Wie man Holz fällt, stapelt, verbrennt

Lars Mytting hat alle Fakten ums Feuermachen parat

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Holzmachen kann auch seine Tücken haben: „Man kann das Feuer im Ofen nicht wirklich genießen, wenn man dafür Körperteile opfern muss“, schreibt Lars Mytting mit feiner Ironie in seinem Buch „Der Mann und das Holz“. Spät hat der Norweger gemerkt, was alles in diesem simplen Vorgang steckt, ein Haus warm zu machen und warm zu halten. Und dass es einem beim Feuern mit Holz zweimal warm wird: Wenn man den Ofen zum Bullern gebracht hat, aber auch schon vorher, wenn man das Holz schlägt: „Beim Stämmeschleppen verbraucht man 1168 kcal pro Stunde, beim Spalten mit einer Axt 444 kcal.“ Nur das schnelle Laufen verbraucht mehr Kalorien: 1.213 kcal. Kein Wunder, dass man sich als Waldarbeiter deftig ernähren musste und die Bezeichnung „Holzfällersteak“ nicht von ungefähr kommt. „Die Menge an Erbsen und Speck, die den Holzfällern zustand, würde heutige Ernährungsphysiologen vermutlich in den Wahnsinn treiben“: 9.300 kcal nahmen sie zu sich, damals, als es noch im Tiefschnee zu einem Zwölfstundentag in den Wald ging, mit „Rückepferd, Axt und Zweihandsäge“.

Eine Menge erstaunlicher, aber auch praktischer und wichtiger Fakten breitet Mytting in seinem wie ein Stück Holz gebundenen Handbuch aus. Von der Frage, wann man das Holz schlagen muss über die verschiedenen Methoden, es zu stapeln und zu trocknen, die unterschiedlichen Holzarten und wie sie brennen bis zum richtigen Ofen und wie man das Holz im Ofen am besten aufbaut, damit es auch brennt – es steht fast alles in diesem kleinen Buch. Das einzige, was fehlt, ist, was man am besten mit der Asche macht.

Manchmal erzählt Mytting kleine Geschichten, wie die von seinem Nachbarn Ottar, der im Winter wegen seiner Lungenkrankheit kaum vor die Tür gegangen ist. Aber als ein Traktor ihm im Frühjahr eine Riesenmenge Holz vor die Tür kippte, Ende April (das Schmelzwasser stand noch in Pfützen herum), machte er sich an die Arbeit: „Ottar brauchte einen Monat für seinen Stapel. Oft hielt er inne, um den Wohlgeruch zu genießen […] Eines Morgens lagen nur noch Späne und Rinde auf dem Boden, die er auflas, um sie später als Anzünder zu benutzen. Nie habe ich eine größere Veränderung bei einem Menschen gesehen. Ottar ging aufrechter und machte Spaziergänge, und eines Tages warf er tatsächlich einen nagelneuen, knallgelben Rasentraktor an und mähte den Rasen auf seinem Grundstück.“ Oder er berichtet von einem Künstler, der sein Holz gerne doch noch ein bisschen anders als die Normalnorweger schichten, zum Beispiel wie ein Rundhaus. Oder vom alten Ehepaar, die ihren Lieblingskomponisten Rossini in einem Holzstapel verewigt haben – bis sie das Holz zum Feuern brauchen.

Holz ist zu einer Obsession für Mytting geworden: Es hält die Menschen im Norden nicht nur am Leben, sondern versorgt sie auch mit Gefühlen und diesen ganz besonderen und typischen Düften, je nach Holzart. Dennoch: Der Verlag hat für dieses Buch mit dem Begriff „Kulturgeschichte“ geworben – das ist es leider überhaupt nicht. Wieviel hätte man nicht erzählen können, was macht und machte der Mensch alles aus Holz: Musikinstrumente, Spielzeug, Waffen, Häuser… Und was hat das Holz aus dem Menschen gemacht: ein Lebewesen, das selbst im härtesten Winter überleben kann. Aber mehr als ein paar Anekdoten steuert Mytting zu diesem schönen Thema nicht bei.

Dafür ist es ein umfassendes Handbuch geworden, denn Mytting erzählt, wo man Holz schlagen soll, wann und welches. Welches Holz niemals trocknet, welche Bedeutung die Mondphasen haben. Welches Werkzeug man braucht und wie man es behandeln muss, welche norwegischen Motorsägen es gibt. Wie der Hauklotz aussehen muss, wie der Stapel, wie der Trockenschuppen. Welche Öfen es gibt und welche Heizbilanz sie haben, wie das Feuer aussehen und wie man den Ofen reinigen und was man bei einem Kaminbrand machen muss. Untermauert mit vielen, auch trockenen, chemischen, physikalischen und ökologischen Fakten. Es ist ein Sachbuch, auch ein Nachschlagewerk, mit ein paar auflockernden Geschichten darin.

Titelbild

Lars Mytting: Der Mann und das Holz. Vom Fällen, Hacken und Feuermachen.
Insel Verlag, Berlin 2014.
222 Seiten, 18,00 EUR.
ISBN-13: 9783458176015

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