Ein Nazi im syrischen Exil

Anmerkungen zu einem merkwürdigen Stück Zeitgeschichte in Manfred Rumpls Roman „Ein Echo jener Zeit“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit „jener Zeit“ ist der Nationalsozialismus gemeint. Also steht der Leser schon gleich zu Anfang mitten in der von Manfred Rumpl erzählten Geschichte. Zwei Protagonisten bilden die Pole, zwischen denen diese oszilliert. Auf der einen Seite ist dies der fast 100-jährige SS-Hauptsturmführer Alois Brunner, der in einem Unterschlupf in Syrien mehr tot als lebendig vor sich hin dämmert und sich langsam dem Sterben nähert. Sein Gegenpol ist die Wiener Journalistin Martha Berger, die in ihrer journalistischen Laufbahn erstmals beruflich mit der Geschichte des Nationalsozialismus konfrontiert wird, als sie in der Redaktion das Thema „Alois Brunner“ zugeteilt bekommt.

Berger, die auch auf dem Weg der persönlichen Betroffenheit mit dem Nationalsozialismus konfrontiert wird – ihre Großmutter ist immer noch eine unbelehrbare Anhängerin des NS-Regimes – recherchiert die Gerüchte über die Rückkehr und den Verbleib Brunners. In ihren Recherchen bewegt sie sich immer mehr auf den Altnazi zu, ebenso, wie dieser in Syrien von seinen Anhängern für die Rückkehr in die alte Heimat Österreich vorbereitet wird. Aber neben den historischen Komponenten des Nationalsozialismus thematisiert Manfred Rumpl auch die Problematik der Rezeptionsgeschichte. Der Vater der Journalistin, ein Achtundsechziger, hat sich mit der NS-Vergangenheit seines Ortes und seines Landes beschäftigt, scheiterte an der immer noch verbreiteten rechten Gesinnung in der Bevölkerung und spürt die Konsequenzen seines Engagements bis in die Gegenwart hinein.

Rumpl beschreibt kurz und knapp, führt die Erzählstränge gezielt zueinander und verzichtet auf eine Bewertung des Beschriebenen. So kann sich der Leser eine eigene Meinung zu diesen manchmal skurril erscheinenden Handlungssträngen bilden. Er beschreibt anhand seiner Figuren die verschiedenen Möglichkeiten, wie man sich heute mit Nationalsozialismus beschäftigen kann. Dabei lässt er auch nicht die Perspektive der Neuen Rechten außer Acht. Deutlich wird, dass der Nationalsozialismus als Thema immer mehr zur Herausforderung wird, vor allem für die junge Generation, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt, egal ob sie zu den Bösen oder den Guten zu rechnen sind.

Titelbild

Manfred Rumpl: Ein Echo jener Zeit. Roman.
Literaturverlag Droschl, Graz 2012.
232 Seiten, 19,00 EUR.
ISBN-13: 9783854208280

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