Sich verzweigende Möglichkeiten

Felix Philipp Ingold lotet die Biographie von Jan Potocki in Form eines erzählten Computer-Games aus

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Besprochene Bücher / Literaturhinweise

 „Alles Lug und Trug. Alles klar. Alles wahr“. Felix Philipp Ingolds „Noch ein Leben für John Potocki“ erzählt die Biografie einer schillernden abenteuerlichen Figur als Computer-Game. In einer virtuellen Umgebung werden Etappen aus dem Leben von Jan Nepomuk Potocki (1761-1815) in neuem Licht plastisch entfaltet. Unter den Augen der Leserschaft erweckt Ingold biografische Schlüsselerlebnisse und historische Sternstunden in glänzendem Licht neu. Bei letzteren ist vor allem an den legendären Schachtürken (den ersten „Schachcomputer“) zu denken, an dessen Entwicklung auch Potocki mitbeteiligt gewesen sei.

Alles in allem bleibt die derart heraufbeschworene historische Epoche jedoch ein künstliches Gebilde, denn unser Wissen ist gänzlich abhängig von unserer (modernen) Optik. Felix Philipp Ingold ist ein Autor, der bestens um diese Klüfte weiß. Biografien sind brüchiges Gelände. Deshalb versucht er schon gar nicht, eine ganz und gar wahrhaftige Biografie über Potocki zu schreiben.

So reizvoll das Spiel mit den Möglichkeiten ist, so sehr ist das digitale Setting narrativ wie technisch nicht restlos konsistent. Die virtuelle Umgebung präsentiert sich als Hybrid zwischen Konsolenspiel und Computerspiel, zwischen levelbasierter Spielwelt und virtueller Lebenswelt à la Second Life. Soll Potockis Leben gewonnen werden, oder bildlich ausstaffiert und verknüpft? Felix Philipp Ingold: Noch ein Leben für John Potocki.

B.M.

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Titelbild

Felix Philipp Ingold: Noch ein Leben für John Potocki.
Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2013.
535 Seiten, 29,90 EUR.
ISBN-13: 9783882210750

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