Skurril, spannend und bizarr

Lilian Faschingers neuer Roman „ Die Unzertrennlichen“ handelt von der verkommenden Moral der österreichischen Landbevölkerung

Von Barbara TumfartRSS-Newsfeed neuer Artikel von Barbara Tumfart

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine ungewöhnliche Beerdigung eröffnet den neuen Roman der 1950 geborenen österreichischen Schriftstellerin Lilian Faschinger. In die Trauergemeinschaft schlägt beim Absenken des Sarges plötzlich der Blitz ein – so der äußerst skurrile Beginn von Faschingers Buch über die moralischen Abgründe der österreichischen Provinz. Konkret spielt das Geschehen in einer kleinen Landgemeinde in der Steiermark, in die es die seit Jahren in Wien arbeitende und lebende Gerichtsmedizinerin Sissy Fux verschlägt, weil ihr alkoholsüchtiger und depressiver Vater unerwartet gestorben ist.

Beim Begräbnis trifft sie auf einen ehemaligen Studienkollegen und ortsansässigen Kinderarzt Stefan, der mit Sissys bester Freundin Regina verheiratet war. Regina ist auf bislang ungeklärte Weise vor zwei Jahren bei einem Badeunfall während eines gemeinsamen Urlaubes mit Stefan auf der italienischen Insel Procida angeblich ums Leben gekommen. Sissy Fux beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit dem alten Freund, die allerdings permanent von den Erinnerungen an die verschwundene, charismatische Exfrau überschattet ist. Eigenmächtig beginnt Sissy Nachforschungen über den angeblichen Badeunfall anzustellen und fährt einige Tage auf die italienische Insel. Dort erhält sie von den Bewohnern jede Menge Andeutungen und Hinweise – und die idyllische Fassade des vermeintlich glücklichen Paradepaares Stefan und Regina beginnt zu bröckeln. Regina war allem Anschein nach nicht die treue, hingebungsvolle Ehefrau, sondern vielmehr ein männerverschlingender Vamp, der ohne Rücksicht auf die Gefühle Anderer seine Passionen auslebte.

Zurückgekehrt in die steirische Provinz kommt es schließlich zu einem fulminanten und rasanten Showdown. Reginas Verschwinden wird aufgeklärt und Sissy kann einigermaßen unbeschadet wieder nach Wien in ihr altes Leben zurückkehren.

Faschingers Geschichte ist eine gekonnt subtile und höchst unterhaltsame zynische Satire über die moralische Verkommenheit und die brüchige gutbürgerliche Scheinwelt der österreichischen Provinzbevölkerung, vermischt mit wohldosiert eingesetzten Versatzstücken eines Kriminalromans. Die Tatsache, dass so manche Handlung zu vorhersehbar, das Agieren einiger Figuren zu dumm und gutgläubig wirkt, unterstützt die gewollt bizarre Überzeichnung des Geschehens. Unterhaltsame zeitaktuelle österreichische Gegenwartsliteratur einer stillen, zurückgezogen lebenden Autorin, die viel öfter zur Feder greifen sollte.

Titelbild

Lilian Faschinger: Die Unzertrennlichen. Roman.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2012.
319 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783552055773

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