Fundgrube für alle Fälle

Der Chemiker Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger gibt eine hochwertige Zitatesammlung mit großem Eigenanteil heraus, der jedoch nur teilweise überzeugen kann

Von Josef BordatRSS-Newsfeed neuer Artikel von Josef Bordat

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, Ex-Forschungsvorstand der BASF und Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker, schreibt über seine Erfahrungen in Wissenschaft und Wirtschaft Aphorismen und hat sich zu seiner beruflich aktiven Zeit anlässlich der Vorbereitung spannender Vorträge von Sinnsprüchen berühmter Kollegen inspirieren lassen. Die Vorliebe für den kurzen Satz mit dem langen Atem hat Quadbeck-Seeger nun zu einem Buch verarbeitet, in dem er die Zitate namhafter Wissenschaftler und Philosophen, Dichter und Denker versammelt, nach Stichwörtern geordnet und um eigene Gedanken (er nennt sie „Anmerkungen“) ergänzt hat. So entstand eine ebenso praktische wie unterhaltsame „Datenbank“, auf die im Fall des Falles zurückgegriffen werden kann.

Den Schwerpunkt bildet die Reflexion von Naturwissenschaft auf die Orientierungsmarken des menschlichen Lebens („Erfolg“, „Glück“, „Geld“), auf die großen sinnstiftenden Begriffe („Wissenschaft und Gott“, „Phantasie“, „Kreativität“) und auf ihre ethischen Implikationen („Fehler“, „Fortschritt“, „Verantwortung“). Behandelt werden Grenzbereiche der menschlichen Erkenntnis und der Mensch-Natur-Beziehung. Die Natur erscheint mal „freundlich“, mal „geheimnisvoll“, dann wieder „gleichgültig“ und „unbegreiflich“. Zu Wort kommen vor allem Naturwissenschaftler mit einem gesunden Hang zur Selbstkritik, die sich der Grenzen ihrer Disziplin bewusst sind, bescheidene Forscher, die in der Lage sind, über den Tellerrand zu schauen.

Die eigenen Beiträge Quadbeck-Seegers sind abwechslungsreich in Stil und Inhalt, doch zugleich sehr wechselhaft in der Qualität. Auf durchaus Tiefgründiges („Ohne Glauben kann der Mensch zwar wissen, wo er ist, aber nicht erkennen, was er dort soll.“) und Humorvolles („Für den Theoretiker steckt der Teufel in der Praxis.“) folgen Gedanken, denen die typisch aphoristische Zuspitzung fehlt („Als die Menschen die Natur noch nicht verstehen konnten, haben sie Götter oder einen Gott erfunden, damit hinter und über allem etwas steht, das ihnen ähnlich ist.“) oder aber launig gemeinte Sprüche, die als misslungen gelten können, weil sie nicht annähernd treffen, worauf sie zielen („Für die Gläubigen einer Religion steckt der Teufel in den Göttern der anderen, womit sie die Existenz des eigenen Gottes zu beweisen glauben.“). Gerade im Kontrast mit den Aphorismen Dritter sehen die Versuche Quadbeck-Seegers manchmal nicht besonders gut aus. Oder, um mit seinen eigenen Worten zu sprechen: „Die Theorie ist grau, aber die Praxis kann grauenvoll sein.“

Das Buch ist dennoch – schon wegen der hochwertigen Ausgestaltung – ein insgesamt gelungenes Projekt. Über 300 Seiten fest gebundener Hochglanz, viele Fotos und ein Register, in dem die Berühmtheiten mit Lebensdaten und -leistung verzeichnet sind, machen es zu einer schmucken Fundgrube für Weises und Witziges. Freilich findet man (fast) alles, was in diesem Buch steht, auch in den Zitate- und Sprüchesammlungen des Internet, doch in einer gedruckten Aphorismensammlung zu schmökern, hat einen ganz eigenen Wert.

Titelbild

Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger: Aphorismen & Zitate über Natur und Wissenschaft.
Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2013.
340 Seiten, 24,90 EUR.
ISBN-13: 9783527336135

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