Im ersten Heft des „Pfennig-Magazins zur Journalliteratur“ kündigen Nicola Kaminski und Jens Ruchatz Perspektiven und Aktivitäten einer neuen Forschergruppe an

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit Heft 1 des „Pfennig-Magazins zur Journalliteratur“ liegt die erste Publikation der seit Oktober 2016 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschergruppe „Journalliteratur: Formatbedingungen, visuelles Design, Rezeptionskulturen“ vor. Die Hefte dieses Magazins ergänzen die buchförmige Reihe „Journalliteratur“ im selben Verlag, die Ergebnisse der Gruppe dokumentieren wird, während das Magazin einen Rahmen für kleinere Publikationen, etwa Projektideen, Fallstudien oder – wie im ersten Heft – den Aufriss des Forschungsprogramms bietet.

Bereits in der Formatgestaltung schließt das „Pfennig-Magazin“ an die Untersuchungsgegenstände der Forschergruppe an, die sich auf Journalliteratur des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts konzentriert. Angelehnt an Brockhaus’ „Pfennig-Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse“, von dessem vierten Band (1836) auch der Umschlag übernommen wurde, verweist das „Pfennig-Magazin zur Journalliteratur“ also schon in seiner Gestaltung und Erscheinungsweise auf die zentralen Anliegen der DFG-Forschergruppe: Die Materialität journalliterarischer Textform und ihre medienspezifische Distributionsweise bei der Analyse von Texten mit in den Blick zu nehmen. Auf diese Weise wird versucht, die zeitgenössische Lektüre insofern zu rekonstruieren, als es der Forschungsgruppe darum geht, die journalliterarischen Texte nicht isoliert als Einzeltexte zu betrachten, sondern die Textumgebung (Paratext – in Weiterentwicklung des Genette’schen Begriffs) und die zeitgenössische Rezeptionserfahrung (Flow) zu erschließen und analytisch einzubeziehen.

Unter dem Begriff ‚Journalliteratur‘ fassen die Mitglieder der DFG-Forschergruppe (im Anschluss an Reinhart Meyer) Texte des gesamten Spektrums periodischer Druckmedien wie etwa Zeitschrift, Zeitung, Almanach oder Taschenbuchreihe. In den Blick kommen damit nicht-buchförmige Literatur und zudem neben dem schriftförmigen Text ebenso die Bild-Elemente sowie das Layout bzw. visuelle Design der Journale. Diese Forschungsperspektive grenzt sich deutlich von autonomieästhetischen, autor- und werkzentrierten Prämissen ab und schlägt stattdessen eine Neubetrachtung der Literaturgeschichte als Mediengeschichte vor, die die Erstpublikation von Texten und das Wechselverhältnis von Journal- und Buchliteratur, ihre Bedingtheit durch den Markt und historische Rezeptionskulturen einbezieht. Um ein Instrumentarium für das journalliterarische close reading zu entwickeln, orientiert sich das Verbundprojekt methodisch an der Materialphilologie, die sich seit den 1990er Jahren insbesondere in der Mediävistik entwickelt und die ‚Vorliegenheit‘, die konkrete Materialität und Erscheinungsform der Untersuchungsgegenstände in den Fokus rückt. Zu fragen ist, ob darüber hinaus die Forschung zur Journalliteratur unter den angesprochenen Prämissen nicht ebenfalls Anregungen durch Text-Kontext-theoretische Ansätze beziehen könnte, wie sie etwa Moritz Baßler bezugnehmend auf den New Historicism und die Intertextualitätstheorie entwickelt. Möglicherweise ließe sich das medienhistorische und materialphilologische Instrumentarium hier noch produktiv ergänzen.

Einen informativen Aufriss dieser Forschungsperspektiven bietet das erste Heft des „Pfennig-Magazins für Journalliteratur“, wobei das Desiderat, das zu bearbeiten die DFG-Forschergruppe antritt, anhand konkreter und durch 18 farbige Abbildungen belegte Beispiele skizziert und aufgezeigt wird.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Veröffentlichungen von Mitarbeitern der Zeitschrift oder Angehörigen der eigenen Universität. Auf diese Bücher kann hier jedoch gesondert hingewiesen werden.

Titelbild

Nicola Kaminski / Jens Ruchatz: Journalliteratur – ein Avertissement. Pfennig-Magazin zur Journalliteratur, Heft 1.
Wehrhahn Verlag, Hannover 2017.
43 Seiten, 8,00 EUR.
ISBN-13: 9783865255716

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