Nicht die Tiere vergessen!

Der Sammelband „Robinsons Tiere“ von Roland Borgards, Marc Klesse und Alexander Kling nähert sich unterschiedlichen Bearbeitungen des Robinson-Crusoe-Stoffes aus der Perspektive der Cultural Animal Studies

Von Vera ZimmermannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Vera Zimmermann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

2019 wird es 300 Jahre her sein, dass Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe erschien. Die Würzburger und Bonner Literaturwissenschaftler Roland Borgards, Marc Klesse und Alexander Kling kommen also mit ihrer Sammlung über „Robinsons Tiere“ zum Jubiläum etwas zu früh. Das schmälert die Qualität des durchaus festlich gestalteten Bandes natürlich keineswegs, ist er doch durchaus dazu angetan, Vorfreude zu wecken.

Mit den hier versammelten Aufsätze wird eine Leerstelle in der reichhaltigen Forschungsgeschichte zum Roman geschlossen, die im Vorwort folgendermaßen benannt wird: „Sie haben die Tiere vergessen.“ Der Band ist geprägt von einer Lesart „gegen den Strich eines anthropozentrischen und eurozentrischen Sinngefüges“. Sie wird von den Herausgebern geschickt anhand der Analyse eines Frontispiz zu einer französischen Ausgabe von Defoes Roman aus dem Jahr 1840 hergeleitet, das auch auf dem Cover abgedruckt ist. Dieser Einstieg hat zum einen den Vorteil größerer Anschaulichkeit, zum anderen ist er Teil der konsequenten Verknüpfung von Bild und Text, die den Band durchzieht. Die übliche Abfolge wissenschaftlicher Beiträge wird hier aufgelockert durch farbig hinterlegte Doppelseiten, auf denen Illustrationen aus verschiedenen Robinson-Ausgaben sowie historisches Kartenmaterial einem begleitenden Essay oder auch Gedicht gegenübergestellt werden.

Dieser intermediale Ansatz wird in den Aufsätzen selbst nur ansatzweise realisiert, wenn etwa Ulrike Stamm die Rolle der Tiere in Hugo von Hofmannsthals Filmskript Daniel De Foe diskutiert oder Sabine Nessel die „akusmatische Tierstimme“ in Luis Buñuels Film The Adventures of Robinson Crusoe in den Blick nimmt. Dies sei, so die Herausgeber, schlicht der Vielfalt des Materials geschuldet. Theoretisch ließe sich „jede nur denkbare Robinsonade einer tiertheoretischen Lektüre unterziehen“. Die weiteren Beiträge haben, wohl wegen der germanistischen Ausrichtung der Herausgeber, häufig deutschsprachige Bearbeitungen des Stoffes zum Thema, darunter die von Joachim Heinrich Campe, Johann Karl Wezel und Johann David Wyß. Aber auch die Adaptionen von Jules Verne, Michel Tournier und J.M. Coetzee werden thematisiert. Die Herausgeber bedauern, dass viele Robinsonaden unbeachtet bleiben müssen – der gefeierte, erst 2014 erschienene Roman Kruso von Lutz Seiler wird auch von ihnen als Paradebeispiel für ein Forschungsdesiderat genannt. Doch das Jubiläum kommt ja erst noch. Es bleibt Zeit genug für weitere Analysen, die die Tiere nicht vergessen.

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Roland Borgards / Marc Klesse / Alexander Kling (Hg.): Robinsons Tiere. Animal Studies.
Rombach Verlag, Freiburg 2016.
332 Seiten, 46,00 EUR.
ISBN-13: 9783793098225

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