Ein Unmensch? – Stefana Sabins Essay über William Shakespeares Shylock

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Es ist ein Unmensch keines Mitleids fähig“, behaupten mitleidslos die einen. „Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht?“ mahnen Gleichheit fordernd die anderen. Zeitnah mit dem provokativen Günter-Grass-Gedicht „Was gesagt werden muss“ ist im Wallstein Verlag Stefana Sabins Essay über die Figur des Juden Shylock und deren Deutung durch vornehmlich jüdische Literaten erschienen. Das unangenehme Gefühl, das Sabin nicht in Bezug auf das antisemitische Potential einer aktuellen Veröffentlichung, sondern einer über vierhundert Jahre alten Tragikomödie verspürt, nimmt sie in ihrem Aufsatz zum Anlass, den historischen und kulturellen Hintergrund des Elisabethanischen Theaterstücks zu beleuchten und Stereotype zu identifizieren. Neben dem „inhärenten Antisemitismus in der Charakterdarstellung“ zeigt die Literaturwissenschaftlerin, unter Berufung auf die Stimmen von Heinrich Heine, Gustav Landauer, Friedrich Gundolf, Harold Bloom und anderen, auch die komplexen Deutungsmöglichkeiten und die ambivalente Rezeptionsgeschichte des Werks auf. Ein heikles Thema, das subjektiv verhandelt und plausibel vermittelt wird.

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Titelbild

Stefana Sabin: »Es ist ein Unmensch keines Mitleids fähig«. Shakespeares Shylock und der Antisemitismusvorwurf.
Wallstein Verlag, Göttingen 2012.
53 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-13: 9783835310322

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