapot aus Tuch bildete gerade Falten auf der eingefallenen Brust. Ungeachtet dessen, daß die Augen geschlossen waren, drückte das Gesicht der Herrin Müdigkeit, Gereiztheit und andauernden Schmerz aus“[14].

Der Realismus fiktionaler Sterbegeschichten hat insgesamt, je nachdem, worauf der Akzent ruht, verschiedene Aspekte, wobei hier der Kürze halber nur drei empirisch häufige erwähnt seien.

Oft zu finden ist ein sozialer Realismus wie in Zolas Erzählung „Comme on meurt“, die sich wie eine poetische Soziologie des Sterbens liest. Quer durch die Schichten der französischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts hindurch werden nacheinander das Sterben eines Grafen, einer Millionärin, einer kleinbürgerlichen Papierhändlerin, eines Proletarierkindes und eines Bauern beschrieben. Das Interesse des Erzählers gilt dabei neben den klassenspezifischen Todesarten vor allem den unterschiedlichen Sterbeweisen und den verschiedenen Begräbnis- und Trauerriten.

Der Realismus fiktionaler Sterbegeschichten kann aber auch psychologisch bestimmt sein wie etwa in Schnitzlers Erzählung „Sterben“, die auf eine wohl als exemplarisch gedachte Psychologie des Ablebens abzielt und dementsprechend der seelischen Seite des Vorgangs ungleich mehr Aufmerksamkeit widmet als der körperlichen. Der Leser wird detailliert über die wechselnde innere Verfassung des Sterbenden in seinem letzten Lebensjahr unterrichtet, ohne dass er genau erführe, an welcher Krankheit die Hauptfigur denn stirbt.

Ein medizinischer Realismus begegnet dagegen etwa in Thomas Manns später Erzählung „Die Betrogene“, die mit der nicht nur terminologisch präzisen Beschreibung einer Krebsoperation endet, oder auch in Anton Čechovs kleinem Roman „Krankenzimmer Nr. 6“, der in der knappen, aber lange vorbereiteten Darstellung des Gehirnschlags eines ehemaligen Arztes seinen Abschluss findet.

Diese drei Realismen, deren Reihe sich verlängern ließe, können untereinander die verschiedensten Mischungsverhältnisse eingehen. So ist zum Beispiel „Die Betrogene“ nicht nur durch einen medizinischen Realismus gekennzeichnet, sondern in der Beschreibung des gesellschaftlichen Lebens der todkranken Frau von Tümmler ebenso durch einen sozialen und in der Beschreibung der seelischen Nöte der in einen erheblich jüngeren Mann verliebten Frau auch durch einen psychologischen Realismus.

Gerade angesichts einer solchen Erzählung, die offensichtlich versucht, sich der komplexen Wirklichkeit des Sterbens von mehreren Seiten zu nähern, könnte man leicht den Eindruck haben, die Gattung sei auf Realismus festgelegt – gäbe es da in anderen Texten nicht auch auffällige Abweichungen von Konventionen realistischen Erzählens. Auffällig ist dabei schon die Wahl irrealer Motive, insbesondere die Konstruktion unwirklicher Situationen. So beginnt etwa in Heinrich Bölls früher Kurzgeschichte „Wiedersehen mit Drüng“ der Ich-Erzähler, ein offenbar tödlich verwundeter Soldat, nach seiner Operation plötzlich ein Gespräch mit einem zuvor ausdrücklich tot Genannten, in dem er seinen ehemaligen Klassenkameraden Drüng wiedererkennt.

Abweichungen von Konventionen realistischen Erzählens können sich aber schon in einer sprachlichen Verfremdung ausdrücken, zumal in kühnen metaphorischen Umschreibungen des Sterbens. So schildert zum Beispiel Bernard Malamud in seiner Kurzgeschichte „This Death of Me“ den Sterbemoment des Juden Marcus ganz metaphorisch: „his heart, like a fragile pitcher, toppled from the shelf and bump-bumped down the stairs, cracking at the bottom, the shards flying everywhere“[15].

Das auffälligste Moment einer nicht-realistischen Darstellungsweise in fiktionalen Sterbegeschichten ist jedoch – vorderhand – erzähltechnischer Art: die Darstellung des Sterbemoments aus der Perspektive des Sterbenden, sei es in der Ich- oder in der Er-Form. Besonders effektvoll wird diese Erzähltechnik gehandhabt in Ambrose Bierces Kriegsgeschichte „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ und in Ernest Hemingways Jagdgeschichte „The Snows of Kilimanjaro“, in denen jeweils gegen Ende Visionen oder Halluzinationen der sterbenden Hauptfigur scheinbar objektiv in der Er-Form wiedergegeben werden, und zwar so, dass es für den Leser erst im nachhinein zu erkennen ist, dass es sich lediglich um die Bewusstseinsvorgänge der Sterbenden im Augenblick des Übergangs vom Leben zum Tod handelt.

Noch weiter von bestimmten Konventionen realistischen Erzählens entfernen sich schließlich Geschichten, in denen der Sterbeprozeß und der Sterbemoment einer Figur ganz aus deren Perspektive in der Ich-Form dargestellt werden, wie außer in „Fräulein Else“ und in „Wiedersehen mit Drüng“ auch in Marie Luise Kaschnitz’ Erzählung „Ja, mein Engel“. Solche Darstellungen des Sterbens allein aus der Perspektive des Sterbenden mögen häufig im Dienst eines psychologischen Realismus stehen. Insofern sie jedoch auf einer irrealen Sprechsituation aufbauen, sind sie realistisch nicht zu beglaubigen. Sie sind spezifisch poetische Fiktionen, die in realen Sterbegeschichten nicht zu finden sind.

Realistische und nicht-realistische Momente existieren in fiktionalen Sterbegeschichten aber nicht unbedingt nur nebeneinander; oft sind sie auch auf eine schwer trennbare Weise miteinander vermischt. Selbst in einer an der Oberfläche vollkommen realistischen Erzählung wie Thomas Manns „Die Betrogene“ erweisen sich bei näherem Hinsehen einige Motive als insgeheim mythisch. Das Geheimgemach etwa, in das Rosalie von Tümmler und Ken Keaton während der Führung durch Schloss Holterhof eindringen, lässt sich auch als Unterwelt auffassen, worauf – neben einigen anderen Indizien[16] – vor allem der geschnitzte Todesgenius in dem Alkoven hindeutet.

Wenn man die Existenz realistischer und nicht-realistischer Momente berücksichtigt, dann muss man die fiktionale Sterbegeschichte als eine technisch vergleichsweise komplexe Gattung betrachten, die sich typologisch zwischen den beiden Extremen realistischer und fantastischer Literatur bewegt – mit allen Übergangs- und Mischformen, die dazwischen liegen mögen. Entsprechend lässt sich auch grundsätzlich ebenso von einer realistischen wie von einer fantastischen Sterbegeschichte sprechen. Als eine realistische Sterbegeschichte wäre zum Beispiel Italo Svevos Erzählung „La Morte“ zu bezeichnen, die weder auf der Ebene des Dargestellten noch auf der Ebene der Darstellung die Konventionen realistischen Schreibens verletzt. Der Sterbeprozess wird weitgehend, der Sterbemoment vollkommen aus der Außenperspektive, nämlich aus der Sicht der Frau des Sterbenden geschildert. Als eine fantastische Sterbegeschichte wäre dagegen, neben Bölls „Wiedersehen mit Drüng“, etwa Selma Lagerlöfs Novelle „Der Fuhrmann des Todes“ zu bezeichnen, deren Fantastik wesentlich mit der Figur des Fuhrmanns und seiner geisterhaften Erscheinung zusammenhängt. Dieser Fuhrmann ermöglicht es dem gerade gestorbenen Alkoholiker David Holm, das Sterben einer in ihn verliebten und von ihm infizierten Heilsarmeeschwester als unsichtbarer, nur von der Sterbenden wahrgenommener Zeuge zu beobachten.

Auf der Grundlage dieser typologischen Differenzierung lässt sich auch der logische Status der realistischen und der nicht-realistischen Momente genauer bestimmen. Fiktionale Sterbegeschichten haben offenbar immer – also auch als fantastische[17] – ein realistisches Moment, das allerdings sehr stark ausgeprägt sein kann, aber auch sehr schwach. Dies gilt etwa für Daniil Charms’ Groteske „Der Tod eines alten Mannes“, die einen Sterbevorgang komisch verfremdet und insgesamt nur wenige, nämlich genau drei realistische Details enthält, die im knappen Hinweis auf die Todesangst des Alten, seinen ‚aushakenden‘ Unterkiefer und sein erstarrendes Auge liegen. Dagegen haben offenbar nicht alle fiktionalen Sterbegeschichten auch ein fantastisches Moment, wie etwa neben Italo Svevos „La Morte“ vor allem Jean-Paul Sartres Erzählung „Le mur“ zeigen kann. Der Realismus ist also eine Konstante fiktionaler Sterbegeschichten, wenngleich nicht unbedingt auch eine Dominante jeder einzelnen, die Fantastik hingegen nur eine Lizenz. Insofern dürfte eine groteske Sterbegeschichte wie die von Charms eher eine Ausnahme innerhalb der Gattung darstellen, eine überwiegend realistische Erzählung wie „Die späten Abenteuer“ von Marie Luise Kaschnitz dagegen eher den Regelfall. Zwar steckt auch diese Geschichte – ähnlich wie Thomas Manns „Die Betrogene“ – voll subtiler Mythisierungen, die sich nicht gerade als typisch realistisch bezeichnen lassen. Doch werden die mythischen Motive um des realistischen Grundzugs der Erzählung willen durchweg überspielt – wie etwa am Ende der Geschichte. Der sterbende Herr Seume, die Hauptfigur, erhält da auf den Stufen des Petersdoms eine Münze zugesteckt: eine Anspielung auf das mythische Motiv des Fährgeldes für Charon. Allerdings wird es sogleich psychologisiert und damit auch schon wieder kaschiert. Herr Seume nimmt die Münze „ernsthaft und demütig und schob sie unter die Zunge, wie ein Kind alles, was man ihm gibt, zum Mund führt“[18].

4.

Die Existenz sowohl realistischer wie fantastischer Momente in fiktionalen Sterbegeschichten verlangt nach einer Erklärung. Jedenfalls scheint es alles andere als selbstverständlich zu sein, dass eine Erzählgattung einerseits – bedingt durch ihren grundsätzlich empirischen Gegenstand – an bestimmte Konventionen realistischer Darstellung gebunden ist und andererseits wieder eine Lizenz zur Abweichung von eben diesen Konventionen für sich beanspruchen kann. Am triftigsten lässt sich die Existenz von realistischen und nicht-realistischen Momenten in der fiktionalen Sterbegeschichte funktional erklären: als ein spezifisch poetisches Mittel, bestimmte existentielle Interessen des Lesers zu befriedigen.

Im ersten Moment mag es vielleicht verwundern, wenn hier von einem Interesse an fiktionalen Sterbegeschichten die Rede ist. Denn es ist nachgerade ein Gemeinplatz der neueren Sterbeforschung, dass zumindest in unserer Kultur allenthalben eine „Verdrängung des Todes“ zu beobachten sei, und zwar sowohl in privater wie in gesellschaftlicher Hinsicht. Norbert Elias hat auf die wichtigsten Symptome dieses Zivilisationsprozesses hingewiesen: auf die „Relegierung des Sterbens und des Todes aus dem gesellschaftlich-geselligen Leben der Menschen“, die vor allem sprachliche „Verschleierung des Sterbens, insbesondere auch vor den Kindern“, und die „Verlegenheit der Lebenden in der Gegenwart eines Sterbenden“[19], die bis hin zu „Peinlichkeitsgefühlen“ gehe[20]. Doch scheint auf der anderen Seite eben die in den letzten Jahrzehnten entstandene Sterbeforschung ein gewichtiges Indiz dafür zu sein, dass die Tendenz zur Verdrängung wenigstens eingeschränkt wird durch die gegenläufige Tendenz zur intensiven Beschäftigung mit dem Sterben und dem Tod – und die vergleichsweise große Zahl fiktionaler und realer Sterbegeschichten, die seit den 1970er Jahren erschienen sind[21]‚ bestätigt das.

Angesichts der zahlreichen Tabus, denen das Reden über das Sterben unterworfen sein mag, ist das Interesse, das wir als Leser fiktionalen Sterbegeschichten entgegenbringen, nicht zuletzt durch Neugier bestimmt, also ein Wissen-, Kennen- und Einschätzen-Wollen und entsprechend ein mehr oder weniger intellektuelles Interesse, das auf Erkenntnis in einem weiten Sinn aus ist. Dieses intellektuelle Interesse scheint zunächst auf dem von Thomas Anz näher beschriebenen Wunsch nach einer aufklärerischen Enttabuisierung des Sterbens[22] zu basieren. Einen weiteren Grund dürfte es in der Kluft haben, die grundsätzlich zwischen dem besteht, was wir über das Sterben wissen, und dem, was wir über das Sterben wissen möchten – und das wahrscheinlich mehr ist als das, was wir über das Sterben wissen können. Denn was wir normalerweise aus eigener Erfahrung über das Sterben wissen, ist notwendig begrenzt, weil äußerlich; es ist gewonnen aus der Beobachtung des Sterbens anderer. Doch was Sterben als physisches und psychisches Geschehen wirklich heißt, wissen wir erst, wenn die Reihe an uns ist, und wenn wir es erfahren haben, können wir es nicht mehr mitteilen. Das Sterben als die letzte Erfahrung, die wir machen und die wir jeder für uns machen müssen, ist prinzipiell nur zu einem gewissen Grad vermittelbar.

Dem Wunsch, mehr über das Sterben zu erfahren, als wir wissen und vor unserem eigenen Sterben schon wissen können, mehr auch, als die Wissenschaft uns vermitteln kann, kommen die fiktionalen Sterbegeschichten auf besondere Weise entgegen, und zwar nicht nur – was auf der Hand liegen mag – durch ihren Detailrealismus, der gelegentlich, wie etwa bei Thomas Mann, geradezu empirisch überprüfbares Wissen vermitteln kann. Auch die Abweichungen von den Konventionen realistischen Erzählens erfüllen vielmehr die gleiche Funktion – nur in einer anderen Hinsicht. Sie versprechen Aufschlüsse über das Sterben, die wir auf dem üblichen Weg sinnlicher Beobachung nicht erhalten können und die uns eben darum besonders wichtig sind. So vermag gerade die realistisch kaum zu motivierende Darstellung des Sterbemoments aus der Sicht des Sterbenden dem Leser nicht nur die Illusion zu schaffen, dass ihm die Erfahrung des Sterbens vermittelt werden könnte, bevor er sie an sich selbst machen muss. Sie kann auch – implizit oder explizit – Antworten geben auf die beiden von jeher drängendsten, aber empirisch kaum beantwortbaren Fragen über das Sterben: auf die eine Frage, was ein Sterbender noch wahrnehme, denke und empfinde, und auf die andere Frage, ob unsere Existenz mit dem Eintritt des physischen Todes beendet sei.

Es spricht abermals für die Komplexität der Gattung, dass die einzelnen Sterbegeschichten ganz unterschiedliche Antworten auf dieselben Fragen geben können – auch wenn sie sich der gleichen Erzählmittel bedienen. So stellen zum Beispiel zwei technisch ähnliche Geschichten wie Schnitzlers „Fräulein Else“ und Bölls „Wiedersehen mit Drüng“, beide innere Monologe, das Sterben jeweils ganz anders dar. In der einen Geschichte, der Schnitzlers, versinkt die Sprecherin am Ende in Bewusstlosigkeit, während in der anderen Geschichte, der Bölls, der Sprecher sein Bewusstsein auch als Toter nicht verliert.

Es mag dahingestellt bleiben, ob wir als Leser durch die poetischen Erfindungen, denen wir in fiktionalen Sterbegeschichten begegnen, tatsächlich verlässliches Wissen über menschliches Ableben erhalten. Gleichwohl dürften auch sie für den Leser einen gewissen Erkenntniswert haben, wobei es sich von selbst verstehen mag, dass hier nur von ästhetischer Erkenntnis die Rede sein kann, und zwar in der Weise, wie Gottfried Gabriel versucht hat, diesen Begriff zu bestimmen. Fiktionale Sterbegeschichten vermitteln demnach ein „Allgemeines“ oder einen „Sinn“[23], der allerdings weniger ausgesprochen als vielmehr, wie bei Schnitzler und Böll, durch die Darstellung gezeigt oder „aufgewiesen“[24] wird und den zu bestimmen der reflektierenden Urteilskraft des Lesers überlassen bleibt.

Durch eine solche Vermittlung von Sinn befriedigen fiktionale Sterbegeschichten nicht zuletzt ein Interpretationsbedürfnis im Hinblick auf das Sterben, das vor der Aufklärung wohl vor allem die theologische Sterbe-Literatur, zumal die Artes moriendi[25], befriedigte und das heutzutage wenigstens für ein breiteres Publikum weder die Medizin noch die Thanato-Psychologie als empirische Wissenschaften stillen können. Insofern können die fiktionalen Sterbegeschichten – besonders da, wo sie erkennbar die Grenzen der Empirie überschreiten – mit einem Wort Christoph Martin Wielands als eine „poetische Art von Filosofie“[26] angesehen werden, für die das gilt, was er allgemein „über den Hang der Menschen, an Magie und Geistererscheinungen zu glauben“ gesagt hat. In einem Zeitalter der Aufklärung glauben wir nach seiner Ansicht, dass die „Filosofie“ – und, wie hier zu ergänzen wäre, auch die Wissenschaft – „uns gerade das nicht sagen könne, was wir ein liebsten wissen möchten“. Darum seien wir umso geneigter, „jedem Gehör zu geben, der unsere Einbildungskraft in Erwartung setzt, und ihr eine Befriedigung zu versprechen scheint, die sie bei jener vergebens gesucht hatte“[27]. Mit dieser ganz eigenen Dialektik von Aufklärung mag es schließlich zusammenhängen, dass sich mitunter in ein und derselben Sterbegeschichte nicht nur das Bemühen um eine – von Wissenschaftlern wie Norbert Elias grundsätzlich geforderte – „Entmythologisierung“[28], sondern auch eine nicht weniger intensiv betriebene Mythisierung des Sterbens finden kann.

5.

Die Existenz realistischer und nicht-realistischer Momente in der fiktionalen Sterbegeschichte mag sich wesentlich mit einem großzügig verstandenen intellektuellen Interesse am Sterben erklären lassen. Daraus kann man allerdings nicht den Schluss ziehen, dass die Gattung ausschließlich oder auch nur vorrangig eine intellektuelle Funktion in der Kommunikation mit dem Leser erfüllte – etwa wie ein philosophischer Essay über das Sterben. Vielmehr dürfte die fiktionale Sterbegeschichte grundsätzlich ebenso eine emotionale oder affektive Funktion haben[29]. Besonders deutlich ist sie dann, wenn das Ende so spektakulär inszeniert wird wie in „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ von Ambrose Bierce. Der unvermittelte, geradezu dramatische Wechsel von der Innen- zur Außensicht am Schluß der Geschichte, der mit dem Satz: „Peyton Farquhar was dead” zunächst einmal nur den Eintritt des Todes zu markieren scheint, dient tatsächlich vor allem der schockartigen Desillusionierung des Lesers, der erst jetzt die vermeintliche Flucht Farquhars als eine Fluchtfantasie durchschauen kann.

Eine emotionale oder affektive Funktion[30] können prinzipiell sowohl realistische wie nicht-realistische Momente und entsprechend insgesamt sowohl realistische wie fantastische Sterbegeschichten erfüllen. Auf eine emotionale Affizierung des Lesers angelegt ist nicht nur eine fantastische Sterbegeschichte in der Ich-Form wie Bölls „Wiedersehen mit Drüng“, die, im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn, mit einer unheimlichen Auferstehung der Toten endet. Auf eine Affizierung des Lesers zielt auch eine realistische Sterbegeschichte wie Thomas Manns „Die Betrogene“ – gerade in dem Schlussteil, in dem detailliert der plötzliche Ausbruch der tödlichen Krebserkrankung und die eilig vorgenommene Operation der Frau von Tümmler beschrieben werden.

Allerdings dürfte es grundsätzlich kaum möglich sein, den realistischen und den nicht-realistischen Momenten und entsprechend den realistischen und den fantastischen Sterbegeschichten jeweils nur bestimmte affektive Funktionen zuzuordnen. Der Perspektivenwechsel erfüllt beispielsweise in „An Occurrence at Owl Creek Bridge“ eine ähnliche Funktion wie der medizinische Detailrealismus im Schlußabschnitt der „Betrogenen“, aber eine ganz andere Funktion als der Perspektivenwechsel in Hemingways „The Snows of Kilimanjaro“. Dieser Umstand erklärt sich wohl vor allem daraus, dass bestimmte Erzähltechniken immer nur in Zusammenhang mit bestimmten stofflichen Bedingungen bestimmte affektive Funktionen erfüllen. Ob eine fiktionale Sterbegeschichte einer Emotionalisierung des Lesers dient, ist also nicht nur davon abhängig, auf welche Weise erzählt wird, sondern auch davon, was für eine Sterbegeschichte erzählt wird: die Geschichte eines qualvollen oder die eines leichten Sterbens, die Sterbegeschichte eines jungen oder die eines alten Menschen und so weiter.[31]

Eine andere für die Einschätzung der Gattung nicht unwichtige Frage ist schließlich, ob man von der affektiven Funktion einer fiktionalen Sterbegeschichte ohne weiteres auf ihre affektive Wirkung schließen kann, wie das Anne-Marie Tauber bei den Sterbeszenen Shakespeares getan hat[32]. Die Emotionalisierung mag zwar beabsichtigt und im Text angelegt sein; insofern aber der Leseprozess als psychologischer Prozess immer nur hypostasierbar ist, muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass die reale Wirkung eines Textes von seiner intendierten abweichen kann. Bei fiktionalen Sterbegeschichten ist – wie wohl bei aller Sterbe-Literatur – mit dieser Möglichkeit in besonderem Maß zu rechnen, weil beim Leser eine affektive Einstellung zu ihrem Gegenstand vorausgesetzt werden kann, die schon vor der Lektüre bestanden hat und die Lektüre, auch unabhängig von der Intention des Autors, im Extremfall sogar gegen sie, beeinflussen kann.

Denn das Sterben als Realität unseres Leben ist, seitdem sich die von Philippe Ariès näher beschriebene „Revolution der Gefühle”[33] im 19. und 20. Jahrhundert vollzogen hat, in höchstem Maß emotional besetzt – und noch dazu mit den unterschiedlichsten Emotionen. In der Regel fürchten wir vor unserem Sterben und dem uns nahestehender Menschen, die wir für unersetzbar halten. Schon deshalb gibt es – wie Norbert Elias gesagt hat –  für uns „viele Schrecken, die das Sterben umgeben“[34]. Sterbenden kön­nen wir bei aller Scheu, die wir ihnen gegenüber empfin­den, gleichwohl Mitleid entgegenbringen und Verstorbenen nach Freud sogar eine Achtung, die der „Bewunderung für einen“ gleiche, „der etwas sehr Schwieriges zustandegebracht hat“[35]. Das hindert uns andererseits nicht daran, uns Verstorbenen auch überlegen zu fühlen – einfach weil wir sie überlebt haben.

Wenn man diese starke emotionale Besetzung des Sterbens berücksichtigt, dann lässt sich in Analogie zu dem intellektuellen auch von einem affektiven Interesse an fiktionalen Sterbegeschichten sprechen. Dieses affektive Interesse stellt sich allerdings insgesamt widersprüchlich dar. Es kann – um nur die beiden Extreme anzuführen – wesentlich durch den Versuch einer Domestizierung des Sterbens bestimmt sein, durch den Versuch also, uns mit dem Sterben und dem Tod wenigstens in unserer Vorstellung vertraut zu machen, und dabei kann dem Detailrealismus der Sterbegeschichten im Rezeptionsprozess eine besondere Bedeutung zufallen. Unser affektives Interesse an solchen Geschichten kann jedoch auch auf das genaue Gegenteil hinauslaufen, auf den Versuch nämlich, uns durch die Lektüre fiktionaler Sterbegeschichten unseres eigenen Lebens zu vergewissern, und dabei wiederum kann die Fantastik als ein geradezu überdeterminiertes Fiktionssignal eine besondere Rolle spielen.

Hinter diesen Widersprüchlichkeiten verbirgt sich offenbar eine fundamental ambivalente Einstellung: eine Einsicht in die Unausweichlichkeit des Sterbens und zugleich der Wunsch nach einer Befreiung von ihm – und sei es auch nur in der Fiktion. Der tiefste Grund für unser affektives Interesse an fiktionalen Sterbegeschichten scheint denn auch darin zu liegen, dass wir uns mit dem Sterben als Realität unseres Lebens abfinden müssen, es aber nicht ganz können. Wir interessieren uns auch deshalb für fiktionale Sterbegeschichten, weil sie in vielem wie reale Sterbegeschichten erscheinen – und uns zugleich bedeuten, dass sie keine sind.

Dementsprechend dürfte auch grundsätzlich mit zwei völlig verschiedenen Möglichkeiten der emotionalen Wirkung von fiktionalen Sterbegeschichten zu rechnen sein. Bei einem Leser, der tatsächlich bereit ist, sich durch eine Geschichte affizieren zu lassen, mögen sie ähnliche, vielleicht auch ähnlich intensive Gefühle auslösen wie reale Sterbegeschichten – also etwa Betroffenheit, Trauer, Erschütterung oder Verstörung. Die Lektüre einer fiktionalen Sterbegeschichte kann bei einem weniger einfühlungsbereiten Leser auf der anderen Seite aber auch kein tieferes Gefühl hinterlassen als die Genugtuung über die Unversehrtheit des eigenen Lebens. Aus diesem Gefühl heraus mag einem solchen Leser dann sogar sein Verhältnis zu fiktionalen Sterbegeschichten als ein Ideal seines Verhältnisses zu realen Sterbegeschichten und zu realem Sterben erscheinen – ganz so, wie es schon Freud beschrieben hat. Allein in der Fiktion, behauptet er in seiner Studie über „Unser Verhältnis zum Tode“ von 1915, nicht ohne ironische Untertöne, „erfüllt sich uns [. . .] die Bedingung, unter welcher wir uns mit dem Tode versöhnen könnten, wenn wir nämlich hinter allen Wechselfällen des Lebens noch ein unantastbares Leben übrigbehielten. Es ist doch zu traurig, daß es im Leben zugehen kann wie im Schachspiel, wo ein falscher Zug uns zwingen kann, die Partie verloren zu geben, mit dem Unter­schiede aber, daß wir keine zweite, keine Revanchepartie beginnen können. Auf dem Gebiete der Fiktion finden wir jene Mehrheit von Leben, deren wir bedürfen. Wir sterben in der Identifizierung mit dem einen Helden, überleben ihn aber doch und sind bereit, ebenso ungeschädigt ein zweites Mal mit einem anderen Helden zu sterben.“[36]

Anmerkung des Autors: Der vorliegende Text stellt die überarbeitete und gekürzte Fassung meines Habilitationsvortrags vom 10.12.1986 dar. Er ist zuerst erschienen in: Von der Wachstafel zum Tonbandgerät. Vier Beiträge zur Literatur. Für Jürgen Born zum 60. Geburtstag. Wuppertal 1987 (Wuppertaler Broschüren zur Allgemeinen Literaturwissenschaft Nr. 19), S. 71-100.

[1] Diese Unterscheidung findet sich in der Sache bereits bei Anne-Marie Tauber: Die Sterbeszenen in Shakespeares Dramen. Bern 1964, S. 11.

[2] M. K. Malhotra: Sterben: Ein lebenslanger Vorgang. In: Jürgen Howe und Randolph Ochsmann (Hgg.): Tod – Sterben – Trauer. Bericht über die 1. Tagung zur Thanato-Psychologie vom 4.-6. November 1982 in Vechta. Eschborn b. Frankfurt a.M. 1985, S. 168-176, hier S. 174.

[3] Außer der Studie von Anne-Marie Tauber ist hier vor allem zu nennen: Horst Oppel: Die erste Meisterszene: Der Tod Beauforts. In: ders.: Shakespeare. Studien zum Werk und zur Welt des Dichters. Heidelberg 1963, S. 9-27; Rudolf Böhm: Wesen und Funktion der Sterberede im elisabethanischen Drama. Diss. Marburg 1963; Eberhard Klaaß: Die Schilderung des Sterbens im mittelhochdeutschen Epos. Ein Beitrag zur mittelhochdeutschen Stilgeschichte. Phil. Diss. Greifswald 1931; Hans Poser: Schnitzlers Erzählung „Sterben“ – eine Diagnose ohne Therapie. In: Literatur für Leser 3 (1980), 4, S.     248-253; Maurice W. Conner: Schnitzler’s „Sterben“ and Dürrenmatt’s „Der Meteor”. Responses to the Prospect of Death. In: Germanic Notes 11 (1980), S. 36-39.

[4] Vgl. Frederick Parkes Weber: Aspects of Death and Correlated Aspects of Life in Art, Epigram, and Poetry. Contributions towards an Anthology and an Iconography of the Subject. College Park, Maryland 1971 (Nachdr. der 4. Aufl. 1922).

[5] Vgl. Walter Rehm: Der Todesgedanke in der deutschen Dichtung vom Mittelalter bis zur Romantik. Darmstadt 1967. Vgl. auch ders.: Orpheus. Der Dichter und die Toten. Selbstdeutung und Totenkult bei Novalis, Hölderlin, Rilke. Düsseldorf 1950.

[6] Vgl. Rudolf Unger: Herder, Novalis, Kleist. Studien über die Entwicklung des Todesproblems in Denken und Dichten vom Sturm und Drang zur Romantik. Frankfurt a.M. 1922.

[7] Vgl. Helmut Rosenfeld: Der mittelalterliche Totentanz. Mün­ster, Köln 1964.

[8] Vgl. Mario Praz: Liebe, Tod und Teufel. Die schwarze Romantik. Übers. von Lisa Rüdiger. München 1981.

[9] Vgl. Ludwig Uhlig: Der Todesgenius in der deutschen Literatur von Winckelmann bis Thomas Mann. Tübingen 1975. Hinzuweisen ist außerdem noch auf die Studien von Friedrich Wentzlaff-Eggebert: Das Problem des Todes in der deutschen Lyrik des 17. Jahrhunderts. Leipzig 1931 und ders.: Der triumphierende und der besiegte Tod in der Wort- und Bildkunst des Barock. Berlin, New York 1975.

[10] Grundlegend dafür ist Thomas Anz: Tod im Text. Regeln literarischer Emotionalisierung. In: Mitteilungen des deutschen Germanistenverbandes  54 (2007), 3, S. 306-327.

[11] Vgl. exemplarisch Sandra Poppe: Ästhetik der Sterblichkeit. Mediale Darstellungen von Tod und Trauer in Literatur und Fernsehen. In: KulturPoetik 8 (2008), 2, S. 223-235.

[12] Vgl. etwa Sabine Walter-Vuskans: Die Angst vor dem Dunkel des Brunnens. Grenzerfahrung, Sterben und Todesnähe in der deutschsprachigen Literatur. Berlin 2004; Anette Pankratz: „Death is…not“. Repräsentationen von Tod und Sterben im zeitgenössischen britischen Drama. Trier 2005; Gertrude Cepl-Kaufmann und Jasmin Grande: „Mehr Licht.“ Sterbeprozesse in der Literatur. In: Michael Rosentreter u.a. (Hgg.): Sterbeprozesse. Annäherungen an den Tod. Kassel 2010, S. 115-144.

[13] Vgl. dazu Philippe Ariès: Geschichte des Todes. Übers. von Hans-Horst Henschen und Una Pfau. München 1980, S. 713ff.

[14] Leo N. Tolstoi: Die Kosaken und andere frühe Erzählungen. Übers. von Marianne Regel. München 1978, S. 513.

[15] Bernard Malamud: The Stories. New York 1983, S. 248.

[16] Vgl. dazu bes. Titus Heydenreich: Eros in der Unterwelt. Der Holterhof-Ausflug in Thomas Manns Erzählung „Die Be­trogene”. In: Eberhard Leube und Ludwig Schrader (Hgg.): Interpretation und Vergleich. Festschrift für Walter Pabst. Berlin 1972, S. 79-95.

[17] Zur Theorie der fantastischen Literatur, vor allem im Hinblick auf ihre realistischen Elemente, vgl. Florian Marzin: Die phantastische Literatur. Eine Gattungsstudie. Frankfurt a.M., Bern 1982, insbes. S. 108ff.

[18] Marie Luise Kaschnitz: Lange Schatten. Erzählungen. München 1967, S. 175.

[19] Norbert Elias: Über die Einsamkeit des Sterbenden in unseren Tagen. In: Werk und Zeit 3 (1979)‚ S. 4-16, hier S. 8. (Auch als Buch erschienen: Frankfurt a.M. 1982.).

[20] Ebd., S. 12.

[21] Vgl. beispielsweise Jürg Amann: Die Baumschule. Berichte aus dem Réduit. München 1982 (darin: Rondo); Ulla Berkéwicz: Josef stirbt. Erzählung. Frankfurt a.M. 1982; Thomas Hürlimann: Die Tessinerin. Geschichten. Zürich 1981; Erica Pedretti: Valerie oder Das unerzogene Auge. Frankfurt a.M. 1986; Wolfdietrich Schnurre: Ein Unglücksfall. Roman. München 1983; Günter Steffens: Die Annäherung an das Glück. Roman. Köln 1976; Hubert Winkels: Ausnahmezustand. Erzählungen. Köln 1986; Gabriel García Márquez: Der General in seinem Labyrinth. Roman. Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz. Köln 1989; Saul Bellow: Ravelstein. New York 2000; Thomas Lehr: Frühling. Novelle. Berlin 2001; Philip Roth: Everyman. London 2006; Georg Diez: Der Tod meiner Mutter. Köln 2009; Josef Winkler: Roppongi. Requiem für einen Vater. Frankfurt am Main 2007; Thomas Bernhard: Goethe schtirbt. Erzählungen. Frankfurt a.M. 2010.

[22] Vgl. dazu Thomas Anz: Der schöne und der häßliche Tod. Klassische und moderne Normen literarischer Diskurse über den Tod. In: Karl Richter und Jörg Schönert (Hgg.): Die Weimarer Klassik als historisches Ereignis und Herausforderung im kulturgeschichtlichen Prozeß. Walter Müller-Seidel zum 65. Geburtstag. Stuttgart 1983, S. 409-432, insbes. S. 421ff., wo er von der Häufung literarischer „Todesbilder von desillusionierender Hässlichkeit“ (S. 422) seit der Jahrhundertwende spricht.

[23] Vgl. zu Sache und Begriff vor allem Gottfried Gabriel: Über Bedeutung in der Literatur. Zur Möglichkeit ästheti­scher Erkenntnis. In: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 2 (1983), S. 7-21. (Inzwischen nachgedruckt in Gottfried Gabriel: Zwischen Logik und Literatur. Erkenntnisformen von Dichtung, Philosophie und Wissenschaft. Stuttgart 1991, S. 2-18.)

[24] Ebd.

[25] Vgl. dazu vor allem Rainer Rudolf: Ars moriendi. Von der Kunst des heilsamen Lebens und Sterbens. Köln, Graz 1957; ferner: Mary C. O‘Connor: The Art of Dying Well. The Development of the “Ars Moriendi”. New York 1942; Alberto Tenenti: La vie et la mort à travers l’art du XVe siecle. Paris 1952.

[26] Christoph Martin Wieland: Sämmtliche Werke. Band 8. Nachdr. Hamburg 1984, S. 79.

[27] Ebd., S. 81.

[28] Norbert Elias: Über die Einsamkeit des Sterbenden in unseren Tagen, S. 4.

[29] Vgl. zum Begriff der affektiven Funktion vor allem Dietrich Weber: Theorie der analytischen Erzählung. München 1975, S. 129-136; zur Affektpoetik vor allem Burkhard Meyer-Sickendiek: Affektpoetik. Eine Kulturgeschichte literarischer Emotionen. Würzburg 2005.

[30] Zu den auch für die Sterbegeschichte geltenden Regeln literarischer Emotionalisierung vgl. Thomas Anz: Tod im Text, S. 321-325.

[31] Vgl. dazu ausführlicher ebd., S. 321-323.

[32] Vgl. Anne-Marie Tauber: Die Sterbeszenen in Shakespeares Dramen, S. 45-53, insbes. S. 45f.

[33] Philippe Ariès: Geschichte des Todes, S. 783.

[34] Norbert Elias: Üben die Einsamkeit des Sterbenden in unseren Tagen, S. 16.

[35] Sigmund Freud: Studienausgabe. Band 9: Fragen der Gesellschaft, Ursprünge der Religion. Hg. von Alexander Mitscherlich, Angela Richards und James Strachey. Frankfurt a.M. 1974, S. 50.

[36] Ebd., S. 51.