„Der ewige Albtraum“: Jonas Nesselhauf widmet sich in seiner Untersuchung der „Figur des Kriegsheimkehrers in der Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts“

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit dem „War on Terror“ und der Beteiligung der deutschen Bundeswehr an Auslandseinsätzen ist die Situation der Kriegsrückkehrer in Nordamerika und Europa in den vergangenen Jahren so stark ins gesellschaftliche Bewusstsein gerufen worden wie zuvor wohl nur nach dem Ersten Weltkrieg und dem Vietnam-Krieg. Es ist keineswegs verwunderlich, dass sich dieses neu gewonnene Interesse auch in der Gegenwartsliteratur spiegelt: So ging etwa der Prix Goncourt, der wichtigste französische Literaturpreis, mit Alexis Jennis Roman L’art français de la guerre und Pierre Lemaitres Au revoir là-haut in den Jahren 2011 und 2013 gleich an zwei Texte mit Kriegsheimkehrern als Protagonisten, während 2012 mit Ben Fountains Billy Lynn’s Long Halftime Walk und Kevin Powers The Yellow Birds zwei (inzwischen auch verfilmte) Romane auf der Short List für den National Book Award standen, und in Deutschland in den vergangenen Jahren Neuauflagen der Werke von Erich Maria Remarque oder Ernst Jünger erschienen sind.

Dabei fällt auf, dass es bei der literarischen Figur des aus dem Krieg zurückkehrenden Soldaten nicht nur um eine paradigmatische Sozialfigur des 20. und frühen 21. Jahrhunderts geht, an der beispielhaft gesellschaftliche Probleme und Veränderungen verhandelt werden. Vielmehr ist der Kriegsheimkehrer in Romanen und Erzählungen, in Theaterstücken und Filmen ebenso eine Reflexionsfigur, die ihre persönliche Erinnerung an den Krieg durch individuelle Erfahrungen (an der Front, als Sanitäter, durch Gefangenschaft oder Desertion sowie die Rückkehr in die Heimat und die Nachkriegsgesellschaft et cetera) exemplarisch und pars pro toto für andere Kameraden und auch für Zivilisten als kollektive Erinnerung zugänglich macht, gleichzeitig aber auch metareflexiv über sich selbst und die eigene Situation nachdenkt.

Jonas Nesselhaufs Untersuchung Der ewige Albtraum. Zur Figur des Kriegsheimkehrers in der Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts widmet sich in ihrer Form zum ersten Mal in der deutschsprachigen Forschung der literarischen Figur des Kriegsheimkehrers aus komparatistischer Perspektive, schlägt dabei den Bogen vom Ersten und Zweiten Weltkrieg über den Vietnam-Krieg zum „War on Terror“ und bringt fiktive und fiktionale Prosatexte aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Russland/der Sowjetunion und den USA vergleichend zusammen.

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Titelbild

Jonas Nesselhauf: Der ewige Albtraum. Zur Figur des Kriegsheimkehrers in der Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts.
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2018.
352 Seiten, 74,00 EUR.
ISBN-13: 9783770562008

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