Es ist vollbracht!

Markus Orths bricht in Alpha & Omega humorvoll mit der Tradition typischer Weltuntergangsgeschichten – endlich!

Von Nina JanzRSS-Newsfeed neuer Artikel von Nina Janz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Utopische oder dystopische Szenarien über einen bevorstehenden Weltuntergang gibt es zahlreiche. Und noch mehr. Doch selten hat sich diese Problematik so wenig ernst genommen wie in Markus Orths zehntem Buch Alpha & Omega. Programmatisch ist dem Roman ein Zitat von Max Ernst vorangestellt: „Wir setzen der Verrücktheit der Welt unsere eigene Verrücktheit entgegen. Wir bilden uns nicht ein, mit unserer Verrücktheit irgendwen heilen oder ändern zu können.“ An diesem Leitspruch scheint sich Orths zu orientieren, wenn er in diesem Buch der Physik nach allen Regeln der Kunst ins Gesicht lacht und in ihre bisherigen Leerstellen ein großes „WAS WÄRE WENN?“ einfügt. Auch Religion und Philosophie karikiert Orths sympathisch und intelligent in einem Roman, der dank eines lockeren Erzählstils und der Einstreuung einiger aktueller Ereignisse und Personen eine raffinierte Mischung aus Charme, Humor und grenzenloser Übertreibung bietet.

Die Geschichte beginnt im Jahr 2525 n.Chr. (oder 525 nach Omega), was nicht zufällig an Zager and Evans’ gleichnamigen Hit erinnert. Erzählt wird sie von Elias Zimmermann, der, als eine höher entwickelte Spezies Mensch (er hat 4 Gehirnviertel), ins Jahr 2000 n.Chr. reist, um so die bevorstehende Zerstörung der Erde zu verhindern. Mal wieder!

Elias tritt nun als unsichtbarer Zeitreisender in die Lebenswelt und Entwicklungsgeschichte der Familie Zacharias ein und wird Zuschauer und Beteiligter der Rettung der Welt. Gekonnt schafft Orths hierbei eine Vernetzung der wunderbar herausgearbeiteten Figuren, durch welche die zweifache Rettung erst gelingen kann. Da wären etwa Gusto Winter, der Großvater von Alpha und Omega, seinerseits Philosoph, Lebenskünstler, Magier und Spieleerfinder, ein buddhistischer Mönch, der in Omega den neuen Dalai Lama gefunden haben will, Matthias Schamp, ein waghalsiger Performancekünstler und Sabrina Stewart, eine karrierebesessene Physikerin, die mit der Erschaffung eines Schwarzen Loches am CERN die Erde in Gefahr bringt.

Gekrönt wird dieses Konglomerat aus Zufällen, Beziehungen und Querverbindungen durch humoristische, intelligente und gleichzeitig sensible Spitzen gegen Wissenschaft und Religion. Das Erschaffen und Durchreisen von Schwarzen Löchern, die Entdeckung der Weltformel als String-Tanga-Theorie (t=anG/a) oder das Aufheben von physikalischen Gesetzen wären nur einige, zum Teil kongeniale, Ansätze, ebenso wie der augenscheinliche, sich durch das ganze Buch ziehende, Vergleich zwischen Omega und Jesus Christus, der wiederum spätestens durch Elias Ausruf „Jetzt sag bloß nicht es ist vollbracht“ auf die Spitze getrieben wird.

Doch bei allem Humor schlägt Orths auch leicht kritische Töne an, wenn er etwa die Rettung der Welt zum reinen Medienereignis verkommen lässt (gefilmt von James Cameron natürlich) oder die Hilflosigkeit der Physiker im Umgang mit dem von ihnen geschaffenen Schwarzen Loch aufzeigt. Kurz: Markus Orth ist es mit diesem Buch gelungen, eine wirklich abgenutzte Thematik mit viel Humor und einer intelligenten Story hochinteressant zu gestalten. So schafft er eine Parodie auf Wissenschaft und religiöses Erlösertum, die trotz der wildesten Absurditäten und zum Teil verwirrenden Zusammenhänge immer wieder spannungsvoll überrascht und fesselt. Endlich ein Weltuntergang, der Spaß macht!

Titelbild

Markus Orths: Alpha & Omega. Apokalypse für Anfänger.
Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2014.
524 Seiten, 24,95 EUR.
ISBN-13: 9783895614736

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