In Dschibuti gerät alles durcheinander

Elmore Leonard verheddert sich mit seinem Buch „Dschibuti“

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sie ist die Beste. Dara Barr, Mitte dreißig, ist Dokumentarfilmerin, die alle Preise schon gewonnen hat. Jetzt muss sie nach Dschibuti. Dschibuti liegt in Ostafrika und hat vor allem eine hohe Arbeitslosigkeit, einen großen Hafen und einen wichtigen amerikanischen Militärstützpunkt. Dschibuti ist aber auch, so will es jedenfalls der Thriller-Autor Elmore Leonard, Rückzugsort somalischer Piraten. Eine Art modernes Tortuga, wo sie so lange Party machen können, bis das geraubte Geld weg ist.

Und so setzt sich Dara Barr mit ihrem 72-jährigen Kameramann Xavier in ihr Boot Buster und fährt hinaus, zu den Piraten. Und drei Monate später sitzt sie mit ihm in einem Hotelzimmer, sichtet das Material, schaut sich alle Aufnahmen noch einmal an und unterhält sich mit ihm darüber und wie sie es schneiden soll und ob sie lieber einen Dokumentarfilm machen oder die Idee an Hollywood verkaufen soll, für einen Superstar-Blockbuster.

Denn die Handlung ist schön verwickelt und bietet wirklich Stoff für einen bunten Film. Da sind nicht nur die somalischen Fischer, die zu Piraten werden, weil ihnen die Internationale des Kapitals die Gewässer leergefischt hat. Sondern es treiben sich noch herum: der Al-Qaida-Terrorist Jama Raisuli alias Jama al Amriki alias James Russell, ein afroamerikanischer zum Islam Konvertierter; der Piratenanführer Idris Mohammed; Ari Ahmed Scheich Bakar alias Harry Baker, ein guter Freund von Idris Mohammed, ein reicher halber Saudi und halber Engländer; das Ex-Model Helene, die beweisen muss, dass sie nicht seekrank wird, damit Harry sie heiratet; und Billy Wynn, ein texanischer Ölmilliardär. Und die „Sirius Star“, ein riesigen Tanker voll mit Flüssiggas, den man wunderbar in die Luft sprengen könnte.

Das wäre ein wunderbarer Stoff für einen Abenteuerroman, eine Liebesromanze, eine Räuberpistole und einen politischen Thriller. Ein bisschen von allem hat es, aber die komplizierte Konstruktion verhindert, dass auch nur eines davon aufgeht. Zwar sind die Dialoge, wie fast immer bei Elmore Leonard lebendig, flott und lakonisch. Aber bis auf Dara wirken die meisten Charaktere bei weitem nicht so lebendig. Leider ist gerade der Terrorist, der die zweite Hälfte des Buches dominiert, allzu schablonenhaft gezeichnet, wie eine Parodie auf die großen bösen Gegenspieler von James Bond. Und insgesamt ist der Roman dann einfach nur noch schlecht erzählt, weil ständig alles durcheinander gerät und die losen Fäden sich auch am Schluss nicht mehr so recht zu einem gut gestrickten Gobelin zusammenfügen wollen. Nicht gerade Leonards bestes Buch.

Titelbild

Elmore Leonard: Dschibuti. Roman.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Conny Lösch.
Eichborn Verlag, Frankfurt a. M. 2011.
320 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783821861425

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