Mit Lederstrumpf auf hoher See

James Fenimore Coopers Lebensbeschreibung des Seemanns Ned Myers

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

James Fenimore Cooper (1789–1851) ist eine Schlüsselfigur der amerikanischen Literaturgeschichte. Er gehörte zu den amerikanischen Autoren, die als erste überhaupt von ihrer schriftstellerischen Tätigkeit leben konnten. Im Zuge des Schreibens, das er erst Anfang der 1820er-Jahre begann, nachdem die Familie in finanzielle Not geraten war, schuf er eine Reihe von Romanen, die zum Kanon der amerikanischen Nationalliteratur zählen – wenn man denn unbedingt von einer Literatur ausgehen möchte, die nationale Identität stiftet. Er orientiert sich an den kommerziell erfolgreichen Erzählern der ersten Jahrzehnte des neunzehnten Jahrhunderts und greift auf Erzählmuster und Themen der Unterhaltungsliteratur zurück. Eine seiner Orientierungsfiguren ist Walter Scott, nach dessen Vorbild er seine ersten historischen Romane schreibt. Dabei sollte sich bei dem Viel- und Schnellschreiber Cooper ein breites Spektrum an Themen herausbilden.

Neben Essays und satirischen Texten verfasste Cooper die ersten Seefahrtsromane. In diese Kategorie gehört auch der vorliegende Band über den Seefahrer „Ned Myers“. Die nachgestelle Formulierung „Ein Leben vor dem Mast“ verweist darauf, das es sich bei Myers um einen Seefahrer der unteren Mannschaftsränge handelt; war die Mannschaft im Gegensatz zu den Offizieren und höheren Rängen einer Schiffsbesatzung doch immer vor dem Mast auf dem Schiff untergebracht. In der aus der Perspektive von Ned Myers geschriebenen Lebensbeschreibung erzählt Cooper ein entbehrungsreiches, hartes, aber auch in vielerlei Hinsicht abenteuerliches Leben auf einer Vielzahl von Schiffen in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts.

Ned Meyers ist bei seiner Anerkennung als Schiffsjunge auf einem Handelsschiff vierzehn Jahre alt. Auf seinen ersten Reisen lernt er den Autor kennen, der ebenfalls eine Laufbahn in der Seefahrt anstrebt. Mehr als ein viertel Jahrhundert später, so die Legende des Romans, trifft er den mittlerweile zum Romancier avancierten Cooper an Land wieder und erzählt ihm seine Abenteuer, die dieser in den vorliegenden Lebenserinnerungen verarbeitet. Diese „Schiffsgeschichten“ liegen jetzt nach über 150 Jahren in einer ordentlichen Übersetzung von Alexander Pechmann vor. Sie markieren eine frühe Form des Seefahrerromans, sind größtenteils unterhaltsam zu lesen, warten aber durchaus auch mit einigen – eher nur für den Freund maritimer Erzählungen interessanten – detailreichen Beschreibungen aus dem Seefahrtsbereich auf, die manchmal etwas langatmig scheinen. Trotz dieser kleinen Kritikpunkte ist es ein kurzweiliges Buch, das mit seiner schönen Ausstattung im Schuber auch einen äußerlich sehr hochwertigen Eindruck vermittelt.

Titelbild

James Fenimore Cooper: Ned Myers oder Ein Leben vor dem Mast.
Herausgegeben von Alexander Pechmann.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Alexander Pechmann.
Mare Verlag, Hamburg 2014.
389 Seiten, 28,00 EUR.
ISBN-13: 9783866481909

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