Ein Kult-Detektiv in den mondänen gesellschaftlichen Sümpfen des Amerika der 1960er-Jahre

Über einen klassischen, lesenswerten Kriminalroman ohne blutrünstige Grausamkeiten von Ross Macdonald

Von Barbara TumfartRSS-Newsfeed neuer Artikel von Barbara Tumfart

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ross Macdonald (1915–1983) zählt mittlerweile zu einem der besten amerikanischen Kriminalautoren des 20. Jahrhunderts und wird meist mit den ganz großen Vertretern des Krimigenres wie Dashiell Hammett und Raymond Chandler verglichen. Die Originalausgabe von Schwarzgeld erschien 1966 unter dem Titel Black Money und wurde nun als fünfter Band einer Reihe von Neuübersetzungen im Diogenes Verlag, mit einem Nachwort von Donna Leon versehen, veröffentlicht.

In der heutigen Zeit, wo das Krimigenre leider viel zu oft und zu ausufernd nur mehr von den Hightech-Untersuchungen diverser hochspezialisierter forensischer Einrichtungen und den biogenetischen Ergebnissen von Haar- und Speichelproben abhängt, sind Krimis à la Schwarzgeld eine höchst willkommene, unterhaltsame und mindestens ebenso spannende Lektüre. Der ehemalige Polizist und Privatdetektiv Lew Archer wird von einem fettleibigen Söhnchen einer angesehenen superreichen Familiendynastie im amerikanischen Montevista mit einem neuen, anfangs eher unspektakulär wirkenden Auftrag versorgt. Peter Jamieson stand kurz vor der Hochzeit mit der hübschen, allseits beliebten Ginny Fablon, als diese sich plötzlich von ihm abwendet und sich in den erst kürzlich zugezogenen und geheimnisumwobenen Francis Martel verliebt. Archer begibt sich auf Spurensuche in der undurchsichtigen Vergangenheit des angeblichen Franzosen Martel. Dieser besitzt mehrere Schusswaffen, ist gewaltbereit und scheint Ginny durch seinen fast animalisch wirkenden Charme erfolgreich zu manipulieren. Zudem scheint er in den vergangenen Jahren unter wechselnden Identitäten in Amerika gelebt zu haben und Kontakte zu zwielichtigen Geschäftsmännern aus Las Vegas zu unterhalten. Hinzu kommt die Entdeckung, dass Ginnys Vater vor einigen Jahren unter höchst mysteriösen Umständen Selbstmord begangen hat.

Viel subtile Spannung, gut inszenierte Dialoge, feinsinniger Humor und eine psychologisch stringente Charakterzeichnung der Hauptfiguren wären nur als beispielhafte Ingredienzien dieses Parade-Klassikers der amerikanischen Unterhaltungsliteratur zu nennen. Donna Leon beschreibt in ihrem Nachwort Macdonalds Prosa als besonders hochwertig. Seine bildreichen Beschreibungen, seine psychologisch einfühlsamen Personenbeschreibungen und die durchgängige unbezwingbare Moralität des Detektivs Archer machen den Roman für sie zu einem Gewinn.

Die gerade knapp 360 Seiten fassende korrekte Neuübersetzung von Karsten Singelmann wird all diesen Kriterien des amerikanischen Originals gerecht: Sie zeichnet sich aus durch pointiert geschliffene Sätze, ironisch-witzige Kommentare und authentisch wirkende Figuren. In Summe ist Schwarzgeld ein Sittenbild des mondänen Amerika der 1960er-Jahre, das sich wie ein Drehbuch zu einem Film liest. Ohne blutige Grausamkeiten, allein getragen von seiner brillant präzisen Prosa vermag dieser Roman den Leser rasch in seinen Sog zu ziehen und sorgt damit für vergnügliche, qualitativ hochwertige und kurzweilige Krimispannung.

Titelbild

Ross Macdonald: Schwarzgeld.
Mit einem Nachwort von Donna Leon.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englischen von Karsten Singelmann.
Diogenes Verlag, Zürich 2016.
365 Seiten, 16,00 EUR.
ISBN-13: 9783257300406

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