Ein kurzes Leben Revue passieren lassen

Rebecca Ehrenwirths und Nina Liekes Austen-Biografie „By a Lady“

Von Miriam StriederRSS-Newsfeed neuer Artikel von Miriam Strieder

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Jane Austen ist längst in der Popkultur angekommen. Allein der berühmte Eröffnungssatz ihres erfolgreichsten Romans Stolz und Vorurteil – „It is a truth universally acknowledged, that a single man in possession of a good fortune, must be in want of a wife.“ – macht sie zu einem Publikumsliebling. In Deutschland ist die Euphorie längst nicht so groß wie im englischsprachigen Raum, dennoch haben Rebecca Ehrenwirth und Nina Lieke es unternommen, eine Biografie der wohl berühmtesten englischen Schriftstellerin auf den Markt zu bringen, die einen Überblick gibt über das kurze Leben der Jane Austen. Beide stehen wie andere vor ihnen vor dem Problem, dass über Jane Austens Leben nicht viel bekannt ist. Zudem lässt es einiges an Drama und herausragenden Ereignissen vermissen, aus denen sich eine mitreißende Biografie machen ließe. Auch By a Lady ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme und oft thematisieren die beiden Autorinnen, dass Briefe, die wichtigste Quelle, vernichtet worden sind oder eben nie geschrieben wurden.

Jane Austen kann man, so zeigen es die beiden Autorinnen, nicht alleine betrachten, sondern man muss sie im Kontext ihrer doch recht weitläufigen Familie einordnen. Ihre Brüder und ihre Lieblingsschwester Cassandra, die auch Empfängerin der Briefe war, Nichten, Neffen und andere weitläufige Verwandte sowie Freunde der Familie gehören zum Bild der Jane Austen ebenso dazu wie Verleger, Romanfiguren und andere Autoren, die Stellung beziehen zu Werk und Autorin. Aus diesen Quellen ziehen die Autorinnen Informationen zu ihrem Studienobjekt und versuchen so, aus Mosaiksteinchen ein Bild zusammenzusetzen. Dass dieser Versuch in Teilen unvollständig bleiben muss, ist verständlich – auch die Verfasserinnen selber betonen dieses Manko immer wieder.

So bleibt also nur, aus den Werken abzuleiten, wie Jane Austen wohl gewesen wäre, aus ihren Briefen die spitze Zunge herauszulesen und aus den teils schöngefärbten Meinungen ihrer Familienangehörigen eine Wahrheit zu destillieren – immer unter Vorbehalt und mit Vorsicht. Und doch ergibt sich ein Bild der Autorin, die nur 41 Jahre alt wurde und deren Werk in erster Linie für sich sprechen muss.

Ehrenwirths und Liekes Betrachtungen werden ergänzt durch ein vorangestelltes Kapitel, das überschrieben ist mit „Englands Jane“, in dem sie die Faszination der Autorin herausstellen sowie durch ein abschließendes Kapitel – „Jane Austen lebt!“ –, in dem Bearbeitungen und Filme der Autorin schlaglichtartig beleuchtet werden und so einen Überblick über die breite und sehr unterschiedliche Rezeption ihrer Romane aufstellen.

Zusätzlich bietet der Band Abbildungen, teils zeitgenössisch, teils aus den zahlreichen Filmen, die eine abwechslungsreiche Ergänzung zu dem vorgelegten Material bilden. Hinzu kommt eine Zeittafel mit den wichtigsten Daten, die mit Jane Austen zusammenhängen sowie ein Register, das die gezielte Navigation erleichtert, und weiterführende Literatur. Wünschenswert wäre zu diesem Anhang ein Stammbaum gewesen, auch wenn dieser vermutlich die grafische Darstellbarkeit an ihre Grenzen gebracht hätte, da Austens Familie weit verzweigt war und man so leicht den Überblick über einzelne Vernetzungen verliert.

Illustriert wird der Band zudem von Zitaten aus Briefen und Romanen, von Gedichten und Urteilen aus Rezensionen, sodass sich zugleich ein farbiges Bild aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert ergibt.

Insgesamt bietet By a Lady einen leicht zu lesenden Überblick für Interessierte über das kurze Leben der Jane Austen, auch wenn die Lektüre manchmal nicht unterhaltsam ist – besonders im Vergleich zu den leichtfüßigen und teils spitzen Passagen aus den Romanen, die als Zitate illustrativ eingesetzt werden. Für Jane-Austen-Enthusiasten oder diejenigen, die sich über die Regency-Periode und eine bemerkenswerte Schriftstellerin informieren wollen, ist der Band auf jeden Fall zu empfehlen, denn er bietet viele Informationen rund um die Autorin, ihre Lebensumstände und die bis heute andauernde, vielfältige Rezeption.

Titelbild

Rebecca Ehrenwirth / Nina Lieke: By a Lady. Das Leben der Jane Austen.
Lambert Schneider Verlag, Darmstadt 2017.
224 Seiten, 24,95 EUR.
ISBN-13: 9783650401823

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