Donaldismus für Einsteiger und Fortgeschrittene

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Viele literarische Schöpfungen verfügen über ihre Fangemeinden, Ausnahmewerke erfreuen sich dagegen einer quasi-religiösen Anhängerschaft. Nur wenige treiben es jedoch so bunt wie die Donaldisten – eine verschworene Gemeinschaft, in der man sich darauf verständigt hat, die von Erika Fuchs ins Deutsche übertragenen, kanonischen Entenhausen-Comics aus der (Enten-)Feder von Carl Barks für bare Münze zu nehmen. Die Tragweite des Donaldismus, der einerseits als Wissenschaftssatire fungiert, zugleich aber differenzierte Analysen eines populärkulturellen Phänomens produziert hat, lässt sich in einem ebenso amüsanten wie erhellenden Buch von PaTrick Bahners nachlesen, das zuerst 2014 erschienen ist und inzwischen in einer Taschenbuchausgabe vorliegt. Aus dem Barks-Archiv trägt dieser das komplette Wissen über Entenhausen zusammen und erschließt aus Dialogen, Plots und Bildern der Quelltexte das komplette Wissen der Entenhausener: Topografie, Staatsform und Weltbild.

Bahners‘ akribisches, in sieben Hauptkapitel gegliedertes Unterfangen ist nicht durchweg leichte Kost und dürfte zum Beispiel manchen Leser, der es gewohnt ist, bei der Paraphrase fiktionaler Texte im Präsens bedient zu werden, mit seinem historisierenden Präteritum irritieren (dessen Wahl freilich mit Blick auf die Prämissen des Donaldismus nur konsequent ist), doch die Akribie seiner Quellenberichte, die so unterschiedliche Disziplinen wie Ethnologie, Finanzwesen und Religionswissenschaft einschließt, entschädigt vollkommen für solche stilistischen Eigenheiten. Am Ende der üppig bebilderten Lektüre dürfte nicht jeder Leser zum Donaldismus bekehrt worden sein, aber zumindest reichlich Wissenswertes gelernt haben: etwa, welche der uns bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten in Entenhausen greifen,  weshalb die Stadt sowohl in Amerika als auch in Europa angesiedelt sein muss, welche politische Schlüsselrolle den Panzerknackern zukommt, wie es um die Entenhausener Fluchtkultur gen Timbuktu bestellt ist, was die Existenz des „Anti-Hiob“ Gustav Gans fürs kosmische Gleichgewicht verheißt, oder ob Donald Duck als leidenschaftlicher Konsument von Gänsebraten dem Kannibalismus frönt.

Wieland Schwanebeck

Eine längere Besprechung auf literaturkritik.de zur Erstausgabe von 2014 finden sie hier.

Titelbild

Patrick Bahners: Entenhausen. Die ganze Wahrheit.
Verlag C.H.Beck, München 2016.
208 Seiten, 16,95 EUR.
ISBN-13: 9783406690846

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