Chamisso-Literatur

Einige Anmerkungen zu ihrer Definition, Provenienz und Erforschung

Von Natalia Blum-BarthRSS-Newsfeed neuer Artikel von Natalia Blum-Barth

Dieser Beitrag skizziert zunächst den Begriff „Chamisso-Literatur“ und die Perspektiven ihrer bisherigen Erforschung. Im nächsten Schritt wird ein kurzer Überblick über die russische Emigration nach Deutschland und ihren historischen Kontext gegeben. Im Zentrum der Betrachtung steht der Literat und Philosoph Fedor Stepun als Vertreter der ersten Welle der russischen Emigration. Der Beitrag setzt sich zum Ziel, die Definition des Adelbert-von-Chamisso-Preises der Robert Bosch Stiftung auf diesen Autor anzuwenden, um einerseits die Tragweite dieser Definition zu prüfen und andererseits auf Autoren aufmerksam zu machen, die nicht unmittelbar zur „Chamisso-Literatur“ gezählt werden. Anhand der Interpretation des Gedichts „Neschwitz“ soll aufgezeigt werden, wie Stepun „Aspekte interkultureller Existenz sprachkünstlerisch gestaltet“. Ferner wird gefragt, ob sich das Schreiben „vor dem Hintergrund des Sprach- und Kulturwechsels“ und vor dem Hintergrund der Zweisprachigkeit unterscheiden.

I.

Seit 1985 werden mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis „deutsch schreibende Autoren nicht deutscher Muttersprache aus[ge]zeichnet.“[1] In Anlehnung an den Dichter und den nach ihm benannten Preis hat sich die Bezeichnung „Chamisso-Literatur“ für diese Autoren etabliert. Dieser Begriff ist allerdings nicht unumstritten. Auf seine Unzulänglichkeiten verwies kürzlich Dieter Lamping und betonte: „die Rede von einer ‚Chamisso-Literatur‘ ist unglücklich, kaum mehr als ein philologisches Provisorium, das nach einer Ablösung verlangt.“[2] Einer der Kritik-Punkte Lampings war, der Begriff „Chamisso-Literatur“ würde unterstellen, dass „Chamisso am Anfang dieser deutschen Literatur zweisprachiger Schriftsteller und Schriftstellerinnen stehe.“[3] Auch manche Preisträger sind über die Überbetonung ihres Status als Nicht-Muttersprachler, die mit der Verleihung des Preises einhergeht, nicht glücklich.

Die Begriffsproblematik begann allerdings nicht erst mit der Stiftung des Chamisso-Preises. Die erste, von Franco Biondi ironisch verwendete – aber von vielen nicht als solche erkannte – Bezeichnung „Gastarbeiterliteratur“ fand Eingang in die Forschung. Weitere Benennungen folgten: Ausländerliteratur, Literatur der Betroffenheit, Literatur von außen, Migrantenliteratur, Literatur der Migration, Literatur ohne festen Wohnsitz, interkulturelle/multikulturelle/transkulturelle Literatur und andere. Diese Begriffe stellen nolens volens die Andersartigkeit und oft die Nichtzugehörigkeit der „deutsch schreibende[n] Autoren nicht deutscher Muttersprache“ heraus. Die Begriffsproblematik und die Schwierigkeit, eine adäquate Bezeichnung für diese Literatur zu finden, hängen nicht zuletzt mit der Gesetzeslage zusammen. Der Aufenthalt der Gastarbeiter in der BRD in den 1950er- und 60er-Jahren war politisch gewollt auf Zeit konzipiert. Anhand der Begriffe und Formulierungen, die in der Vereinbarung über die Anwerbung und Vermittlung von italienischen Arbeitskräften nach der Bundesrepublik Deutschland (1956) verwendet wurden, stellt Carmine Chiellino fest: „Es wird sich eine Sprache entwickeln, die primär auf die Vorläufigkeit der Einwanderer in der Bundesrepublik achten wird.“[4] Und noch heute ist Deutschland kein Ein- sondern lediglich ein Zuwanderungsland, mit allen daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen.[5]

Im vergangenen Jahr wurde die Definition des Adelbert-von-Chamisso-Preises der Robert Bosch Stiftung ergänzt: „Ausgezeichnet werden herausragende Beiträge zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur von Autoren, die vor dem Hintergrund ihres eigenen Sprach- und Kulturwechsels Aspekte interkultureller Existenz sprachkünstlerisch gestalten.“[6] Ins Zentrum wurde also der sprachkünstlerische Wert vor dem Hintergrund des Sprach- und Kulturwechsels dieser Literatur gerückt. Zu wünschen wäre, dass diese Akzentuierung auch in der Forschung Berücksichtigung fände, denn lange galt ihr Interesse vordringlich Biografischem und der Identitätsthematik. Der dann in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren dominierende kulturwissenschaftliche Fokus der meisten Forschungsarbeiten konnte diesen Werken nicht gerecht werden. Zwar erfuhr die Erforschung der „Chamisso-Literatur“ wesentliche Impulse durch die Arbeiten zum kulturellen Gedächtnis (Assmann etc.), die kulturwissenschaftliche Hybriditätsforschung (Bhabha, Hall, Spivak und andere) und die Postcolonial Studies (Said), jedoch können diese Ansätze – insbesondere das Konzept der Hybridität – auch kritisch gesehen werden.[7] Der Diskurs um den dritten Raum brachte eine ganze Reihe von Forschungsarbeiten hervor, die sich allerdings wegen „Bhabha’s unwillingness to offer a clear and concrete definition of third space“[8] eher der Definition dieses Begriffes widmeten als der sprachkünstlerischen Gestaltung der zu analysierenden Werke.

Ein an der Sprache orientierter Zugang zur Literatur „deutsch schreibende[r] Autoren nicht deutscher Muttersprache“ wurde vor einigen Jahren von Carmine Chiellino beschrieben. Er arbeitete drei innovative Komponenten heraus, die ein genuines Werk der Interkulturellen Literatur, so die favorisierte Bezeichnung Chiellinos für diese Literatur, auszeichnen: (1) das Projekt eines interkulturellen Gedächtnisses, (2) die dialogische Zusammensetzung der Sprache und die Sprachlatenz und (3) die Präsenz eines interkulturellen Gesprächspartners als Leser neben dem impliziten Leser aus der eigenen Kultur.[9] Dieser Zugang ermöglicht eine differenzierte Analyse der Sprache und des Stils des jeweiligen literarischen Werkes und verspricht neue Erkenntnisse auch über die sprachkünstlerische Gestaltung hinaus.

Neue Relevanz als Vergleichsmodelle gewinnen die Fallstudien zum Sprachwechsel und zur literarischen Mehrsprachigkeit bei ost-, ostmittel- und südosteuropäischen Autoren[10] und in der Exilliteratur.[11] Auch die aktuelle Forschung zur Mehrsprachigkeit[12] kann wichtige Impulse zu Erforschung der sprachkünstlerischen Gestaltung der Werke „deutsch schreibende[r] Autoren nicht deutscher Muttersprache“ liefern. Mit dem steigenden Interesse für die Sprache, für die ästhetische und poetische Qualität und poietische Intention dieser Literatur findet auch der Begriff „translinguale Literatur“ Verwendung. Er evoziert den Sprachwechsel und korrespondiert unmittelbar mit der Definition des Chamisso-Preises. Was ist jedoch, wenn biografisch kein Sprachwechsel, sondern Zweisprachigkeit vorliegt?

Im Hinblick auf den literarischen Schreibprozess scheint eine Unterscheidung sinnvoll, denn das Werk eines Sprachwechslers ist sprachkünstlerisch anders gestaltet als das eines zweisprachigen Autors. Ein Sprachwechsler kann zu einem zweisprachigen Autor werden, aber ein zweisprachig aufgewachsener Autor ist kein Sprachwechsler, und dies schlägt sich in den literarischen Werken entsprechend nieder. Dass es zu dieser Unterscheidung nicht kommt, ist per definitionem in dem Begriff „Migrationshintergrund“ vorgegeben.[13] Wenn die in Deutschland geborenen Kinder und Enkelkinder der Zuwanderer als Menschen mit „Migrationshintergrund“ etikettiert werden, wird ihnen dann zugestanden, dass Deutsch ihre Sprache ist? Warum wird ignoriert, dass sie und viele andere in unserer globalisierten Welt von Kind an zweisprachig aufwachsen? Vielmehr wird erkennbar, dass Zwei- und Mehrsprachigkeit in früheren Jahrhunderten der Normalfall war (und an vielen Orten unserer Welt noch heute ist[14]) und erst mit der Ausbildung der Nationalstaaten zu einem kulturellen Phänomen avancierte. Wäre es nicht an der Zeit, die ethnozentrisch geprägten Vorstellungen zu überdenken und Begriffe zu reflektieren?

II.

Innerhalb der Literatur „deutsch schreibende[r] Autoren nicht deutscher Muttersprache“ nahmen in den letzten Jahren Veröffentlichungen aus der Feder von Autorinnen und Autoren zu, die in der ehemaligen Sowjetunion geboren sind, in einem deutschsprachigen Land leben und als Sprachwechsler in deutscher Sprache schreiben. Bei diesen Autoren handelt es sich um die vierte Welle russischer Emigranten nach Deutschland. Sie entstand in Folge des Falls des Eisernen Vorhangs durch die verstärkte Ausreise Russlanddeutscher[15] und den Beschluss der Innenministerkonferenz vom 9. Januar 1991, der besagte, dass das Gesetz über Maßnahmen für Flüchtlinge, die im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen wurden, (HumHaG, sog. Kontingentflüchtlingsgesetz) auf Juden und Menschen mit jüdischen Vorfahren aus der ehemaligen Sowjetunion ausgeweitet werden sollte.[16] Ein Dutzend Jahre später debütierten Lena Gorelik, Olga Grjasnowa, Olga Martynova, Katja Petrowskaja und Julya Rabinowich mit ihren auf Deutsch geschriebenen Romanen. Neben den Werken dieser als „Kontingentflüchtlinge“ eingewanderten Autorinnen erschienen Bücher von Eleonora Hummel und Alina Bronsky, die als Russlanddeutsche die ehemalige Sowjetunion verlassen konnten.

Das Phänomen „The New Nabokovs“, wie in den USA die Literatur von David Bezmozgis, Olga Grushin, Gary Shteyngart und Lara Vapnyar bezeichnet wird, ist in Deutschland längst angekommen. Mittlerweile haben diese Autoren mehrere Bücher vorgelegt und sind ein nicht wegzudenkender Teil der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur geworden. Sie setzen neue thematische und inhaltliche Schwerpunkte und prägen die deutsche Gegenwartsliteratur auf der sprachlich-stilistischen Ebene mit. Dabei knüpfen sie auch an die Autoren und Werke der drei früheren Wellen der russischen Emigration nach Deutschland an und unterscheiden sich darin von vielen Autoren der „Chamisso-Literatur“, die ihre Anfänge in der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte ab 1955 hatte.

Die erste Welle der russischen Emigration hängt mit der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte durch russische Zaren im 16. Jahrhundert zusammen. „Brain-Gain“ ist zwar ein modernes Wort, jedoch kein modernes Phänomen. Da die ersten Universitäten in Russland recht spät gegründet wurden (in Moskau beispielsweise erst 1775 auf Anregung von Michail Lomonossow, der 1736-1740 in Marburg und Freiberg studierte), mussten Zaren Ärzte, Lehrer, Architekten, Ingenieure und andere Fachkräfte aus dem Ausland beschäftigen. Sie verhalfen Russland zur raschen Entwicklung und ließen sich dort dauerhaft nieder. Nach der russischen Revolution und dem Sturz des Zaren sahen sich ihre Nachkommen gezwungen, Russland zu verlassen, um dem Roten Terror zu entkommen. Diese Emigranten gehören zu der ersten Welle, die 1920 ihren Höhepunkt erreichte.[17] Von den Autoren dieser wie auch zwei weiterer Emigrationswellen unterscheiden sich die heutigen Autoren darin, dass auffallend viele von ihnen einen Sprachwechsel vollzogen und ihre Werke auf Deutsch schreiben. In der ersten Emigration sind drei Autoren zu nennen – Fedor Stepun, Wladimir Lindenberg und Alja Rachmanowa –, die ihre Werke in deutscher Sprache schrieben. Im Folgenden werden das Leben und Werk Fedor Stepuns näher betrachtet und der Frage nachgegangen, ob Aspekte seiner interkulturellen Existenz „vor dem Hintergrund [seines] eigenen Sprach- und Kulturwechsels“ oder seiner Zweisprachigkeit sprachkünstlerisch gestaltet werden.

III.

Über Fedor Stepun schrieb man bereits zu Lebzeiten, dass er „ein Meister der deutschen Sprache geworden und ein Meister der russischen Sprache geblieben“[18] war. In der Tat war Stepun zweisprachig, was besonders deutlich wird, wenn man einen Blick in seinen Nachlass[19] wirft. Seine Arbeiten – neben literarischen waren es wissenschaftliche und publizistische – liegen in deutscher und russischer Sprache vor. Viele Texte sind in beiden Sprachen verfasst und oft wird man nicht eindeutig sagen können, was Original und was Übersetzung ist. Vor allem bei wissenschaftlichen und publizistischen Arbeiten handelt es sich häufig um die Selbstübersetzung des Autors: Stepun verbesserte, ergänzte oder kürzte und akzentuierte verschiedene Aspekte abhängig von seinem Lesepublikum. Daher rühren auch die Unterschiede in deutschen und in russischen Versionen, sodass man von zwei Originalen sprechen kann.

Fedor Augustovich Stepun wurde am 6. (19.) Februar 1884 als Friedrich Steppuhn geboren. Stepuns Biografen verweisen auf die deutsche und litauische Herkunft seiner Familie. Er kam als deutscher Bürger zur Welt und nahm vor seinem Militärdienst die russische Staatsbürgerschaft an.[20] Stepun selbst hätte sich für seine Herkunft niemals interessiert, „hätte die Weltanschauung des Dritten Reiches mich, als Professor an einer deutschen Hochschule, nicht gezwungen, meine Abstammung weitgehend zu erforschen.“[21] Die Vorfahren seines Vaters stammten aus Ostpreußen, zogen aber aus unbekannten Gründen nach Russland. Das russische Leben habe seinen Vater „eher zum Slawen, als zum Germanen“ (S. 57) geformt.

Die Mutter des künftigen Autors stammte aus dem schwedisch-finnischen Geschlecht Argelander, das Anfang des 18. Jahrhunderts nach Russland und Preußen kam. Seinen Großvater mütterlicherseits, Friedrich Argenlander, schildert Stepun als einen echten Calvinisten und „strengste[n] Asket[en]“ (S. 59). Er heiratete eine gebürtige Moskauerin, mit der er drei Kinder bekam. Nach dem frühen Tod seiner Frau behandelte er diese nicht nur mit „eiserner Strenge“, sondern züchtigte sie wie „Kosaken“ (S. 62). Dies führte dazu, dass seine jüngste Tochter Maria, spätere Mutter von Fedor Stepun, „jene in der Kindheit unbewußte, später auch vom Bewußtsein bejahte Abneigung gegen alles Deutsche“ (S. 62) entwickelte. Das verwaiste und von der Stiefmutter abgelehnte Mädchen fand die Zuneigung der russischen Dienstboten und Angestellten, insbesondere der Köchin Aljona, die das neugierige Kind in den orthodoxen Glauben einführte. Durch diese positive Erfahrung kann die Russophilie von Stepuns Mutter erklärt werden.

Obwohl in Moskau geboren, verbrachte der zukünftige Philosoph, Soziologe und Schriftsteller seine Kindheit in der russischen Provinz, in Kondrovo, ca. 200 km von Moskau entfernt, wo sein Vater einen Direktorenposten in der Papierfabrik bekam. In den Memoiren „Vergangenes und Unvergängliches“ schwärmt Stepun von seiner Kindheit: „Oh, sie war herrlich, diese gesegnete und segensreiche, von so vielen russischen Dichtern dankbar besungene, sorglose, duftige russische Kindheit!“ (S. 14). Die Kinder – Fedor und sein jüngerer Bruder – wurden von Hauslehrern unterrichtet. Wie aus der Autobiografie des Autors hervorgeht, lernten sie drei Sprachen: In Russisch wurden sie neben Geschichte und Arithmetik vom „rote[n]“ Iwan Wassiljewitsch Wlassow unterrichtet, Deutsch und Französisch brachte ihnen „die hochbürgerlich-aristokratische Anglogermanin Strauß, die in ihrer Jugend in der Schweiz Pädagogik studiert hatte“ (S. 13), bei. Nach der bestandenen Aufnahmeprüfung besuchte Fedor Stepun die St. Michaelisschule in der Trägerschaft der deutschen lutherischen St. Michaelis-Kirche in Moskau.

Dass er Philosophie studieren soll, beschließt seine Mutter: „Meine Mutter, die zum erstenmal ins Ausland gereist war, kam begeistert von Europa zurück und entschied, daß es das einzig Richtige sei, Philosophie in Deutschland zu studieren.“ (S. 110). Auf Rat eines Moskauer Universitätsdozenten fällt die Wahl auf die Universität Heidelberg. Der junge Student ist wissbegierig und engagiert, besucht auch politische Veranstaltungen und als 1905 die Russische Revolution ausbricht, tritt er selbst mit Vorträgen auf, in denen er die ideologische Grundlage der Revolution analysiert.

Einen raschen Abschluss des Studiums verhindert der tragische Tod seiner ersten Frau Anna Aleksandrovna Serebriannikova. In diese Zeit fallen seine dichterischen Versuche in russischer Sprache.[22] 1909 legt Stepun seine Dissertation (in deutscher Sprache) über die Geschichtsphilosophie Solowjews vor. Er ist einer der ersten, der Deutschland mit dem Werk des russischen Religionsphilosophen und Dichters bekannt macht. Bevor Stepun Ende Dezember 1909 nach Moskau zurückkehrt, reist er nach Italien, Frankreich, Polen und durch Deutschland, um Autoren für die mehrsprachige philosophische Zeitschrift „Logos“, deren Mitbegründer er zusammen mit Georg Simmel und Max Weber war, zu gewinnen.

Zurück in Moskau will sich der 26-jährige Philosophie-Absolvent der Heidelberger Universität an der Moskauer Universität habilitieren, wird aber von den dortigen Professoren distanziert empfangen. Christian Hufen vermutet, dass der Grund dafür weniger der Streit der konkurrierenden philosophischen Schulen ist, als vielmehr der russische Nationalismus, der Stepun „als Sohn eines Ostpreußen benachteiligt“.[23] Zwar wird sein wissenschaftlicher Feuereifer gedämpft, jedoch macht sich Stepun in Moskauer philosophischen Kreisen in erster Linie als Herausgeber der russischen Ausgabe der Zeitschrift „Logos“ einen Namen. In dieser Zeit heiratet er seine zweite Frau, Natascha Nikolskaja. Die Pläne, ein Haus zu bauen und eine Familie zu gründen, werden durch den Ersten Weltkrieg durchkreuzt.

Stepuns doppelte Zugehörigkeit verursacht bei Kriegsausbruch einen Konflikt der Loyalitäten. Als mit der Februarrevolution von 1917 die über 300 Jahre andauernde russische Zarenherrschaft beendet wird, gerät er für kurze Zeit ins politische Machtzentrum jener Zeit. Diese Tatsache wird im Nachruf als Meilenstein im Leben Stepuns herausgestellt, indem betont wird, dass er „nach dem Sturz des Zaren im Jahre 1917 zum Chef des Kriegskabinetts der provisorischen Regierung Kerenski ernannt worden war“. Auch wenn Stepun seine Rolle und „Mitschuld am katastrophalen Verlauf der russischen Geschichte“ maßgeblich überschätzt haben soll, etablierte sich in der BRD der zu seiner Popularität nicht unwesentlich beigetragene Ruf, „russischer Offizier und Politiker der Februarrevolution gewesen zu sein.“[24]

Im November 1922 muss Stepun zusammen mit seiner Frau und Mutter Russland verlassen und ins Exil gehen. Er ist unter den 160 namhaften Wissenschaftlern, die die sowjetische Führung als Reaktion auf den 1922 in Moskau erschienenen Sammelband zur Rezeption von Oswald Spenglers Geschichtsphilosophie des Landes verweist. Zunächst lässt sich der ausgewiesene Stepun in Berlin nieder, distanziert sich aber von russischen Emigrantenkreisen. Diese skizziert er durchaus kritisch in den Essays, die seit 1923 in den „Sowremennye zapisky“ (Zeitgenössische Annalen) gedruckt wurden. In den Jahren 1923-1926 schreibt und veröffentlicht Stepun weiterhin auf Russisch. In dieser Zeit veröffentlicht er unter anderem seine Abhandlung über das zeitgenössische Theater „Osnonvnye problemy teatra“, Berlin 1923 (die deutsche Ausgabe trug den Titel „Theater und Kino“, Berlin 1932) und den Briefroman mit autobiografischen Zügen „Nikolai Pereslegin“, Paris 1929 (die russische Ausgabe erschien bereits 1928 unter dem Titel „Die Liebe des Nikolai Pereslegin“). Auf Deutsch erschienen diese Werke wie auch das Buch „Wie war es möglich. Briefe eines russischen Offiziers“ (München 1929) in der Übersetzung von Käthe Rosenberg.

IV.

In welcher Sprache Stepun schreibt, hängt mit seiner Entscheidung für das Lesepublikum zusammen. Die russischen Gedichte wurden 1906 beziehungsweise Anfang 1907 in Heidelberg geschrieben und stehen im Zeichen des Symbolismus. Die Frage, warum Stepun in Deutschland seine Gedichte auf Russisch schrieb, kann in diesem Fall eindeutig beantwortet werden: Er hatte das Lesepublikum in Russland vor Augen, weshalb er diese Texte am 23. März 1907 an die Zeitschrift „Весы“ (Wessy) schickte.[25] Nach seiner Emigration 1920 schrieb Stepun für russische Emigranten, deshalb schrieb er auf Russisch. Als er beschloss, dem deutschsprachigen Lesekreis Russland und „das Gesicht der Revolution“ nahezubringen, übersetzte er seine früheren Schriften, ergänzte und vervollständigte sie und legte seine fünfbändige Autobiografie „Das Antlitz Russlands und das Gesicht der Revolution“ in deutscher Sprache vor.[26] Dass Stepun ins Deutsche wechselte, hing auch mit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Technischen Hochschule Dresden zusammen, wo er 1926 bis 1937 als Professor für Soziologie lehrte.

Verallgemeinernd kann man im Hinblick auf Fedor Stepun festhalten, dass er weitgehend in beiden Sprachen schrieb. Während er Russisch hauptsächlich als Schriftsprache für seine Philosophiearbeiten nutzte, war Deutsch die Sprache seiner Vorlesungen und Vorträge. Zweisprachig war Stepun auch in der Lyrik. Liegen aus den Jahren 1906-1907 Gedichte in russischer Sprache vor, so entstanden dreißig Jahre später einige Gedichte auf Deutsch. Auf das Gedicht „Neschwitz“ soll im Folgenden ausführlicher eingegangen werden, um Stepun als Lyriker zu würdigen und einen genauen Blick auf seine Dichtersprache vor dem Hintergrund seiner interkulturellen Existenz zu werfen.

Neschwitz 4.7.-7.8.1938[27]

Ich seh drei Störche – blutbefleckt
Sie frassen ganze Rinder
Nun glaub ich nicht – welch Schlusseffekt
Sie frässen keine Kinder.
Trotzdem ich selber wie ein Kind
Erweck! ich Mordextasen
Die Federn-Baby’s fangen Wind,
Er pickt, als ob er mich „Abnickt“
Im Nu werd ich „verblasen“
Ich kam hierher als armer Tropf
Als öder Grosstadtspiesser.
Stolz trag ich heim den grauen Kopf,
Ich weiss was heisst „Knopfspiesser“!
Ein Ekel ist ein Blatt vor’m Mund:
Gerede wie auf Platten.
Doch sieh – in Neschwitz ward mir kund
Man kann mit Anstand „blatten“
Die Böcke kamen aus dem Wald,
Die Jäger konsultieren.
Man will den schlechten Wildbestand
Durch Liebestod sanieren.
Die Böcke fügen sich dem Plan,
Sie warten lange Stunden.
Ein jeder Bock ist ein Tristan,
Der unter’m Stern des „Grossen Pan“
Das Leben überwunden.

Dieses Gedicht wurde 2003 von Robert Bird „aus unveröffentlichten Beständen des Nachlasses von F. A. Stepun“ in einer russischen Zeitschrift erstveröffentlicht. In einer Anmerkung bezieht Bird den Titel des Gedichts auf das kleine Städtchen Neschwitz in der sächsischen Oberlausitz. Weiter erläutert er, dass Neschwitz der Geburtsort von Arnold Freiherr von Vietinghoff-Riesch, einem Freund von Fedor Stepun, ist.[28] Vietinghoff-Riesch war bis zur Enteignung 1945 Besitzer des Barockschlosses Neschwitz und des Gutes mit Land- und Forstwirtschaft, wohin er regelmäßig seine Freunde einlud. Das in Birds Artikel neben dem Titel des Gedichts angegebene Datum – 4.7.-7.8.1938 – ist als Aufenthaltsdauer Stepuns auf dem Gut des Freundes zu interpretieren. Vermutlich entstand in dieser Zeit auch das vorliegende Gedicht. Bird geht auf dieses Gedicht nicht ein, weil er annimmt, „dass der Typoskript des Textes entstellt und das Gedicht selbst als Kalauer konzipiert sei“ („поскольку, вероятно, машинопись его искажена, а текст построен на немецких каламбурах“[29]). Da diese Einschätzung Birds dem Gedicht, meiner Ansicht nach, nicht gerecht wird, werde ich im Folgenden dem Text genauer nachgehen und eine Interpretation vorschlagen.

Die erste sprachliche Besonderheit dieses Gedichts besteht darin, dass Stepun sich der Jägersprache bedient und die vier daraus entliehenen Wörter in Anführungszeichen setzt: „Abnickt“, „verblasen“, „Knopfspriesser“, „blatten“[30]. Diese Wörter korrespondieren mit dem Inhalt des Textes, insbesondere im letzten Teil, wo es um die Böcke geht. Den Zugang zur Jägersprache erhielt Stepun vermutlich durch seinen Freund Vietinghoff-Riesch, der Forstwissenschaftler und Ornithologe war und seit 1935 an der Forstakademie Tharandt lehrte.[31]

Als nächstes ist zu fragen, welche Funktion den Jagdbegriffen in diesem Gedicht zukommt. Da ihre Bedeutung nicht allgemein verständlich ist, kann angenommen werden, dass der Autor sie verwendet, um die Inhalte seines Gedichts zu verschlüsseln, was in diesem Fall sein ästhetisches Konzept ausmachen würde.

Die ersten vier Zeilen muten surrealistisch an:
Ich seh drei Störche – blutbefleckt
Sie frassen ganze Rinder
Nun glaub ich nicht – welch Schlusseffekt
Sie frässen keine Kinder.

Zwischen dem lyrischen Ich und „sie“ wird ein Gegensatz aufgebaut: „Ich seh“, „nun glaub ich nicht“ – „sie frassen“, „sie frässen“. „Sie“ sind bereits im ersten Vers näher bestimmt: „drei Störche – blutbefleckt“; „Sie frassen ganze Rinder“. Deshalb glaubt das lyrische Ich nicht, „Sie frässen keine Kinder“. Dieser Satz erinnert an die angebliche Aussage Pierre Victurnien Vergniauds, den Führer der Girondisten in der Französischen Revolution, der kurz vor seiner Hinrichtung gesagt haben soll: „Die Revolution, gleich Saturn, frisst ihre eigenen Kinder.“ Dass „drei Störche“ mit einer revolutionären Bewegung assoziiert werden, erscheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich, denn der Storch ist mit anderen Eigenschaften konnotiert: Kinder, Frieden, Reichtum, Glück, Harmonie. Beim näheren Überlegen stellt man jedoch fest, dass diese Eigenschaften durchaus mit Lenins Versprechen „фабрики – рабочим, земля – крестьянам, мир – народам“ (Fabriken für Werktätige, Land für Bauern, Frieden für alle Völker) korrespondieren. Als „drei Störche“ könnte Stepun die ideologischen Begründer des Kommunismus: Marx, Engels, Lenin bezeichnet haben.[32] Durch die versprochenen Werte lösten die Bolschewiki die zaristische Regierung ab und kamen an die Macht.

Mit dem Adverb „blutbefleckt“ deutet Stepun den Roten Terror an, jene Phase der terroristischen Praktiken, die die Bolschewiki gegen konterrevolutionäre Elemente – politische und ideologische Oppositionelle, hungernde und streikende Arbeiter und Bauern, Kirchengänger, Andersdenker und andere – einsetzten. Mit dem Beschluss des Rates der Volkskommissare über den Roten Terror vom 5. September 1918[33] wurde diese Gewaltanwendung legitim. Zu diesem Zweck wurde Ende Dezember 1917 die Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage (TscheKa, russisch ВЧК) ins Leben gerufen. Für Fedor Stepun, der vom Philosophiestudium die Klärung der Frage, ob der Terror im politischen Kampf zulässig sei („допустим ли террор в политической борьбе“[34]), erwartete, waren terroristische Mittel der Bolschewiken zur Durchsetzung ihrer Machtansprüche eines der zentralen Aspekte seiner Philosophie. Vor diesem Hintergrund kann der Vers „Sie frassen ganze Rinder“ als Anspielung auf den Satz „Wir führen nicht Krieg gegen einzelne. Wir vernichten die Bourgeoisie als Klasse“[35] eines der Leiter der TscheKa gedeutet werden. Da Stepun politisch und ideologisch auf der anderen Seite stand – er war Mitglied im Kriegskabinett der provisorischen Regierung Kerenski – formuliert er seine damalige Lebensgefahr in folgenden Zeilen:

Erweck! ich[36] Mordextasen
Die Federn-Baby’s fangen Wind,
Er pickt, als ob er mich „Abnickt“
Im Nu werd ich „verblasen“.

Seinem sicheren Tod durch die Bolschewiken konnte Stepun entkommen, indem er Ende November 1922 Russland verließ und ins Exil ging. Die zwei nächsten Verse thematisieren seinen Weggang, die bittere Armut und seinen tristen Gemütszustand am neuen Ort: „Ich kam hierher als armer Tropf / Als öder Grosstadtspiesser“. Die Zeile „Stolz trag ich heim den grauen Kopf“ lässt behaupten, dass das lyrische Ich sein Exil als „heim“, Heimat empfindet. In der Tat kann angenommen werden, dass Stepun, der aus seinem geliebten Russland durch die Bolschewiken vertrieben wurde, das Exil in Deutschland als Rückkehr in die Heimat seiner Vorfahren betrachtet.

Der nächste Vers, „Ich weiss[,] was heisst ‚Knopfspiesser‘!“, erschließt sich erst, wenn man den Begriff „Knopfspießer“ versteht. Die modernen Jagd-Lexika mit ihrer knappen Definition, es handle sich um einen Rehbock oder Hirsch mit kurzem, knopfförmigem Geweih[37] tragen zum Verständnis nicht bei, deshalb bringe ich ein längeres Zitat aus einem älteren Klassiker der Waidmannsprache:

„Je nach dem Standorte unterscheidet man Berg- oder Gebirgs-, Tieflands-, Auen-, Ried-, Heide-, Landhirsche […]. Der Hirsch wird anfangs als Hirschkalb, dann bis zu dem Zeitpunkt, wo er sein Erstlingsgeweih verreckt hat, als Schmalspießer, dann bis zur nächsten Abwurfsperiode als Spießer, im dritten und vierten Lebensjahre als geringer Hirsch, im fünften und sechsten, eventuell siebenten bis zehnten Jahre erst als gering jagdbarer, als angehend jagdbarer […] [bezeichnet]. Trägt ein Geweih Abweichungen von der normalen Form, so heißt es abnorm, widersinnig oder monströs. Hirsche, die infolge schwächlicher Konstitution niemals Geweihe tragen, sondern nur kurze, meist etwas komische Rosenstöcke, heißen Kahlhirsche oder Mönche. Ein Spießer, der aus gleichem Grunde keine eigentlichen Spieße, sondern nur rundliche Knöpfe aufsetzt, heißt Knopfspießer.“[38]

Ließen diese Zeilen nicht Assoziationen zur damals propagierten nationalsozialistischen Rassenlehre zu? Im Ausruf „Ich weiss[,] was heisst ‚Knopfspiesser‘!“ gipfeln die Enttäuschung und Bitterkeit Stepuns, der „im Jahre 1937 aus seiner Stellung wegen seines offenkundigen Christentums und der Sympathie für die Juden entlassen [wurde]. Seine ehemalige Nichtanerkennung des deutschen Bürgerrechts und die Konversion zur Orthodoxie, sogar die Schreibung seines Namens, wurden auch gegen ihn verwendet. Stepuns persönliche Papiere enthalten ein erschreckendes Zeugnis dieser Episode. Es wurde Stepun auch verboten, öffentlich zu sprechen […].“[39] Als Opfer des nationalsozialistischen Gedankenguts, dem die Rassenlehre zugrunde lag, stilisiert sich Stepun zu einem „Knopfspießer“.[40]

Der nächste Zweizeiler – „Ein Ekel ist ein Blatt vor’m Mund: / Gerede wie auf Platten“ bereitet weiteres Kopfzerbrechen. Wenn man berücksichtigt, dass die Redewendung „kein Blatt vor den Mund nehmen“ auf einen alten Theaterbrauch zurückgeht, nach dem „Schauspieler obszöne und anstößige Partien ihrer Rollen durch ein Blatt Papier hindurch (mit verdecktem Mund) sprechen mussten“[41], so verschlüsselt Stepun in diesem Zweizeiler seine Ablehnung der Hitler-Reden, auf die er in der Formulierung „Gerede wie auf Platten“ anspielen könnte.

Seine Art, das Verbotene doch zum Ausdruck bringen zu können, bewundert der Autor selbst in den Zeilen: „Doch sieh – in Neschwitz ward mir kund / Man kann mit Anstand ‚blatten‘“. In der Jagdsprache wird als Blattzeit der Zeitabschnitt in der Paarungszeit des Rehwildes bezeichnet, bei dem Jäger die Lockjagd auf den Rehbock, das Blatten, ausüben dürfen.[42] Das Problem besteht allerdings darin, dass es vielerorts als unethisch gilt, auf kopulierende Rehe zu schießen. Im Hinblick auf den zitierten Zweizeiler teilt uns Stepun mit, dass er einen Weg gefunden hat, das verhängte Redeverbot zu umgehen und seine Meinung zu äußern. Erlernt hat er dies in Neschwitz: „in Neschwitz ward mir kund“. Anders formuliert, honoriert Stepun in diesen Worten den ihm durch seinen Freund Vietinghoff-Riesch ermöglichten Zugang zur Jägersprache. Diese liefert ihm die notwendige Tarnung für die schonungslose Enthüllung der Hitler-Politik: „Die Böcke kamen aus dem Wald, / Die Jäger konsultieren.“ In der Zeile „die Böcke kamen aus dem Wald“ sehe ich eine Anspielung auf die katastrophale wirtschaftliche Situation und Arbeitslosigkeit im Deutschland der 1930er-Jahre, die die NSDAP mit ihren Versprechen gekonnt ausnutzte, was ihr einen Massenzulauf der Wähler bescherte. Juli 1932: „Es war die Endphase der Weimarer Republik, nah an bürgerkriegsähnlichen Zuständen, in der die führenden Politiker um die Zukunft des Staates taktierten […].“[43]

In den letzten Zeilen des Gedichts sagt Stepun den Tod der „Böcke“ voraus:

Man will den schlechten Wildbestand
Durch Liebestod sanieren.
Die Böcke fügen sich dem Plan,
Sie warten lange Stunden.
Ein jeder Bock ist ein Tristan,
Der unter’m Stern des „Grossen Pan“
Das Leben überwunden.

Der Vers „Ein jeder Bock ist ein Tristan“ liefert einen direkten Hinweis auf Richard Wagner und sein Musikdrama „Tristan und Isolde“ (1859). Die Begeisterung Hitlers für diesen Komponisten ist nicht unbekannt. Indem Stepun jeden „Bock“ mit Tristan vergleicht, spielt er auf das Ende von „Tristan und Isolde“, auf den Tod Tristans, an. Ein weiterer Hinweis auf die Protagonisten der Oper findet sich im Wort „Liebestod“: „Man will den schlechten Wildbestand / Durch Liebestod sanieren.“ Auf Wagner und seine „Tristan“-Oper geht das literarische Motiv des Liebestodes zurück. Im Liebestod versprechen sich die Liebenden die Erfüllung ihrer gesellschaftlich unmöglichen Liebe. Denkt man daran, dass die Liebe zwischen Tristan und Isolde durch einen irrtümlich verabreichten Liebestrank entfacht wurde, kann man annehmen, dass Stepun die Verblendung der Massen durch den charismatischen Führer anprangert: „Die Böcke fügen sich dem Plan“. Diese Verführung der „Böcke“, also der Massen, nutze Hitler, um „den schlechten Wildbestand […] [zu] sanieren.“ Mit dem „schlechten Wildbestand“ spielt Stepun auf die Rassenhygiene der nationalsozialistischen Rassenlehre an. Um die Qualität des deutschen Volkes zu sichern, griffen die Nazis zu Selektionsmaßnahmen und wollten den Bestand der Arier durch gezielte Züchtung – ähnlich wie bei Tieren – kontrollieren, beispielsweise durch die Lebensbornheime.[44]

Bei den drei letzten Zeilen des Gedichts kann man behaupten, dass Stepun bereits im Sommer 1938 den Ausgang des noch nicht entfachten Zweiten Weltkrieges voraussah, indem er die Niederlage des „Grossen Pan“, des großen Führers, und den Tod seiner „Böcke“ prophezeite: „Ein jeder Bock ist ein Tristan, / Der unter’m Stern des „Grossen Pan“ / Das Leben überwunden.“ Mit dem Wort „Pan“ rekurriert Stepun auf den Hirtengott in der griechischen Mythologie, der als ein Mischwesen aus Menschenoberkörper und dem Unterkörper eines Ziegenbocks dargestellt wird. Dieses Detail ist nicht unwesentlich, wenn man bedenkt, dass der Ziegenbock im christlichen Mittelalter zur Darstellungen des Teufels verwendet wurde. Auch in der orthodoxen Ikonografie ist diese Metaphorik sehr verbreitet. Mit der Erwähnung des Pan spielt Stepun somit auf das teuflische Werk Hitlers an.

Dieses Gedicht ist buchstäblich ein Ge-dicht: zwei Diktaturen – von einer floh Stepun, die andere holte ihn ein – und dazwischen das Leben eines Intellektuellen, der in Ungewissheit und Not schwebte. Es waren jedoch nur äußere Parameter, denn Stepun begriff mit seinem Geist und Verstand das, was sehr viele zu begreifen sich geweigert haben. „Neschwitz“ ist mehr als ein biografisches Gedicht. Es ist ein Zeugnis der großen historischen Umstürze in Russland und Deutschland im 20. Jahrhundert. „Neschwitz“ ist ein hermetisches Gedicht, seine Sprache ist eine Chiffre, die Jagdsprache ist ihr Kennwort. Die Inhalte sind verschlüsselt, aber das Gedicht ist nicht selbstreflexiv. Die hier unternommene „Dechiffrierung“ offenbart die undurchsichtige Semantik des Textes und zeigt auf, welche Sprachkreativität Stepun entwickelte, um, stumm gemacht, nicht stumm zu sein.

V.

Die Festlegung des Adelbert-von-Chamisso-Preises auf deutschsprachige Gegenwartsliteratur ist gewiss als Kriterium für die Preisvergabe an lebende Autoren konzipiert. Dadurch kann jedoch suggeriert werden, dass der Sprachwechsel und das Schreiben „vor dem Hintergrund des Sprach- und Kulturwechsels“ ein modernes Phänomen wäre. In der Tat avancierte der Sprachwechsel erst mit der Ausbildung der Nationalliteraturen zu einer Besonderheit. Jahrhunderte zuvor war es anders: Im Mittelalter wurde die Wahl der Sprache beispielsweise „durch die in Frage stehende Gattung und nicht durch die Nationalität des Verfassers bestimmt“.[45]

Leonard Forster verweist auf den katalanischen Troubadouren Raimon Vidal de Besalú, der am Ende des 12. Jahrhunderts das Französische für „bestimmte lyrische Gattungen – romanz, retronsas und pasturellas“ und das Provenzalische für „vers, cansos und sirventes“ für besonders geeignet hielt[46] und somit ein mehrsprachiger Autor war, denn seine Muttersprache war Katalanisch. Die Literaturgeschichte kennt eine Reihe weiterer Beispiele, sodass Fedor Stepun bei Weitem nicht zu den Pionieren unter den zweisprachigen Autoren gehört.

Die sprachkünstlerische Gestaltung seiner „interkulturellen Existenz“ im vorgestellten Gedicht „Neschwitz“ geht über das Schreiben „vor dem Hintergrund des eigenen Sprach- und Kulturwechsels“ hinaus. Mittels der Waidmannssprache wird das Gedicht verschlüsselt, um das Verbotene doch zum Ausdruck zu bringen. Der Leser ist herausgefordert, sich auf den Text einzulassen, um die darin verschlüsselten Inhalte des kulturhistorischen Gedächtnisses des Autors zu verstehen. Da die Jagdsprache als Mittel der Codierung fungiert, gibt es einen „impliziten Leser“ („Gesprächspartner“, „wissenden Zeugen“), der laut Carmine Chiellino im Werk „verankert und in der Lage ist, das kulturhistorische Gedächtnis aus der Herkunftssprache des Autors auf Authentizität und Wahrhaftigkeit zu überprüfen.“[47] Der „wissende Zeuge“ im Gedicht „Neschwitz“ ist namentlich zu identifizieren: Arnold Freiherr von Vietinghoff-Riesch, der Forstwissenschaftler und Freund Fedor Stepuns. Wie bereits erwähnt, scheint Stepun im Vers „[…] in Neschwitz ward mir kund“ auf Vietinghoff-Riesch, der ihn in die Waidmannssprache einführte, als „impliziten Leser“ bzw. „wissenden Zeugen“ zu rekurrieren. Die Notwendigkeit, den „wissenden Zeugen“ einzuführen, entsteht laut Chiellino aufgrund des Sprachwechsels des Autors. Wie er ferner ausführt, wird der in den Nationalliteraturen etablierte „Autor-Leser-Pakt“ mit dem Sprachwechsel des Autors außer Kraft gesetzt, weil ihr kultur-historisches Gedächtnis in verschiedenen Sprachen liegt. Das Gedicht „Neschwitz“ veranschaulicht sehr gut, dass zwei kulturhistorische Kontexte, die im Leben des Autors zusammentrafen, auch in diesem Text in deutscher Sprache zusammengeführt werden.

Die Besonderheit dieses Gedichts besteht darin, dass hier Russisch nicht als latente Sprache fungiert. Dies kann dadurch erklärt werden, dass Stepun kein Sprachwechsler, sondern ein zweisprachiger Autor ist. In Hinblick auf die von Carmine Chiellino beschriebenen Komponenten der interkulturellen Literatur lässt sich zusammenfassen, dass in Stepuns Gedicht sowohl zwei kulturhistorische Gedächtnisse, als auch der „interkulturelle Gesprächspartner“ vorhanden sind. In diesen zwei Aspekten wäre das Schreiben „vor dem Hintergrund eines eigenen Sprach- und Kulturwechsels“ und vor dem Hintergrund der Zweisprachigkeit sprachkünstlerisch ähnlich gestaltet. Der Unterschied scheint im Hinblick auf die Sprachlatenz zu bestehen. Durch die Verschlüsselung der Inhalte mittels der Jagdsprache kommt die dialogische Zusammensetzung der Sprache des Gedichts „Neschwitz“ durch das Zusammenwirken der deutschen Hochsprache und der Fachsprache, der Waidmannssprache, zustande. Ob dies der Grund dafür ist, dass die Sprachlatenz des Russischen ausbleibt, oder ob Sprachlatenz das Alleinstellungsmerkmal der Sprachwechsler und somit des literarischen Schreibens „vor dem Hintergrund eines eigenen Sprach- und Kulturwechsels“ ist, müsste in weiteren Arbeiten untersucht werden.

[1] „Über den Chamisso-Preis“. In: http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/14169.asp. Zugriff am 24.06.2013.

[2] Lamping, Dieter: Deutsche Literatur von nicht-deutschen Autoren. Anmerkungen zum Begriff der „Chamisso-Literatur“. In: Chamisso. Viele Kulturen – eine Sprache. Robert Bosch Stiftung, März 2011/5, S. 18-21, hier S. 18.

[3] Ebd.

[4] Chiellino, Carmine: Gastarbeiterdeutsch als solidarische Sprache für die Einwanderer und für eine interkulturelle Literatur in deutscher Sprache? In: Bewegte Sprache. Vom „Gastarbeiterdeutsch“ zum interkulturellen Schreiben. Hg. v. Carmine Chiellino und Natalia Shchyhlevska. Thelem, Dresden 2013, S. 27-57. (Erscheint im September).

[5] Vgl. das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)“. In: Bundesministerium des Inneren. Gesetze und Verordnungen: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Gesetzestexte/DE/Z/Zuwanderungsgesetz.html. Zugriff am 24.06.2013.

[6] „Über den Chamisso-Preis“. In: http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/14169.asp. Zugriff am 24.06.2013.

[7] Dagegen sprechen sich u. a. Leslie Adelson und Kien Nghi Ha aus. Vgl. Adelson, Leslie A.: Against Between – Ein Manifest gegen das Dazwischen. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hg.): Literatur und Migration. Text + Kritik Sonderband. München 2006, S. 36-46; Ha, Kien Nghi: Hype um Hybridität. Kultureller Differenzkonsum und postmoderne Verwertungstechniken im Spätkapitalismus. Bielefeld 2005; Ha, Kien Nghi: Unrein und vermischt. Postkoloniale Grenzgänge durch die Kulturgeschichte der Hybridität und der kolonialen „Rassenbastarde“. Bielefeld 2010. Norbert Mecklenburg kritisiert ferner den verbreiteten Gebrauch des Terminus „Hybridität“ als „catch-all-phrase“, Vgl. Mecklenburg, Norbert: Das Mädchen aus der Fremde. Germanistik als interkulturelle Literaturwissenschaft. München 2008, S. 112.

[8] Dalal, Sanghamitra: Book Reviews: Communicating in The Third Space edited by Karin Ikas and Gerhard Wagner. In: Transnational Literature, Volume 3, Issue 1, November 2010, S. 2. Auch Spivak ist der Ansicht, dass der Diskurs des „Dazwischens“ lediglich eine weitere Ausprägung des dominanten Diskurses sei, da er eine „Puffergruppe“ brauche, um die Hinterfragung der eigenen privilegierten Position zu vermeiden. Vgl. Spivak, Gayatri Ch.: Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Wien 2008, S. 49.

[9] Vgl. Chiellino, Carmine: „Einleitung: Eine Literatur des Konsens und der Autonomie – Für eine Topographie der Stimmen.“ In: Ders. (Hrsg.): Interkulturelle Literatur in Deutschland. Ein Handbuch. Stuttgart 2000, S. 51-62; Chiellino, Carmine: Liebe und Interkulturalität. Essays 1988-2000, Tübingen 2001, insbes. S. 19f., 89-91, 101-103;  Chiellino, Gino: Ich in Dresden. Eine Poetikdozentur. Dresden 2003, S. 12f.

[10] Kliems, Alfrun / Trepte, Hans Christian: Der Sprachwechsel. Existentielle Grunderfahrungen des Scheiterns und des Gelingens. In: Behring, Eva u.a. (Hg.): Grundbegriffe und Autoren ostmitteleuropäischer Exilliteraturen 1945-1989. Ein Beitrag zur Systematisierung und Typologisierung. Stuttgart 2004, S. 349-392; Makarska, Renata: Sprachwechsel als Übersetzung. Polnische migrierte Literatur und die literarische Mehrsprachigkeit. In: Dathe, Claudia u. a. (Hg.): Zwischentexte. Literarisches Übersetzen in Theorie und Praxis. Berlin 2013, S. 235-253.

[11] Lamping, Dieter: Haben Schriftsteller nur eine Sprache? Über den Sprachwechsel in der Exilliteratur. In: Ders.: Literatur und Theorie. Über poetologische Probleme der Moderne, Göttingen 1996, S. 33-48; Lamping, Dieter: Zweisprachigkeit und Interkulturalität in der jüdischen Literatur. Zum Problem des ‚literarischen Internationalismus‘. In: Schmitz-Emans, Monika und Schmeling, Manfred (Hg.): Aspekte der Globalisierung. Würzburg 1999, S. 247-258. Vgl. auch Utsch, Susanne: Sprachwechsel im Exil. Die ‚linguistische Metamorphose‘ von Klaus Mann. Köln u. a. 2007.

[12] Kilchmann, Esther: Poetik des fremden Worts. In: Zeitschrift für interkulturelle Germanistik. 3/2012/H 2, S. 109-129.

[13] Zu den Menschen „mit Migrationshintergrund“ zählen „alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“. Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland: Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2005. Erschienen am 4. Mai 2007. In: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/MigrationIntegration/Migrationshintergrund2010220057004.pdf?__blob=publicationFile, S. 6. Zugriff am 28.06.2013.

[14] Bei insgesamt ca. 6.500 Sprachen auf der Welt und 193 Staaten (Mitglieder der Vereinten Nationen) liegt ein Verhältnis von 30:1 vor, was auf Zwei- und Mehrsprachigkeit vielerorts schließen lässt.

[15] Zum Begriff „Russlanddeutsche“ vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 116.2. In: http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_116.html. Zugriff am 25.06.2013.

[16] Zukunft der jüdischen Zuwanderung nach Deutschland. In: Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Drucksache 16/1318 vom 30.06.2006. In: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/020/1602097.pdf. Zugriff am 26.06.2013.

[17] Die Emigranten der zweiten Welle verließen die Sowjetunion während des Zweiten Weltkrieges oder unmittelbar danach. Die dritte Emigration erfolgte aus Enttäuschung über „die Kurzfristigkeit des ‚Tauwetters‘ nach Stalins Tod“. Vgl. Kasack, Wolfgang: Die russische Schriftsteller-Emigration im 20. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte, den Autoren und ihren Werken. München, Verlag Otto Sagner in Kommission 1996, S. 11-19.

[18] Thimm, Gerhard: Gelehrter und Grandseigneur. In: DIE ZEIT, 25.2.1954 Nr. 08, http://www.zeit.de/1954/08/gelehrter-und-grandseigneur/komplettansicht. Zugriff am 26.06.2013.

[19] Der Nachlass Fedor Stepuns befindet sich in Yale University Library, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, General Collection of Rare Books and Manuscripts. Guide to the Fedor Stepun Papers, GEN MSS 172, http://beinecke.library.yale.edu/ Zugriff am 26.06.2013.

[20] Vgl. Bambauer, Klaus: Zur Erinnerung an Fedor Stepun (1884-1965). In: http://www.borisogleb.de/stepun.htm. Zugriff am 20.04.2013.

[21] Stepun, Fedor: Vergangenes und Unvergängliches. Aus meinem Leben 1884-1914. Verlag Josef Kösel in München 1947, S. 29. Wenn nicht anders vermerkt, wird im Haupttext im Folgenden aus diesem Buch nur unter Angabe der Seitenzahl zitiert.

[22] Die Gedichte in russischer und deutscher Sprache aus dem Nachlass des Autors wurden veröffentlicht in: Р. Бёрд (Robert Bird): Неопубликованные материалы из архива Ф.А. Степуна (Aus unveröffentlichten Beständen des Nachlasses von F. A. Stepun). НЛО. Независимый филологический журнал (NLO. Die unabhängige philologische Zeitschrift), Nr. 63/2003. In: http://magazines.russ.ru/nlo/2003/63/n23.html. Zugriff am 27.06.2013. Im Weiteren wird die Kurzform „Bird: Stepun-Nachlass“ verwendet.

[23] Hufen, Christian: Fedor Stepun. Ein politischer Intellektueller aus Rußland in Europa; die Jahre 1884-1945, Berlin: Lukas-Verlag 2001, S. 58.

[24] Hufen: Fedor Stepun, S. 75.

[25] Bird: Stepun-Nachlass.

[26] Der erste Band erschien 1934 im Gotthelf-Verlag Bern-Leipzig. 1961 veröffentlichte Kösel eine gekürzte einbändige Fassung dieses Werkes. Einige Jahre vor seinem Tod verfasste Stepun drei weitere Bücher auf Deutsch: Der Bolschewismus und die christliche Existenz, München, 1959; Dostoewskij und Tolstoj. Christentum und soziale Revolution, München, 1961; Mystische Weltschau, München, 1964.

[27] Bird: Stepun-Nachlass.

[28] Bird: Stepun-Nachlass, Fußnote 23.

[29] Bird: Stepun-Nachlass, Fußnote 24.

[30] Jagdlexikon. Bearb. Gerhard Seilmeier. BLV Verlagsgesellschaft mbH, München 1996: „Beim Genickfang (Abnicken) wird ein spitzes Waidmesser durch das Hinterhauptloch gestoßen, um das Rückenmark zu durchtrennen, i.d.R. handelt es sich um eine Quälerei“ (S. 16); „blatten – Lockjagd auf den Rehbock zur Brunft (Blattzeit). Der Jäger ahmt dazu den Kontaktlaut (fiepen) des weiblichen Rehs nach […]“ (S. 114);  „verblasen – Bei zur Strecke gelegtem Wild die entsprechenden Jagdsignale („Totsignale“, z.B. „Hirsch tot“) blasen“ (S. 744). Zu „Knopfspiesser“ vgl. Fußnote 37.

[31] Zur Biografie von Vietinghoff-Riesch vgl. Rozsnyay, Zoltán / Kropp, Frank: Arnold von Vietinghoff-Riesch. In: Dies.: Niedersächsische Forstliche Biographie. Ein Quellenband. Aus dem Walde (1998): Mitteilungen aus der Niedersächsischen Landesforstverwaltung (Band 51). Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF), Wolfenbüttel 1998. S. 450-458.

[32] 1933 entwarf Gustav Klecis das Plakat „Выше знамя Маркса, Энгельса, Ленина и Сталина!“ (Höher die Flagge von Marx, Engels, Lenin und Stalin!“ ) – vgl. http://www.plakaty.ru/i/plakats/medium/1785.jpg – auf das Stepun angesichts der Erschießung Klecis’ anspielen könnte, der im Februar 1938, wenige Monate vor Entstehung des Gedichts, politischen Säuberungen Stalins zum Opfer fiel.

[33] Das Faksimile dieses Beschlusses kann eingesehen werden in: http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_ru&dokument=0006_ter&object=facsimile&pimage=3&v=100&nav=&l=de. Zugriff am 27.06.2013. Vgl. auch Baberowski, Jörg: Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus. Deutsche Verlagsanstalt, München 2003; Павел Георгиевич Софинов: Очерки истории Всероссийской Чрезвычайной Комиссии (1917–1922 гг.). Госполитиздат, Москва 1960 (In deutscher Sprache: P. G. Sofinow: Abriß der Geschichte der Allrussischen Außerordentlichen Kommission (1917–1922). Juristische Hochschule, Potsdam 1967.

[34] Автореферат Ф. А. Степуна. In: Bird: Stepun-Nachlass.

[35] Zit. n. Baberowski: Der Rote Terror, S. 38 f.

[36] Vermutlich steht im Manuskript „in“.

[37] Vgl. Jagdlexikon. Bd. 1, S. 438.

[38] Dombrowski, Ernst v.: Jagd ABC für alle, die Jäger werden wollen. Berlin 1897, S. 102-103.

[39] Bambauer, Klaus: Zur Erinnerung an Fedor Stepun. In: http://www.borisogleb.de/stepun.htm. Zugriff am 31.05.2013.

[40] Es muss erwähnt werden, dass Fedor Stepun anfangs „gegenüber den Elementen der nationalsozialistischen Sache öffentliche Billigung ausdrückte. […] Bei einem Besuch in der Schweiz im Jahre 1936 erzählte Paul Tillich F. Stepun von der europäischen Sicht Hitlers und berichtete: ‚Er ist tief erschüttert, er fühlt, dass er den Nazismus zu leicht genommen hat.‘“ Vgl. Bambauer, Klaus: Zur Erinnerung an Fedor Stepun. In: http://www.borisogleb.de/stepun.htm. Zugriff am 31.05.2013.

[41] http://www.redensarten-index.de/suche.php Zugriff am 2.06.2013.

[42] Vgl. Gauß, Jürgen: Blattjagd. In: Deutsche Jagdzeitung, 7/1999. In: http://www.djz.de/447,852/. Zugriff am 31.05.2013.

[43] Riedel, Katja: Hitlers Machtübernahme. Das Ende der ersten Demokratie. Focus online, 30.01.2008. In: http://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/nationalsozialismus/tid-8712/hitlers-machtuebernahme_aid_235498.html. Zugriff am 31.05.2013.

[44] Koop, Volker: Dem Führer ein Kind schenken. Die SS-Organisation „Lebensborn“ e. V. Böhlau, Köln 2007.

[45] Chaytor, H. J.: From Script to Print. Cambridge 1945. Zit. n. Forster, Leonard: Dichten in fremden Sprachen. München 1974, S. 30.

[46] Vgl. Forster, Leonard: Dichten in fremden Sprachen. München 1974, S. 30.

[47] Chiellino, Carmine: Was ist interkulturelle Literatur und wie werde ich zum interkulturellen Leser? Öffentlicher Vortrag an der Universität Mainz am 17. November 2011 im Rahmen der Gastprofessur am Zentrum für Interkulturelle Studien. Ferner auch die Literaturangabe in Fußnote 9.

Ein Beitrag aus der Komparatistik-Redaktion der Universität Mainz