„Fortsetzungen sind eigentlich immer scheiße“

Christian Züberts Film „Lommbock“ ist eine Ausnahme, die die Regel bestätigt

Von Theresa MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Theresa Müller

Zwei kiffende Freunde diskutieren über Kinofilme und sind sich einig, Fortsetzungen sind meist nur ein schlechter Abklatsch. Auch Christian Zübert wehrte sich lange eine Fortsetzung des Kultfilms Lammbock zu drehen. Nach fünfzehn Jahren erschien im März nun, nur um einen Vokal geändert, Lommbock, was besonders die Mittdreißiger erfreuen wird, die der Film in Jugenderinnerungen schwelgen lässt. Mit seinem Debütfilm Lammbock traf Christian Zübert den Nerv einer jungen Generation. Brillant inszenierte er eine Kiffer-Komödie, in der Kai (Moritz Bleibtreu) und Stefan (Lucas Gregorowicz), beide in den Zwanzigern, einen Pizzalieferservice betreiben. Ihre Spezialität auf der Karte: die „Gourmet-Pizza“, mit Marihuana unter einer Scheibe Salami versteckt. Die Dreharbeiten zum Sequel fanden im Sommer 2016 statt und als unterhaltsamer Marketinggag tauchten zur selben Zeit Twitter-Profile der Protagonisten im Netz auf. Damit konnten sich die Fans schon mal auf den Film einstimmen, denn es erschienen Tweets, die nicht nur an den alten Film anknüpften, sondern auch einen Eindruck vermittelten, was aus den Figuren geworden ist, denn diese twitterten fleißig wie reale Personen.

Fünfzehn Jahre später steht die Pizzeria „Lammbock“ immer noch, nur heißt sie nun „Lommbock“ und liefert asiatische Küche anstatt Pizza aus. Kai, der inzwischen mit seiner Freundin und ihrem jugendlichen Sohn zusammenlebt, ist immer noch Besitzer des Ladens. Stefan, nun ein Anwalt, ist in Dubai, wo er an der Fertigstellung seines Traums arbeitet (ein Strandcafé) und kurz vor der Hochzeit steht. Da er seine Geburtsurkunde benötigt, fliegt er nach Würzburg, wo ihn Kai am Flughafen mit einer „Gourmet-Pizza“ begrüßend abholt. Kaum angekommen sitzen Kai und Stefan wieder in ihrem alten Lieferservice-Quartier und diskutieren kiffend über schlechte Sequels, Aliens und Affen. Bald reiht sich eine Katastrophe an die nächste: Kai und Stefan werden am Flughafen mit einem brennenden Joint erwischt, weshalb Stefans Karriere in Dubai in Gefahr ist, denn dort gelten sehr strenge Drogengesetze, und Kai findet heraus, dass Jonathan (Louis Hoffmann), sein Stiefsohn, mit Drogen dealt.

Von Lammbock zu Lommbock hat sich kaum was verändert, nur dass alle älter und etwas gesitteter geworden sind, zumindest auf den ersten Blick. Die Dialoge haben immer noch einen absurd lustigen Beigeschmack und gekifft wird noch genauso viel. Dadurch entsteht aber auch eine gewisse Grundtragik, insbesondere bei Kai, der behauptet „ich kiff nicht mehr“ und im nächsten Moment Gras von dem jugendlichen Jonathan klaut. Aber auch Stefan wirkt etwas verloren als Mann mittleren Alters und sucht wieder den Kontakt zu seiner Jugendliebe Jenny (Alexandra Neldel). So wirklich „angekommen zu sein“, scheinen die beiden mit Anfang Vierzig doch noch nicht, vielmehr zeichnet sich eine Midlifecrisis ab, verpackt in peinliche und lustige Szenen.

Lommbock ist eine facettenreiche Komödie, die mit einer überzeugenden Crew auftritt. Neben Lucas Gregorowicz, der aktuell als Kommissar in Polizeiruf 110 zu sehen ist, zeigt Moritz Bleibtreu erneut sein schauspielerisches Können, vor allem wenn er in ernsthafter Miene versucht Jugendslang zu reden: „Willst du dann dein ganzes scheiß Leben hier kellnern. Bitch please. Also lass Haare wehen, sei ein Player. Alles swag?“ Und auch Wotan Wilke Möhring, Tatort-Kommissar, ist in seiner Rolle als der am Tourette-Syndrom erkrankte Frank in Höchstform zu sehen. Nicht nur die Dynamik der Schauspieler ist stimmig, sondern auch die teils absurden Ideen zeichnen diesen Film aus. So wird auf dem Markt nur noch mit „genmanipulierter Haze-Scheiße“ gedealt, Gras, das wie ein implantierter Sprachenübersetzer funktioniert und einen fließend polnisch sprechen lässt. Mit Lommbock ist endlich wieder eine deutsche Komödie ins Kino gekommen, die sich von den klischee-überfrachteten Schweiger- oder Schweighöfer-Produktionen abhebt. Der Film zeigt die Möglichkeiten des deutschen Humors auf wie es zuletzt noch Toni Erdmann vermochte. Nur der Soundtrack enttäuscht, denn es entsteht kaum eine Atmosphäre durch die Musik. Dabei wurde Lammbock gerade auch aufgrund der starken musikalischen Untermalung zum Kultfilm, aber das ist nur ein Kritikpunkt am Rande. Lommbock ist ein vielschichtiger Film und als Fortsetzung definitiv keine Enttäuschung.

Lommbock
Deutschland 2017
Regie & Drehbuch: Christian Zübert
Darsteller: Moritz Bleibtreu, Lucas Gregorowicz, Louis Hofmann
115 Minuten

 

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen

Weitere Filmrezensionen hier